Der Landtagswahlkampf in der „heißen Phase“

Die Kanzlerin kommt, der erste grüne Ministerpräsident ebenfalls und der Ministerpräsident von M-V erhält glänzende Umfrage-Ergebnisse …

Es wird gekämpft in Mecklenburg-Vorpommern. Ganz demokratisch: Um jede Stimme. Die letzten Plakate werden geklebt. Die letzte Kugelschreiber mit Partei-Emblem werden verteilt, so dass die gemeine Bürgerin oder der gemeine Bürger das Geld für Schreibutensilien sparen kann und – nicht vergessen – die letzten schwarzen, seichtroten, knallroten, grünen und gelb-blauen Luftballons werden aufgeblasen.

Viel Prominenz wird dabei im Land gesichtet. Am heutigen 26. Februar kommt der Gewinner der Landtagswahl in Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann von Bündnis 90/Die Grünen, in die Landeshauptstadt, um dem „grünen Segelboot – Made in M-V“ noch den letzten Schub zu geben. Tja, ohne Windkraft und „Rückenwind“ kommen erfolgreiche Seglerinnen und Segler in der Politik auch nicht aus.

Winfried Kretschmann beendete ja in diesem Jahr die 58-jährige Regentschaft der CDU im Südwesten. Die Grünen im Nordosten haben dagegen ebenfalls viel vor: Sie möchten zum ersten Mal in den Landtag von M-V nach der Wende 1989/90. „Grün“ liegt mittlerweile – wenn allerdings nicht so ausgeprägt – ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern „im Trend“. Die Spitzenkandidaten Silke Gajek und Jürgen Suhr können dabei mit bis zu 7 Prozentpunkten für ihre Partei rechnen. Vielleicht reicht es ja sogar für Rot-Grün … Ausgeschlossen ist das nicht, glaubt man den jüngsten Wahlumfragen.

Die SPD mit dem Ministerpräsidenten und Spitzenkandidaten Erwin Sellering ist deutlich in Front. Gerade der amtierende Regierungschef und die Sozialministerin M-V sowie stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig sind in diesem Wahlkampf omnipräsent. Die Basis- und Kärrnerarbeit kommt offensichtlich an – 70 Prozent würden Erwin Sellering den Vorzug vor dem CDU-Spitzenkandidaten Lorenz Caffier  und dem Linkspartei-Spitzenkandidaten Helmut Holter geben, die – nach den Umfragewerten – förmlich deklassiert werden.

Während die Zustimmungswerte für die SPD steigen, verharrt die Linkspartei bei 15-17 Prozent, die CDU bei rund 28 Prozent, die FDP kommt nicht mal auf 5 Prozent.

Der Berliner Gegenwind läßt „grüßen“. Die Linkspartei in Berlin zerlegt sich in seltsam anmutenden Vergangenheits-Diskussionen zurzeit gerade selbst, die FDP ist im Schrumpf-Prozess, die CDU-Anhänger verweigern der Kanzlerinnen-Partei die Gefolgschaft  – angesichts von Euro-Rettung, Atomausstieg, Abschaffung der Hauptschule, u.v.a.m.. Zu leiden haben da insbesondere Linkspartei und CDU in M-V, deren Wahl-Chancen so geschmälert werden.

Nun kommt die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel aber dennoch nach Schwerin. Am 29.August ab 17.00 Uhr will sie auf dem Marktplatz der Landeshauptstadt ihrer Partei „Flügel verleihen“. Erleben wir da eine christdemokratische Auferstehung a la „Phönix aus der Asche“ oder ist die CDU nicht mehr zu retten …

Eine, die das alles eher gelassen sieht, ist die unabhängig agierende Dorin Müthel-Brenncke, selbst Unternehmerin mit sozialem Faible, Landesgeschäftsführerin der Mittelstandsvereinigung in M-V und „nebenbei“ auch Christdemokratin. Statt „Rückenwind“ hat sie vor allem „mit Gegenwind“ aus Berlin zu kämpfen, aber letztendlich war der politische und meteorologische Sommer „für alle“ suboptimal.

Nachgefragt bei Dorin Müthel-Brenncke

„Auch ohne Wahlkampf nah bei den Menschen …“

Frage: Der politische Gegenwind braust Ihnen ins Gesicht, aber ein „Dach über dem Kopf“ dürften sie ja als „Dächer deckende Unternehmerin“ noch haben, auch wenn mitunter ein Buch über den Kopf helfen muß … Sie haben als CDU-Politikerin sicherlich gegenwärtig einen schweren Stand?!

Dorin Müthel-Brenncke: Trotz aller Krisen in Europa und der Welt … Die Politik ist immer noch besser, als ihr gegenwärtiger Ruf. Was vor uns liegen ja keine „Maulwurfshügel“, sondern es gilt „Berge zu versetzen“. Die Euro-Diskussion überlagert momentan alles. Den meisten Menschen ist noch gar nicht bewusst, um was es geht, welche Tragweite ein Scheitern des Euros hätte. Es gibt keine einfachen Lösungen und Antworten, die endgültig vorliegen.

Ich verstehe aber den Ärger vieler Bürgerinnen und Bürger, mir geht es ähnlich. Einige Staaten haben sich aufgrund falscher Angaben, letztendlich durch Manipulationen, den Zutritt zur Euro-Zone erschlichen. Erschwerend kommt hinzu, dass es für diese Fälle keine entsprechenden Regelungen gibt. Wir haben innerhalb der EU Verträge geschlossen, Zutrittskonditionen festgelegt, aber eines wurde nicht erschöpfend und befriedigend festgelegt:

Wie gehen wir mit den EU-Staaten um, die ihre Bilanzen fälschten, sich hoffnungslos verschuldeten und sich tief greifenden Reformen verweigern? Und: Welche maßgeblichen Konsequenzen ergeben sich für diese Staaten? In diese Falle sind die Vertreter aller politischen Lager getappt und nun könnte es sogar passieren, was ich wahrlich nicht hoffe, dass der Euro aufgrund der Tricksereien einiger Staaten erheblichen Schaden nimmt.

Frage: Deutschland steht da hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung – trotz aller Euro-Turbulenzen und der wirtschaftlichen Negativ-Entwicklung in den USA und den meisten europäischen Staaten – noch gut da. Wie beurteilen Sie die Situation hierzulande?

Dorin Müthel-Brenncke: Wir leben natürlich auf keiner Insel, die Auswirkungen der Rezession bzw. Stagnation  in den USA und in vielen europäischen Staaten – vieles davon dort hausgemacht – wird „irgendwann“ auch in Deutschland spürbar. Gegenwärtig ist es jedoch so, dass wir die geringste Arbeitslosigkeit seit 1990 aufweisen, dass sich die Inflation in sehr geringen Grenzen hält, dass wir mehr Ausbildungsplätze als Bewerber haben, dass die Binnen-Nachfrage positiv ist, der Export boomt, dass viele Arbeitsplätze aufgrund des Fachkräftemangels nicht besetzt sind, dass im Bildungsbereich wieder positive Akzente gesetzt werden konnten, dass die wirtschaftliche Entwicklung sehr positive Wachstumsraten verzeichnet.

Kaum ein anderes Land ist so gut aus der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 herausgekommen, wie Deutschland. Viele Nachbarländer schauen neidvoll auf uns und meinen „Wie habt ihr das wieder hinbekommen …“ Aber das alles scheint europaweit Begehrlichkeiten zu wecken, nach der Devise „Ihr müsst die EU und den Euro retten! Euch geht es doch bestens.“.

Die positive Situation in Deutschland ist – angesichts der Euro-Krise – den meisten Menschen so aus dem Blickfeld geraten. Das ist bedauerlich und schlägt natürlich auch auf die Bewertung der Arbeit der Bundesregierung durch.

Frage: … Die ja von ihrer Partei, der CDU, geführt wird und in den Umfragen – die CSU mal rausgerechnet – auf gerade einmal 22,5 Prozent kommt. Die Leute sind unzufrieden mit den Christdemokraten und mittlerweile auch mit der Kanzlerin. Da muß doch ihr Wahlkampf einer „Depri-Tour“ gleichen?!

Dorin Müthel-Brenncke: Nein, keineswegs. Ich erfahre sehr viel Zuspruch für meine Tätigkeit hier in Schwerin und für Schwerin. Ich habe auch ohne Wahlkampf stets den Kontakt zu den Menschen gesucht, bringe mich für meine Stadt ein, engagiere mich politisch und wirtschaftlich. Ich sehe natürlich viele Einzelschicksale, die unverschuldet in Notlagen gerieten, die nach 1990 schlicht durchs Raster fielen, für die es keine befriedigenden Lösungen/Regelungen gab. Dass diese mit der Entwicklung seit 1990 nicht zufrieden sind, ist nur zu verständlich.

Am 29. August kommt nun die Kanzlerin nach Schwerin und Sie werden es kaum glauben … Auf ihren Besuch freue ich mich sehr, weil sie in den Krisenzeiten unbeirrt und erfolgreich politisch agierte. Sie lässt sich dabei auch nicht durch Kritik von außen oder innen von ihren Maximen abbringen. Ich glaube, das wollen die Menschen: Politikerinnen und Politiker, die stehen, die noch eine politische Agenda haben und nicht gleich bei „Gegenwind“ aufgeben.

Ich wünschte mir von ihr, von der Bundesregierung, dass sie ihre Politik besser kommuniziert, neue Entwicklungen besser erläutert, ja die Menschen mitnimmt. Aber ich bin überzeugt, am 29. August werden wir in dieser Hinsicht einige deutliche Worte von ihr hören.

Die Fragen stellte M. Michels

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