Nachgefragt bei Peter Brill (DIE LINKE. Schwerin) zu aktuellen Entwicklungen in der Stadt

Der Kommunalpolitiker über eine mögliche Haushaltssperre, die BUGA, positive bzw. negative „Schweriner Schlagzeilen“ sowie das 18.Drachenboot-Festival

„Schwerin braucht mehr Menschen, die diese Stadt lieben …“

BUGA> Frage: Herr Brill, da glaubt man, Schwerin sei mit BUGA, Sporterfolgen im Volleyball, Rudern, Boxen, in der Leichtathletik oder im Segeln, dem Kultursommer 2009 mit Schlossfestspielen, der neuen Kompetenzministerin „(fast)made in Schwerin“ oder dem neuen fröhlichen parteiübergreifenden Miteinander in der Stadtvertretung raus aus den Negativ-Schlagzeilen, rein in ein neues „glorreiches Zeitalter“ und dann so etwas:

Der Innenminister Lorenz Caffier zeigt der Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow die rote Karte hinsichtlich der Haushaltsplanung und nun verkündet Angelika Gramkow die Prüfung einer „harten Haushaltssperre“.

Droht Schwerin die Insolvenz ?! Oder zeigt die Schweriner Stadtvertretung nun Ihrerseits dem Innenminister die schwarze Karte und verhängt für ihn – „ähnlich“ wie die Wismarer – ein Hausverbot im Rathaus sowie Stadthaus ?!

Peter Brill– Peter Brill: Letztendlich hat der Innenminister nicht Angelika Gramkow die rote Karte gezeigt, sondern der Stadtvertretung, denn die hat den Haushalt und das Haushaltssicherungskonzept beschlossen.

Schwerin ist seit Jahren überschuldet. Das Defizit ist strukturell, Schwerin hat einfach zu wenig Einnahmen. Da widerspricht sich dann die Landesregierung. Denn sie möchte natürlich eine Landeshauptstadt haben, die überregional bekannt ist und Wirkung auch über das eigene Land hinaus zeigt. Dann muss das Land hier auch helfen und selbst Verantwortung übernehmen. Eine Neuverhandlung des Landeshauptstadtvertrages wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

FrühjahrsputzKindergartenAuf der anderen Seite werden wir als Stadtvertretung zusammen mit der Verwaltung noch einmal die Ausgabenseite überprüfen müssen. Eine Haushaltssperre ist hierfür ein legitimes Mittel. Die Stadt hat nur einen kleinen Spielraum an Ausgaben, den sie selbst unmittelbar beeinflussen kann. Zum Beispiel haben wir auf die Kosten der Unterkunft für die von Hartz IV betroffenen Menschen wenig Einfluss. Dort muss die Stadt zahlen. Sparen könnte man bei den so genannten freiwilligen Leistungen, wie in Teilen der Bereiche Jugend, Soziales, Sport und Kultur. Da sehe ich die Sparmöglichkeiten aber weitestgehend ausgeschöpft. Denn immerhin ist auch der soziale Frieden in unserer Stadt ein hohes Gut. Bei weiteren Kürzungen wäre dieser gefährdet.

Auch der Innenminister wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass selbst die Einsparung aller freiwilligen Leistungen (was dem Tod dieser Stadt gleich käme) das Haushaltsdefizit in der Summe kaum spürbar verkleinern würde.

StadthausAus meiner Sicht bringen „Hausverbote“ herzlich wenig. Das Innenministerium ist die Genehmigungsbehörde. Hier wird, auf welchem Wege auch immer, eine Einigung erzielt werden müssen. Diese Lösung darf aber nicht auf Kosten der Schwerinerinnen und Schweriner erfolgen.

> Frage: Bisweilen hat man den Eindruck die Schwerinerinnen und Schweriner sind Weltmeister im Miesreden der eigenen Stadt. In anderen Städten, ob in Wismar, in Rostock, in Neubrandenburg oder in Greifswald, übt man sich eher – parteiübergreifend – in Schönfärberei, obgleich es dort immense Probleme gibt, die – auch hier parteiübergreifend – möglichst lange „unter der Decke“ gehalten werden, während sich Schwerin sogar objektiv großartige Erfolge, wie z.B. die Schlossfestspiele, klein redet.

BUGAWoran liegt es ? Zu viele Fremd-Beamte in der Stadt, die sich zwar über üppige Einkommen freuen, aber ansonsten für die Landeshauptstadt nichts übrig haben ? Sind die Landeshauptstädter zu selbstkritisch ?

– Peter Brill: Jede Medaille hat zwei Seiten. An jeder Sache gibt es Positives und Negatives. Diese Dinge kann und muss man in einer Diskussion benennen. Ich selbst hätte wohl, wäre ich damals in der Stadtvertretung gewesen, der BUGA nicht zugestimmt. Heute sage ich, das wäre eine Fehlentscheidung gewesen.

BUGAFür mich viel wichtiger: Als die Stadtvertretung mehrheitlich den Beschluss fasste, war ich Verfechter der BUGA. Da habe ich über meinen Berufsverband bundesweit für die BUGA Werbung gemacht und weiß, dass so einige Leute nach Schwerin gekommen sind, weil ich sie darauf aufmerksam gemacht habe.

FechtenSie haben erfahren wie schön die Stadt ist und waren voller Lob. Soll ich jetzt tatsächlich kleingeistig die Probleme unserer Stadt benennen und unsere Stadt schlecht reden? Gar noch so tun, als wäre Schwerin die einzige Stadt mit Schulden? Ganz bestimmt nicht. Schwerin braucht mehr Menschen, die diese Stadt lieben und vor allem hier wohnen. Darum lade ich die Leute lieber zur 850-Jahr-Feier ein, damit sie noch einmal Schwerin live erleben können, denn das ist die beste Werbung für unsere Stadt.

850 Jahre SNÄhnlich sehe ich es in der Stadtpolitik. Wir sollten nach den besten Lösungen suchen und gemeinsam darum streiten. Wenn allerdings durch eine demokratische Mehrheit ein Beschluss gefasst ist, dann sollten wir seine Umsetzung positiv begleiten, das Beste für Schwerin herausholen und so Optimismus und Stolz in unsere schöne Stadt tragen.

Allerdings ist es nur zu menschlich: Gegen etwas zu sein ist leichter als für etwas zu sein. Leider kann ich mich manchmal aber nicht des Eindrucks erwehren, dass man aus politischen Gründen oder gar aus Profilierungssucht und mangels eigener Ideen sich eher im Meckern übt als in der konstruktiven und kritischen Debatte. Das ist weder politischer Stil, noch bringt es die Stadt voran.
Schönfärberei und Schlechtreden sind die gegensätzlichen Pole. Beides kann nicht gesund sein.

> Frage: Nach den Querelen 2007 und 2008: Wie ist jetzt die Zusammenarbeit unter den Fraktionen in der Stadtvertretung. Weht ein „frischer Wind“ (Hoffentlich Windstärke 21, denn Windstärke 11 – siehe FC Hansa – hilft ja nicht !) bzw. regieren „frische Geister“ ?

– Peter Brill: Bisher hat die Stadtvertretung nur einmal getagt. Da hat man sich bemüht die Vorschläge meiner Fraktion möglichst abzulehnen, was ja auch gelungen ist. Die Zukunft wird zeigen, ob in der Stadtvertretung neue Töne angeschlagen werden.

Schweriner FrauenbündnisBereits nach den Wahlen haben wir als LINKE erklärt, dass wir keine Absicht haben, feste Bündnisse oder Koalitionen einzugehen. Wir wollen gleichberechtigt mit allen Fraktionen in einer sachlichen Debatte zu den besten Lösungen im Interesse unserer Stadt kommen. Dabei sind wechselnde Mehrheiten nichts Schlimmes. Daran halten wir auch in der Arbeit in der Stadtvertretung fest.

Sorgen macht mir, dass nach der Wahl mit dem Nazi aus der NPD nun sehr alter Mief in die Stadtvertretung eingezogen ist. Allerdings habe ich mich sehr gefreut, wie gut hier die demokratischen Fraktionen zueinander gefunden haben. Das ist letztlich ein gutes Zeichen für die Zusammenarbeit der demokratischen Fraktionen in der neuen Stadtvertretung.

> Frage: Von der Landesmetropole in die Bundesmetropole: Ist eigentlich die Verteilung des Fells vom SPD-Bären zwischen CDU, FDP, Grünen und Linkspartei schon beschlossene Sache ? Wie beurteilen Sie die Chancen der LINKEN. So richtig von Finanz- und Wirtschaftskrise konnte Ihre Partei ja nicht …

DBartsch– Peter Brill: Also mal ganz langsam. Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass diese Partei in Umfragen stabil über zehn Prozent liegt. Erstmals tritt DIE LINKE. in allen Wahlbereichen mit eigenen Kandidatinnen und Kandidaten direkt an. Das ist ein großer Erfolg. Die Anderen versuchen ihn klein zu reden, das ist logisch, das nennt man Politik.

Außerdem sollte man den Erfolg nicht nur in Zahlen messen. Im letzten Bundestagswahlkampf vor fünf Jahren war meine Partei die einzige, die einen gesetzlichen Mindestlohn forderte. Sogar die Gewerkschaften haben uns ausgelacht.

Heute steht bei der SPD diese Forderung im Wahlprogramm, genauso wie bei den Grünen. Da wird deutlich, dass linke Ideen in der Bundesrepublik durchaus Chancen haben. Leider üben sich die etablierten Parteien von den Grünen bis zur CSU lieber in Ausgrenzung als in sachlicher Debatte. Ich bin überzeugt, dass diese Ausgrenzung von Ideen für unser Land nicht gut ist.

In Schwerin, das steht fest, haben wir als LINKE das Ziel, auch die Bundestagswahl zu gewinnen.

> Frage: In wenigen Tagen beginnt das 18.Drachenboot-Festival auf dem Pfaffenteich. Sind Sie auch mit im Boot ?

Drachenboot– Peter Brill: Das Drachenbootfestival ist eine Veranstaltung mit Tradition und ein wichtiges Stück Schwerin. Natürlich werde auch ich dort sein und mich umschauen.

Auch DIE LINKE. Schwerin wird mit einem Boot dabei sein. Da unser Bundestagskandidat Dietmar Bartsch nicht nur ein guter Politiker, sondern auch ein guter Sportler ist, dürften wir – u.a. Helmut Holter, Angelika Gramkow und andere Mitglieder meiner Partei – dort gute gute Chancen haben.. Da bin ich mir sicher.

Dann viel Erfolg bei den Bundestagswahlen, beim Drachenboot-Festival und natürlich bei der weiteren Gestaltung Schwerins !

Die Fragen stellte: M.Michels.

F.: 1.Schwerin sorgte mit den Schlossfestspielen 2009 (Szene aus der „Zauberflöte“), dem Kultursommer, den Festspielen M-V sportlichen Erfolgen und der BUGA zuletzt für positive Schlagzeilen, nun kam Kritik an der Haushaltsplanung durch den Innenminister … mm / 2.Peter Brill. Stadt / 3.Von wegen die Schweriner haben für ihre Stadt nichts übrig ! Hier Frühjahrsputz im Mueßer Holz! Stadt / 4.Schwerin ist auch sportlich – mit jungen und reifen „Sportskanonen“ gesegnet (Aufnahme: Kindergarten-Cup). / 5.Trotz seiner Kritik hat der Innenminister weiterhin freien Eintritt ins Schweriner Stadthaus. / 6.Alles, was Rang und Namen hat, war bisher auf der BUGA 2009: Hier Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ministerpräsident Erwin Sellering, Wirtschaftsminister Jürgen Seidel und „Blumenfee“ Victoria Salomon. BUGA GmbH / 7.Das BUGA-Gelände 2009 – ein blumiger Traum. BUGA GmbH / 8.Gefochten wird in Schwerin traditionell auch – natürlich ganz sportiv, wie während des Schlossfestes 2009. mm / 9.Nächsten Jahr feiert Schwerin Geburtstag – den 850. ! / 10.Frauen-Power in Schwerin – das Schweriner Frauen-Bündnis. Stadt / 11.Der Bundestagskandidat Dietmar Bartsch wird beim Drachenbootfestival auf dem Schweriner Pfaffenteich ebenfalls dabei sein. / 12.Vom 21. bis 23.August 2009 heißt es in Schwerin wieder – „die Drachen sind los“ ! mm

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