Abschied von Volleyballerin Denise Hanke

Die 23-jährige Nationalspielerin im Interview

Schwerin (MM/pb): Was für eine großartige Saison für die Volleyball-Damen des Schweriner SC: Meisterschaft verteidigt, Pokalsieg ebenfalls und zudem glanzvolle Auftritte in der Champions League. Wieder einmal präsentierte sich die Frauen-Volleyball-Hochburg Schwerin von ihrer besten Seite und weitere Erfolgstrophäen wurden der umfangreichen Medaillen- und Pokalsammlung des Schweriner SC (einschließlich des SC Traktor Schwerin) hinzugefügt. 28 nationale Titel, nationale Pokalerfolge und Europapokalsiege kann der Schweriner SC/SC Traktor Schwerin vorweisen. Das ist schon beeindruckend.

Unvergessen sind auch die EM-Erfolge der DDR 1983 und 1987, das Olympia-Silber 1980 und die WM-Halbfinalteilnahmen 1974 und 1986 – alles mit Schweriner Beteiligung. Dazu kommen Medaillen (auch Titel) bei Grand Prix-Wettbewerben, bei Nachwuchs-EM und Nachwuchs-WM: Auch das wurde – nicht nur, aber nicht zuletzt – dank der Schweriner Spielerinnen erreicht.

denisehankefotopb.jpgEine, die in den letzten beiden Spielzeiten ganz besonders beim SSC brillierte, ist Denise Hanke, Jahrgang 1989, die einst von Spree-Athen in die Stadt der sieben Seen gelangte – und zu einer herausragenden Zuspielerin reifte. So herausragend, dass sie viele Experten für die beste Zuspielerin Europas halten! Und sicher dürfte Denise auch bei der kommenden EM in Deutschland im September wieder zu den großen Aktiv-Posten im deutschen Team gehören.

Aber: Den Schweriner SC verlässt Denise – leider. Schade, aber auch nachvollziehbar. Mitunter muss man alte, erfolgreiche Pfade verlassen, um sich neue Perspektiven zu eröffnen, um neue Horizonte zu erreichen und um sich weiterzuentwickeln. Denise ist noch lange nicht auf dem Zenit ihres Könnens und ihre neue sportliche Heimat, bei Eczacibasi Istanbul, einem europäischen Top-Team, sollte auch für Denise sowohl in sportlicher als auch in persönlicher Hinsicht ein Gewinn sein.

Nachgefragt bei Denise Hanke von Marko Michels:

Frage: Ganz, ganz großen Glückwunsch, Denise, zum neuerlichen Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Wie verlief aus Ihrer Sicht – mit einer Woche Abstand – die vierte Final-Begegnung gegen die Dresdnerinnen?

Denise Hanke: Es war ein super spannendes Spiel, in dem beide Mannschaften ungemein unter Druck standen. Die Gastgeberinnen noch etwas mehr, weil sie das Spiel ja gewinnen mussten, um zumindest in der Final-Serie ausgleichen zu können. Das SSC-Team hatte dabei einen sehr guten Start, leider konnten wir das Niveau im zweiten Satz nicht halten – und dann verlief der dritte Satz, der Spiel entscheidende, hoch dramatisch.

Am Ende war es ein „Happy End“ für uns. Das Dresdner Publikum war insgesamt betrachtet sehr fair, es gab allerdings auch Ausnahmen. Pfiffe gegen einzelne Spielerinnen der gegnerischen Mannschaft – das ist man eigentlich hierzulande nicht gewohnt. Aber einige Dresdner Fans haben sich nach dem Spiel für diese negativen Reaktionen Einzelner entschuldigt. Man kennt sich ansonsten ja sehr gut und sieht das Ganze dann nicht so verbissen. Letztendlich war es ein würdiges Finale in Dresden.

Frage: Bei den SSC-Mädel gab es Jubel pur, viele Tränen rollten hingegen bei den Dresdnerinnen … Fühlt man da als Spielerin mit? Ein paar Worte zum Final-Kontrahenten DSC.

denisehankeaufschlag.jpgDenise Hanke: Natürlich fühle ich mit den Dresdnerinnen mit. Man ist miteinander gut bekannt, mit einigen Spielerinnen auch befreundet. Es ist schon eine blöde Situation – einerseits freut man sich über den eigenen Sieg, andererseits sieht man, wie traurig und enttäuscht die Spielerinnen aus Dresden sind. Das sind schon harte Augenblicke, aber so ist nun einmal der Sport. Einer kann nur gewinnen. Dresden war jedenfalls eine großartiger Finalist, der uns alles abverlangte.

Frage: Die SSC-Mädel imponierten 2012/13 in der Meisterschaft, im DVV-Pokal und in der Champions League. Was war das „Erfolgsrezept“ der SSC-Mädel in dieser Saison? Was zeichnete das Team aus?

Denise Hanke: In der zurückliegenden Spielzeit gab es sehr, sehr viele Spiele. Wir waren somit immer im Rhythmus – bis auf die längere Pause im Hinblick auf das Play-off-Viertelfinale gegen Potsdam, wo es dann zunächst nicht so lief. Aber letztendlich spielten wir eine ausgezeichnete Hauptrunde – mit nur einer regulären Niederlage. Eine solche Souveränität ist eher selten. Das SSC-Team war 2012/13 allerdings auch individuell äußerst stark besetzt, so konnten wir sehr flexibel und außerdem sehr schnell spielen. Hinzu kommt, dass wir aufgrund unserer erfolgreichen Auftritte in der Champions League zusätzlich Selbstbewußtsein tanken konnten, was uns in der Meisterschaft half.

Frage: In Schwerin gab es nun den großen Empfang, einen Auto-Korso und jubelnde Fans. Nun geht es sie von Schwerin zum Bosporus. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied vom SSC? Ein Abschied für immer oder besteht Hoffnung auf Rückkehr – „irgendwann“? Was erhoffen Sie sich von Ihrem Engagement in Istanbul?

Denise Hanke: Ich verlasse Schwerin mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es war beim SSC eine herrliche Zeit, die Stadt und das Team – das war für mich mehr als ein schönes Zuhause. Das werde ich bestimmt nie vergessen. Nach sechs Jahren wollte ich jedoch eine neue Herausforderung. Mit Schwerin hatte ich bereits alles gewonnen, was sollte da noch kommen.
Eczacibasi Istanbul hat ein sehr starkes Team, die türkische Liga ist eine der stärksten in Europa. Dort mitzuhalten, das motiviert mich, denn ich möchte mich auch weiter entwickeln, meine Grenzen austesten und mir neue Ziele stecken. Istanbul ist eine sehr attraktive Stadt, die mir sehr zusagt.

0504denisehanke.jpgIch freue mich – und das möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen – dass die Reaktionen auf meinen Wechsel in Schwerin letztendlich sehr positiv waren. Viele kamen zu mir, sagten „Schade, dass Du gehst!“, aber wünschten mir gleichzeitig alles Gute. Das sind sehr schöne Gesten!
Ob ich „irgendwann“ noch einmal in Schwerin spielen werde. Man sollte ja nie „Nie!“ sagen.

Frage: Sie wurden zur wertvollsten Spielerin der Saison 2012/13 gewählt. Was bedeutet Ihnen ganz persönlich diese Auszeichnung?

Denise Hanke: Für mich ist es eine ganz große Anerkennung, aber auch Motivation, weiter mein Bestes zu geben und mich weiter zu entwickeln. Ich fühle mich natürlich sehr geehrt und freue mich, dass ich so präsent und konstant in der Saison 2012/12 spielen konnte.

Frage: Der SSC steht vor großen personellen Veränderungen. Wie beurteilen Sie die sportlichen Perspektiven des SSC 2013/14?

Denise Hanke: Um den SSC mache ich mir keine Sorgen! Das Team wird auch 2013/14 wieder eine starke Mannschaft haben. Den Klub gibt es schon so lange und gerade in den letzten 20 Jahren gehörte Schwerin immer zu den Top-Vereinen in der Bundesliga. Der SSC hat ein erfolgreiches Management, sehr guten Nachwuchs und eine hervorragenden Ruf in der Volleyball-Welt. Ich bin mir sicher, dass wird weiterhin so bleiben.

denisehankefotomarkomichels.jpgFrage: Sie studierten ja am Baltic College in Schwerin „Unternehmensmanagement“. Schließen Sie das Studium vor Ihrem Wechsel nach Istanbul noch ab? Werden Sie in Istanbul weiter studieren – eventuell als Fernstudentin an einer deutschen Uni oder Hochschule?

Denise Hanke: Meine Bachelor-Arbeit habe ich gerade abgegeben und bevor ich nach Istanbul wechsle, werde ich auch die Prüfungen hinter mir haben. Ob ich dann noch einen Master dran hänge, bleibt erst einmal abzuwarten. Ich möchte zunächst in Istanbul ankommen, dort erfolgreich meine Leistung abrufen und die neue Situation meistern.

Frage: Und die EM im Spätsommer in Deutschland ist doch sicher ein Thema für Sie?

Denise Hanke: Na klar. Bereits ab 25.Mai beginnt die EM-Vorbereitung für das deutsche Team und dort bin ich (hoffentlich) bis zum 14.September (Tag des Finales – red. Anm.) gefordert. Ich freue mich schon sehr auf die EM im eigenen Land!

Vielen Dank und alles erdenklich Gute sowie großes Daumen drücken für die neue Herausforderung in Istanbul bzw. maximale Erfolge mit dem deutschen Team!

Fotos: M. Michels (1), P. Bohne (3)

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