Schwerin und Wismar – cineastische Hochburgen im Land
Das 17. Filmkunstfest in Schwerin begeisterte wieder zahlreiche Fans des anspruchsvollen Kinos. Rund 16000 Zuschauer, aus Schwerin, Wismar und „allen Ecken der Welt“ kamen zu dieser kulturellen Veranstaltung in M-V.
Das frühere Landesfilmzentrum M-V und heutige Filmbüro Mecklenburg-Vorpommern mit Sitz in Wismar (Bis 2000 war Schwerin dessen „Heimat“ !) begründete das Filmkunstfest und war bis 2006 der maßgebliche Organisator dieses cineastischen Höhepunktes im Land.
Doch die Geschichte des modernen Kinos reicht in Wismar und in Schwerin noch weiter zurück und hat seine „Wurzeln“ bereits vor 100 Jahren entwicklen können.
In den Jahren 1911 bis 1913 gab es im heute nicht mehr existierenden Gebäude „Hinter dem Rathaus 13“ bereits ein Kino, den „alten Weltspiegel“. Dort etablierte sich dann nach 1914 das „Apollo-Kinematographen-Theater“, das einige Jahre Filme vorführte.
Zusätzlich kauften die Brüder Gustav und Reinhard Braun 1903 das Gebäude in der Altwismarstrasse 21, deren erste Besitzer 1838 die Familie Hamm waren und die vor 1903 eine Zichorienfabrik beherbergte, welche Kaffee-Ersatz herstellte.
Fortan wurde dieses Gebäude mit einem Jugendstilgiebel der neue „Weltspiegel“, der offiziell ab 1914 – erste Filmvorführungen erfolgten schon 1913 – bis 1995 als Lichtspieltheater bzw. Kino genutzt wurde.
Bis 1945 erfolgten zahlreiche bauliche Veränderungen. Im Jahre 1945 betrug die Anzahl der Plätze 670. Nach einer Renovierung 1957 und einer erneuten Umgestaltung wurden dort 642 Sitze installiert – eine Anzahl, die bis zum Nutzungsende als Kino 1995 bestand. Letzte Vorstellung dort war am 14.10.1995 der Film „Alarmstufe Rot 2“.
Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten zog im Mai 2004 das Modegeschäft „Stahlhaus“ in das Gebäude in der Altwismarstrasse.
Mittlerweile haben die Wismarer Kino-Fans aber neue Einrichtungen: Am 19.10.1995 eröffnete der „Cine-Star“ mit 850 Plätzen am Volksfilmtheater („Volkshaus“) an der Schweriner Strasse, in welchem früher ein Cafe-Kino seine Heimstätte hatte. Außerdem gibt es an der Bürgermeister-Haupt-Strasse das Forum-Kino für den anspruchsvollen Film. Mittwochs können die Kino-Fans zusätzlich im „Cinestar“ in der Reihe „Cine-Extra“ beste „Film-Kost“ genießen.
Neue, sehr niveauvolle Filme und Veranstaltungen hatte jedoch auch gerade das Filmkunstfest 2007 in Schwerin auf dem Programm. So wurde der Ehrenpreis an die bekannte Schauspielerin Hannelore Elsner verliehen, der auch die diesjährige Hommage des Filmforums gewidmet war. In den 80er und 90er Jahren wirkte Hannelore Elsner in zahlreichen Fernsehserien mit. Für die Darstellung der Lea Sommer in der Serie „Die Kommissarin“ wurde sie 1995 mit dem Telestar ausgezeichnet.
Ihre größten Erfolge feierte die nun in Schwerin geehrte Hannelore Elsner mit der Rückkehr auf die Kinoleinwand nach einer fünfzehnjährigen Pause. Die Rolle der Schriftstellerin Hanna Flanders in Oskar Roehlers Film „Die Unberührbare“ brachte ihr 2000 den Deutschen Filmpreis, den Deutschen Kritikerpreis und den Bayerischen Filmpreis. Ein zweites Mal gewann sie den Deutschen Filmpreis 2003 mit „Mein letzter Film“ von Oliver Hirschbiegel.
Daneben arbeitete sie auch als Synchronsprecherin und lieh zum Beispiel Liza Minnelli (u.a. in Cabaret oder Pookie) und Fanny Ardant (Acht Frauen) ihre Stimme. Dennoch der Ehrenpreis des Filmkunstfestes 2007 in Schwerin wird für sie „ein besonderer“ bleiben.
Im Mittelpunkt des Festivals`07 stand allerdings der Spielfilmwettbewerb sowie der Kurzfilmwettbewerb. In beiden Konkurrenzen wetteiferten Debütfilme der jüngsten Regiegeneration mit aktuell geförderten Produktionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Insgesamt waren über 60 Filme im seit 1936 bestehenden Kino „CAPITOL“, das seine „Ursprünge“ in der vorher (1817) an gleicher Stelle errichteten Gaststätte „Tonhalle“ hatte, in Schwerin zu sehen; 10 davon wetteiferten um den Hauptpreis.
Im Filmforum wurde in der „Länderreihe“ Norwegen vorgestellt. Es konnten in Zusammenarbeit mit dem norwegischen Filminstitut u.a. die Filme „Import, Export“ und „Die Farbe der Milch“ gezeigt werden. Zudem fanden künstlerische Arbeiten von Per Berntsen (Foto) und Liv Mette Larsen (Malerei) im Schleswig-Holstein-Haus, Dokumentationen sowie Konzerte mit der norwegischen Band „Superfamily“ ein großes Publikum.
Insgesamt sahen 16000 Zuschauer die Filme, Konzerte und Veranstaltungen des Filmkunstfestes 2007.
Und wie geht es, außerhalb Schwerins, im Filmbüro M-V in Wismar hinsichtlich „Filmkunst“ weiter ?!
Dazu Geschäftsführerin Sabine Matthiesen: „Der überfällige Generationenwechsel bei Film e.V. konnte in Gang gesetzt werden. Der Nachwuchs ergriff dabei die Initiative und gründete das Forum `Junger Film M-V`. Das erste Treffen dazu fand bereits Anfang Märzt statt. Wir luden alle jungen Filmemacher ein, sich mit Ideen einzubringen und ihre Arbeit vorzustellen. Ansonsten soll in Zukunft ebenfalls wieder die kulturelle Filmförderung und die Mitorganisation der wichtigsten filmkulturellen Ereignisse in M-V zentrale Hauptaufgaben des Vereines sein. Des Weiteren werden wir künftig verstärkt Filmprojekte von Universitäten/Hochschulen in M-V fördern und der Öffentlichkeit zeigen, darunter auch studentische Filme der Hochschule Wismar. Das Repertoire unseres Forumkinos beinhaltet zudem weiterhin Filme mit besonderem Anspruch.“.
„The winner is … !“
Die wichtigsten Preise des 17.Filmkunstfestes.
Den Hauptpreis des Filmkunstfestes, den „Fliegenden Ochsen“, erhielt das Porträt zweier Freundinnen mit dem Titel „Fallen“, für das die Österreicherin Barbara Auert Regie führte. Das Familien-Drama „Jagdhunde“ von Ann Kristin Reyels bekam gleich zwei Preise, den „Cinestar“ der gleichnamigen Kino-Gruppe sowie den Förderpreis der DEFA-Filmstiftung. Eine besondere Ehrung durch das Piublikum wurde dem sozialkritischen Film „Du bist nicht allein“ mit K.Thalbach sowie A.Prahl zuteil, der sicherlich in naher Zukunft auch in Wismar und nochmals in Schwerin zu sehen ist. Der NDR-Regiepreis ging 2007 an den Schweizer Oliver Rihs für dessen Berlin-Groteske „Schwarze Schafe“.
Dazu der künstlerische Leiter des Filmkunstfestes 2007, Hasso Hartmann: „Diese Filme des Wettbewerbs waren fast alle mit kleinem Budget gedreht, das im High-Tech-Kino wahrscheinlich nicht einmal für den Werbetrailer reichen würde? Aber, diese Filme über normale, uns sehr nahe Menschen, tragen in verschiedenartiger Handschrift große Emotionen und menschliche Themen in sich. Es sind wache Filme, die äußerst genau einem gesellschaftlichen Klima entsprechen, die uns zur Auseinandersetzung herausfordern und deshalb sind es für mich zutiefst „moderne Filme“! Neben den schon erfolgreichen Regisseuren wie Barbara Albert oder Christian Petzold stellten sich wieder die jüngste Regiegeneration mit ihren Debütfilmen dem Wettbewerb um den `Fliegenden Ochsen`.“.
Außerdem wuren zum Ende des Filmkunstfestes in der Reihe „Debüt im Ersten“ anspruchsvolle Filme von Newcomern, die bald im TV zu sehen sind, vorgestellt.
Regisseurin Ann Kristin Reyels freut sich zumindest auf die Film-Tour durch Norddeutschland, die bestimmt neben Schwerin auch Wismar berücksichtigt !
Die Hansestadt Wismar und die Landeshauptstadt Schwerin sind eben auch traditionsreiche „cineastische Hochburgen“ !
M.Michels