Der 9. November – ein Tag zum Gedenken und Nachdenken

Mahn- und Gedenkveranstaltung für die Opfer der Progromnacht auf dem Schlachtermarkt

Vor mehr als  73 Jahren – mit dem Überfall Deutschlands auf Polen am 1.September 1939  – begann der zweite Weltkrieg, der 60 Millionen Opfer forderte. Dabei wurde insbesondere in Europa zwischen Atlantik-Küste und Ural der blutigste Krieg der Menschheitsgeschichte geführt. Bereits im Vorfeld des offiziellen Beginns des zweiten Weltkrieges – mit der Unterstützung Francos im spanischen Bürgerkrieg – machte das Hitler-Regime deutlich, dass es eine kriegerische Auseinandersetzung zu führen beabsichtigte, die auf zivile Opfer keine Rücksicht nehmen sollte.

Der Holocaust, der Mord an 6 Millionen Juden, dessen grauenvolle Einzigartigkeit in der Weltgeschichte darin besteht, dass er in Planungsstäben konzipiert und dann detaillegetreu ausgeführt wurde, wird das deutsche Selbstverständnis für immer prägen. Die Nazis offenbarten damit, dass sie nicht nur einen Krieg gegen andere Völker führten, sondern einen Kampf gegen das eigene Volk – gegen Deutsche mit jüdischem Glauben, gegen Deutsche mit protestantischem und katholischem Glauben, die sich den Nationalsozialisten widersetzten, gegen Konservative, Sozialdemokraten, Liberale und Kommunisten, die den Machtanspruch der Nazis nicht akzeptierten.

Die Verbündeten Hitler-Deutschlands, allen voran Mussolinis Italien sowie das japanische Kaiserreich, sorgten mit ihrem brutalen Vorgehen in den von ihnen besetzten Gebieten (Nordafrika, Äthiopien, China, Indochina) und dem heimtückischen Überfall auf Pearl Harbour durch die Japaner, dass der zweite Weltkrieg zur barbarischsten Auseinandersetzung auf diesem Planeten wurde.

Karl Möller, der aufrechte Sozialdemokrat aus Ludwigslust, der nach 1945 in die SPD eintrat und aufgrund seiner Ablehnung der KPD-SPD-Vereinigung inhaftiert wurde, beschrieb die Beweggründe für seinen Eintritt in die SPD wie folgt: „Die ganze Welt hasste 1945 unser Land ,und sie hatte auch allen Grund dazu. Doch es gab auch eine ehrwürdige deutsche Kultur, einen Goethe, einen Schiller sowie Kurt Schumacher (Nachkriegsvorsitzender der 1933 von den Nazis verbotenen SPD) und die Sozialdemokraten. Denen wandten wir Jüngeren uns nach Kriegsende zu.“
Doch hat die Menschheit seit 1945 dazu gelernt? Leider wenig. Die stalinistischen Regime nach 1945, die folgenden Kolonialkriege, der Vietnam-Krieg der Amerikaner und die zur Zeit 53 Kriege und kriegsähnlichen Handlungen in allen Teilen der Welt zeigen, dass die Menschheit nicht friedvoller wurde.

Der 9.November …

Der 9.November steht noch heute für die „hellen“ und für die „dunkelsten“ Stunden der deutschen Geschichte – der 9. November, damit verbinden sich sowohl die Ausrufung der „Deutschen Republik“ 1918, der Hitler-Ludendorff-Putsch 1923, die Reichsprogromnacht 1938 und die friedliche Überwindung der Berliner Mauer.

Auch in Mecklenburg, speziell in Schwerin, gab es 1938 gewalttätige Übergriffe auf die Einwohner jüdischen Glaubens, obwohl es im Land eine jüdische Tradition bereits seit dem 13. Jahrhundert gab. Die 1819 errichtete Synagoge am Schlachtermarkt wurde in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 zerstört. Erst 70 Jahre später, im Dezember 2008, konnte eine neue Synagoge am Schlachtermarkt in Schwerin eingeweiht werden. Dass dieses einigen Ewiggestrigen nicht passt, ist daher umso bedrückender.

Am 9. November 2012 findet um 18.00 Uhr auf dem Schlachtermarkt eine Mahn- und Gedenkveranstaltung für die Opfer der Progromnacht von 1938 statt – für Schweriner jüdischen, evangelischen und katholischen Glaubens und auch für jene ohne Glauben. Menschlichkeit und Mitgefühl sollten auch in Schwerin nicht nur an diesem Tag an der Tagesordnung sein.

Martin Niemöller, evangelischer Theologe, führender Vertreter der “Bekennenden Kirche” und von den Nazis im KZ inhaftiert, stellte einst vor dem Hintergrund des 1945 beendeten zweiten Weltkrieges und der Etablierung der stalinistischen Regime Ende der 1950er Jahre die entscheidende Frage: „Wie können menschliche Wesen endlich wirkliche Menschen werden?!“

Marko Michels

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