„Der King of Klezmer“ in der Schweriner Schelfkirche

Giora Feidman kommt in die Landeshauptstadt M-V

Ein Ausnahme-Künstler gastiert am 19. Juli in der Schweriner Schelfkirche – der Weltenbummler Giora Feidman. Viele Titel wurden ihm verliehen: „King of Klezmer“, „Magier der Klarinette“ oder „Musiker mit künstlerischer Vollendung“.

In M-V tritt der 1936 in Buenos Aires geborene Giora Feidman mit dem Gershwin-Streich-Quartett auf. Dabei sollen Länder, Traditionen und Kulturen auf einer klanglichen Reise an den Konzertbesuchern vorbeiziehen. Nach seinem eigenen künstlerischen Selbstverständnis vermittelt Giora Feidman anderen seine innere Stimme, eine Idee sowie ein Gefühl. So spiele ein Klezmer nicht, er singt. Musik werde an jedem Ort der Welt verstanden, von allen Menschen gleich welcher Religion, Hautfarbe oder Sprache.

Vor fast 40 Jahren begann Giora Feidman die Solokarriere als Klezmer, nach dem er seine künstlerische Laufbahn beim Orchester des Teatro Colon begann, diese dann beim „Israel Philharmonic Orchestra“ fortsetzte und letztendlich zum begnadeten künstlerischen Single mit der zahlreichen Fan-Gemeinde weltweit avancierte. Groß wurde er mit den jüdischen Liedern, die seine Mutter sang, und dann mit den Liedern von Schubert.

Die Wiedergeburt des Klezmer zu Beginn der 1970er ist nicht nur, aber besonders mit dem Namen Giora Feidman verbunden. Er wurde zu einem Wegbereiter des „jewish soul“. Für ihn gab es nicht nur künstlerische Grenzenlosigkeit, sondern vor allem im menschlichen Miteinander. Leonhard Bernstein, der mit ihm zusammen arbeitete, meinte über den Klezmer: Giora Feidman überbrücke viele Klüfte zwischen Generationen, Kulturen und sozialen Unterschieden. Und er tue all dies mit künstlerischer Vollendung: Lang lebe Giora, seine Klarinette und seine Soul Music.

Wie meinte ein Konzert-Besucher zu einem früheren Auftritt Giora Feidmans in Wismar: „Hollywood meets Mecklenburg!“, unvergessen ist seine Mitwirkung an der oscarprämierten Filmmusik zu „Schindlers Liste“ von Regisseur Steven Spielberg, einem der innovativsten amerikanischen Regisseure. Aber Feidman ist natürlich viel mehr.

Wenn man behauptet, er verschmelze mit seiner Klarinette, so ist es wahrlich keine Übertreibung, sondern ein Attribut, das die besondere Beziehung von Feidman zu seinem Instrument charakterisieren kann. So oder so ähnlich sieht es Giora Feidman selbst: „Die Klarinette ist das Mikrofon meiner Seele … ich wurde geboren, um Musik zu machen.“ Hier arbeitet keiner Musik, hier ist keiner, der die Musik als eine anspruchsvolle Tätigkeit begreift, hier ist jemand zur Musik berufen worden.

Ein Kritiker charakterisierte Feidmans Hingabe sehr treffend: Feidman sei kein Klangpuritist, sein Ton sei nicht geschliffen, sondern sehr emotional: mal groß und gewichtig, dann schlank und elegant; aber immer sinnlich und erdverbunden. So fessele er ein riesiges Publikum.
Wenn es dann noch Unterstützung von Musik-Virtuosen – wie dem Gershwin-Streich-Quartett – gibt, wird nicht nur ein Konzert geboten, es wird ein Konzert gelebt – mit allen Gefühlen, mit allen Hoffnungen, mit allen Facetten.

Von New York aus begann Giora Feidman seine Karriere, immer dabei seine Klarinette, die er stets behandelte wie eine anmutige, geistreiche und gefühlsbetonte Frau. Die sowohl weinen als auch lachen kann, die nachdenklich ist und wieder ausgelassen – und die nur dann so richtig zur Geltung kommt, wenn ein charismatischer Partner an ihrer Seite ist.

Der bewegendste Moment seiner Konzert-Reise 2009 durch M-V, in Wismar, war jedoch jener, als Giora Feidman einen Wunsch äußerte, der hoffentlich in naher Zukunft Realität wird: „Heute singen Juden und Deutsche gemeinsam in einer deutschen Kirche – ungezwungen, eine Normalität. Warum kann es woanders nicht eben so sein. In keiner Religion wird zum Töten aufgefordert und noch immer gibt es so viel Krieg auf der Welt.“

Religiöse Grenzen überwinden, Vorurteile beseitigen und Brücken bauen – das muß das Ziel der Menschheit bleiben, will sie die großen Probleme der Zukunft bewältigen. Ergreifend war daher beispielsweise anno 2009 auch das „Medley“ der deutschen, israelischen und palästinensischen Nationalhymne, das Giora Feidman gemeinsam mit Matthias Eisenberg spielte: Ein künstlerischer Aufruf zu Verständnis, Freundschaft und Frieden.

M. Michels

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