Der Countdown beginnt: Noch vier Monate bis zur Bundestagswahl

Ein Kommentar von Marko Michels

Do you remember? Die Bundestagswahlen 2013 stehen in drei Monaten auf der Agenda. Wieder wird um Stimmen, Stimmungen und Mandate gerungen, der Wahlkampf wird immer heißer. Wieder scheint es um irgendwelche „Wenden“ zu gehen – Energie-Wende, Wirtschafts-Wende, EURO-Wende, Wende vorwärts oder Wende rückwärts.

Bei so vielen „Wänden“ kann man im politischen Raum schnell den Überblick verlieren. Eines ist aber sicher: Die Bundestagswahl wird am 22. September stattfinden, es gibt eine amtierende Kanzlerin, Dr. Angela Merkel, und einen Herausforderer, Peer Steinbrück, Ministerpräsidenten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen a.D. und Finanzminister a.D..

Glaubt man den Wahl-Prognosen, so heißt es für den honorigen gebürtigen Hanseaten auch in puncto Kanzlerschaft: Adé!
Die SPD, die gerade ihren 150. Geburtstag feiert, erlebt fast ein Deja vu! Vor vier Jahren war noch SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gegen Deutschlands erste Kanzlerin ohne jede Chance – und das bereits frühzeitig.

Vor vier Jahren jubelten die „Kleinen“

2009, damals wurde die CDU mit 27,27 Prozent der Stimmen die stärkste Partei vor der SPD, die nur 23,03 Prozent erreichte, vor der FDP mit 14,56 Prozent, der Linkspartei mit 11,89 Prozent, Bündnis`90/Die Grünen mit 10,71 Prozent und der CSU mit 6,53 Prozent.
Da CDU und CSU, die im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft bilden, somit gemeinsam auf rund 33,9 Prozent kamen, blieb Angela Merkel Bundeskanzlerin. Auch wenn strahlende Wahlerfolge anders aussehen.
Der große Verlierer des Wahl-Abends war jedoch die SPD. Das schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten bei Bundestagswahlen seit 1949 deutete auf den Niedergang der ältesten deutschen Partei hin, die früher einmal Koryphäen wie Kurt Schumacher, Ernst Reuter, Carlo Schmid, Hermann Lüdemann, Herbert Wehner, Willy Brandt, Johannes Rau oder Helmut Schmidt in ihren Reihen hatte.

Waren die Wahlkämpfe unter Gerhard Schröder 1998, 2002 und 2005 noch echte Höhepunkte – vergessen sollte man dabei auch nicht, dass es gerade die Reformen Schröders waren, die Deutschland wieder wirtschaftlich und gesellschaftlich fit machten; ohne den Niedersachsen wäre die Bundesrepublik heute wahrscheinlich weder politisch noch ökonomisch „oben auf“ – so überzeugte 2009 weder das Führungspersonal der SPD noch ihre praktizierte Politik, die weder die Köpfe noch die Herzen der Menschen erreichte. Der Wahlkampf der SPD 2009 war dabei ein Trauerspiel. Daran änderten auch der damalige respektable Auftritt vom Kanzler-Kandidaten Frank-Walter Steinmeier im TV-Duell mit Bundeskanzlerin Angela Merkel oder sein fulminanter Wahlkampf-Abschluss am Brandenburger Tor wenig.

Wer wirklich gewinnen will, muss mitreißen, polarisieren können, muss „klare Kante zeigen“ – ohne als Polterer oder Tollpatsch zu agieren. Das vollbrachten im Wahlkampf 2009 vor allem Guido Westerwelle, Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Jürgen Trittin oder Renate Künast. Die FDP rettete für die Union eine schwarz-gelbe Mehrheit. Die SPD wurde nach 11 Jahren Regierungsarbeit „am Stück“ (sieben Jahre Rot-Grün, vier Jahre Große Koalition) auf die harte Oppositionsbank verbannt. Jubeln durften nur die Kleinen: die FDP, die Grünen und die Linke.

Wahlkampf reißt bislang noch kaum mit

Vier Jahre später können weder die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP noch die Oppositionsparteien SPD, Bündnis`90/Die Grünen und Die Linke überzeugende Politik-Konzepte vorweisen. Außer dass es zwischen 2009 und 2013 wieder jede Menge schöner Statistiken, schöne Reden und großen Populismus gab.
Und Europa versinkt zwischen Massenarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit der Jugend, Rezession, drohender Inflation und kulturellem Niedergang. Einzig Deutschland, mit Abstrichen Polen, die baltischen Staaten, Norwegen, Finnland oder die Niederlande, trotzen noch der Krise. Noch, denn die Stimmung und Lage ist auch dort nicht mehr so hell sowie positiv und optimistisch.

Die deutschen Wählerinnen und Wähler scheinen indes angesichts der politischen Tölpeleien von Peer Steinbrück, der Amigo-Affäre in Bayern, Maßlosigkeiten der vermeintlich politischen und wirtschaftlichen Eliten, der Diskussionen um die politische Vergangenheit von Angela Merkel in der DDR, der Unterwürfigkeit der Politik gegenüber der Wirtschaft vom aktuellen Geschehen angewidert zu sein. Viele sind ratlos, unentschlossen und desinteressiert. Der beginnende Wahlkampf kann ebenfalls kaum mitreißen.

Nun wird ein Lager-Wahlkampf Schwarz-Gelb gegen Rot-Grün hoch gejazzt – mehr ein politischer Rohrkrepierer, als ein ernsthafter, mitreißender Disput unter politischen Konkurrenten. Nach Lage der politischen Dinge wird ohnehin alles so bleiben, wie es ist. Die CDU/CSU führen haushoch in allen Umfragen. Die SPD droht mit ihrem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück das historische Tief von 2009 noch zu toppen. Die FDP ist ein Wackelkandidat, während Grüne mit rund 14 Prozent, Linkspartei mit rund 8 Prozent und die Piraten nur mit 3 Prozent rechnen dürfen. Zurzeit, denn noch kann viel passieren.

Wissenswertes:
Kann Angela Merkel ihre Kanzlerschaft fortsetzen, wird sie bis 2017 – im Hinblick auf die Amtszeit – ihren dritten Platz festigen. Auf Platz eins liegt Helmut Kohl (CDU) mit 16 Amtsjahren vor Konrad Adenauer (CDU) mit 14 Amtsjahren, dann Angela Merkel (CDU) mit derzeit 8 Amtsjahren (bis 2017 wären es 12), gemeinsam mit Helmut Schmidt (SPD), der auch 8 Amtsjahre aufweist. Es folgen Gerhard Schröder (SPD) mit 7 Amtsjahren, Willy Brandt (SPD) mit 5 Amtsjahren, Ludwig Erhardt (CDU) und Kurt-Georg Kiesinger (CDU) mit jeweils 3 Amtsjahren.

Bundestagsabgeordnete aus MV: In Schwerin gewann 2009 Dietrich Monstadt (CDU) das Direkt-Mandat für den Bundestag vor Dietmar Bartsch (Die Linke) und Hans-Joachim Hacker (SPD).

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