Der 9. November – ein besonderer Tag in der deutsche Geschichte

Zwischen Elend und neuer Hoffnung

Der 9. November gilt als einer der geschichtsträchtigsten Daten in Deutschland. Der 9.November – ein deutsches Datum, ein Tag, der für Niedergang und Aufbegehren, Aufbruch und Niederlage sowie Elend und Zuversicht gleichermaßen steht.

Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann rief vor 95 Jahren die „(Parlamentarische) deutsche Republik“ vom Fenster des deutschen Reichstages aus. Mit dem mißglückten Hitler-Ludendorff-Putsch (1923) zeigte die nationalsozialistische Bewegung erstmals deutlich offen ihr politisches Antlitz.
Die Reichspogromnacht vor 75 Jahren, im Jahr 1938, war der Auftakt der intensiven Verfolgung Deutscher jüdischen Glaubens und 1989 wurde mit dem Fall der Berliner Mauer und dem friedlichen Niederreißen des Stacheldrahtes an der innerdeutschen Grenze der Weg zur deutschen Vereinigung frei, durften sich Deutsche aus Ost und West – nach jahrzehntelanger brutaler Trennung – wieder in den Armen liegen.
… Nur vier der wichtigsten Ereignisse an einem bewegten Tag, die daran mahnen, dass Freiheit und Demokratie stets neu erkämpft und verteidigt werden müssen.

In Schwerin begann der Leidensweg – das Schicksal des Mecklenburger Demokraten Günther Feldmeth

Ein aufrechter Demokrat war der aus Westmecklenburg stammende Günter Feldmeth. Ein junger Mecklenburger, der damals, nach Kriegsende 1945, begriff, dass nach dem nationalsozialistischen Terror mit der blutigen Verfolgung sozialer, christlich gesinnter oder liberaler Demokraten – ganz gleich welchen Glaubens – erneut eine Diktatur, die kommunistisch-stalinistische, drohte.

So arbeitete der SPD-Sympathisant Günter Feldmeth aus Blücher zwischen 1947 und 1950 in einer mecklenburgischen Widerstandsgruppe gegen die drohende kommunistische Diktatur mit, die aus zehn Aktivisten bestand und u.a. vom SPD-Ostbüro, aber auch von christdemokratischen bzw. liberalen Unterstützern aus Westdeutschland, zahlreiche Informationsblätter und Flugschriften erhielt. Diese Gruppe klebte Flugblätter, die sie selber aus Berlin, unter anderem von der dortigen Zweigstelle des SPD-Ostbüros, holen mussten. Darauf stand z.B. „Freie Wahlen !“ oder „Weg mit der SED-Regierung!“.

Kampf gegen eine stalinistische Gesellschaft …

Zu den Motiven seiner politischen Aktivität äußerte sich Günther Feldmeth 1998 folgendermaßen: „Wir, die Widerständler, wollten nach der Zwangsvereinigung von KPD und SPD 1946 der Ulbricht-Regierung das Terrain im Osten Deutschlands nicht kampflos überlassen. Deshalb unterstützten wir die Aktionen des Ostbüros.“
Da die Mitglieder dieser Gruppe nicht in konspirativer Arbeit geschult waren, wurden sie 1950 nach einer Denunziation entdeckt. Günther Feldmeth verhafteten Sicherheitsleute 1950 an seinem 21.Geburtstag und brachten ihn zur Untersuchungshaft nach Schwerin. Seine Eltern und seine Schwester wurden festgenommen, jedoch nach wenigen Tagen wieder freigelassen. Er selber kam nicht so glimpflich davon.

Die Haftbedingungen in dem von sowjetischen Militär- oder KGB-Leuten geführten Gefängnissen spotteten jeder Beschreibung: In einer Zelle von nur zwei mal vier Metern waren vier Personen zusammengepfercht, die sich eine Pritsche teilen mussten. Schlafenszeit war von 23 Uhr bis 6 Uhr, wenn nicht die besonders gefürchteten, oft mit äußerst brutalen Mitteln durchgeführten Verhöre stattfanden. Zu trinken gab es pro Tag und Person einen kleinen Becher Tee, waschen konnte man sich nur alle Tage ein wenig.

Zwischen Weihnachten und Neujahr 1950 wurde Feldmeth nach Bautzen überstellt. Zu diesem Zeitpunkt wog er nur noch 86 Pfund. Das (Einheits-)Urteil wegen „antisowjetischer Hetze“ lautete: 25 Jahre Zwangsarbeit. Trotzdem hatte Günther Feldmeth „Glück“, denn er wurde zunächst in der Küche eingesetzt.

Viele Häftlinge starben an Unterernährung …

Viele Häftlinge starben an Unterernährung, Erschöpfung und daraus resultierenden Krankheiten. Nach einiger Zeit wechselte er zur Tischlerei über und konnte so in seinem bisherigen Beruf arbeiten. Die Haftbedingungen besserten sich ab 1952. Erst 1951 erfuhr seine Familie, wo sich ihr Sohn befand. Jedoch nicht offiziell durch Polizei oder Behörde, sondern durch einen Pastor, dessen Sohn ebenfalls für das Ostbüro gearbeitet hatte.

Als 1953 Stalin starb, wurde eine Generalamnestie erlassen, unter die auch Feldmeth fiel: Am 17. Januar 1954 wurde er entlassen. Arbeit fand er als Tischler bei der Elbewerft in Boizenburg. Das SED-Regime hatte allerdings noch eine zweite Niedertracht für ihn bereit: Am 11. Oktober 1961 wurde er ohne Angabe von Gründen aus Boizenburg ausgewiesen.

Obwohl bekannt war, dass er mit seiner Familie ein Haus in Blücher (Besitz) bewohnte, bot man ihm Arbeit in weit entfernten Orten wie beispielsweise Parchim an. Stattdessen ging Feldmeth erst in den Forst und wechselte dann zum Hagenower Kreisbauhof – immer gegängelt durch die damaligen SED-Behörden. Helmut Both holte ihn dann 1967 in seinen Betrieb nach Boizenburg – die Genehmigung zum Betreten des Sperrbezirkes wurde nach einigem Hin und Her erteilt – wo er bis zu seiner Pensionierung als Invalidenrentner blieb.

Günther Feldmeth, der Extremismus von links wie rechts ablehnte, war es vergönnt, die friedliche Vereinigung der beiden deutschen Staaten mitzuerleben!

Marko Michels

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