Der Schweriner Kultursommer wird heiß und „höflich“

Das landeshauptstädtische Kulturleben zwischen Lysistrate-Premiere, Filmkunstfest, Gartensommer, Pfingst-Jazz und Kultursommer

Der Kultursommer 2011 in Schwerin beginnt offiziell erst am 27. Mai. Aber eigentlich kann man den Beginn des hochkarätigen kulturellen Sommers in der Landeshauptstadt bereits auf den 15. April datieren …

Atemberaubend, faszinierend, berührend war das, was das Ensemble des bald 20 Jahre jungen Tanztheaters „Lysistrate“ Mitte April in der Aula des Goethe-Gymnasiums künstlerisch präsentierte. Der Traum vom Fliegen wurde mit einer Hingabe, mit einer Leichtigkeit – wie schon der Titel „Augenblicke der Leichtigkeit“ andeutet – interpretiert, dass es eine echte, ehrliche Freude war, dem Ensemble bei ihrer gekonnten Vorstellung zuzusehen. Fliegen wurde als etwas definiert, was gleich bedeutend ist mit Hoffnung, Glaube, nie endendem Kampfgeist – bei allen Rückschlägen – und Träumen.

„Wie Phoenix aus der Asche“ bewiesen die jungen Darstellerinnen und Darsteller, von Theater-Leiterin Silke Gerhardt meisterlich vorbereitet, dass es sich lohnt, für sein Talent, für seine Ziele einzustehen. Beeindruckend die Choreographie, die Körperbeherrschung, die Bewegung, die Mimik und Gestik des Ensembles, dem es mit der Aufführung auch gelang, mit vermeintlichen Vorurteilen erneut aufzuräumen – „Die Jugend von heute …“.

Ja, die „Jugend von heute“ forscht, experimentiert, musiziert, treibt Sport,  oder spielt gekonnt Theater, wie Lysistrate.

Vor 21 Jahren zitierte die renommierte Schauspielerin – bei der großen Demo auf dem Alexanderplatz in Berlin während der friedlichen Revolution – treffend einige Zeilen von Bertolt Brechts „Lob der Didaktik“: „ …So, wie es ist, bleibt es nicht.  Wer lebt, sage nie niemals. Wer seine Lage erkannt hat, wie sollte der aufzuhalten sein. Und aus niemals wird: heute noch! …“

Erkenntnis und kunstvoller Tatendrang – das zeichnet auch das Tanztheater Lysistrate aus. Und im eigenen Spiel, in den eigenen Aufführungen sind sie große Klasse – nicht aufzuhalten. Glücklicherweise! Der Kulturstandort Schwerin in Gefahr?! Nicht bei solchen Talenten. (Weitere Vorstellungen am 11. Mai, 8. Juni, 9. Juni um jeweils 18.00 Uhr, am 24. Juni um 20.00 Uhr.)

Tja, der „inoffizielle Kultursommer“ begann bereits, nun folgt in naher Zukunft bald der offizielle. Doch: Welche Inhalte, welche Themen und welche Veranstaltungen bietet dieser im Jahr 2011?!

Nachgefragt bei Marita Schwabe, Leiterin der VHS und des Kulturbüros in Schwerin

„So mancher Schweriner wird seine Stadt von einer ganz anderen Seite neu entdecken …“

Frage: „Höflichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr!“, meinen nicht nur berühmte Berliner. Nun heißt das Moto eines Kunstprojekts HÖFLICH. Sollen auf diese Weise – ganz künstlerisch – den Landeshauptstädtern bessere Manieren beigebracht werden?

Marita Schwabe: HÖFLICH geht es im kommenden Kultursommer wahrlich zu, denn unter diesem Motto wollen Schweriner Höfe entdeckt werden. Künstler der Stadt und der Region werden bis in den September hinein die verwunschenen Orte mit ihrer Kunst verzaubern.

Am 27. Mai wird die Eröffnung sein. Dazu werden die Gruppen KWART und KAPUSTA und noch weitere Überraschungen auf dem Hof der Volkshochschule zu erleben sein. Den ganzen Sommer lang laden Konzerte von Jazz bis Nachtmusik, Puppenspiel, Tanztheater, Kinderaktionen und Hoffeste ein. Dabei wird so mancher Schweriner seine Stadt von einer ganz anderen Seite neu entdecken oder auch bekannte Orte in neuem Licht betrachten.

Übrigens: Ein Programm mit den Adressen der Höfe, Informationen zu den teilnehmenden Künstlern, zu ihren Werken und zu den Veranstaltungen wird ab Mitte Mai in den Informationszentren und Kultureinrichtungen der Stadt bereit liegen und bald auch unter www.schwerin.de zu finden sein.

… Also, es geht natürlich nicht darum, den Landeshauptstädtern bessere Manieren beizubringen.

Frage: „Schweriner Höfe“ stehen also im Mittelpunkt. Was ist daran so interessant? Warum wurden gerade die „Höfe“ als Thema gewählt?

Marita Schwabe: Wenn Sie mit einem Ballon über Schwerin schweben würden, wenn Sie vom Dom auf die Stadt blicken, zeigt sich Ihnen nicht nur eine Stadt inmitten einer wunderschönen Seenlandschaft. Sie schauen auch auf eine Stadt mit herrlicher Altbau-Substanz, gut saniert, mit vielen kleinen/großen, herrlichen Höfen. Sie werden teilweise privat genutzt, aber auch öffentlich. Seit einigen Jahren hat sich das Kulturbüro verstärkt um die Nutzung dieser Höfe, beispielsweise in der Schelfstadt, als Kunstorte/Veranstaltungsorte „gekümmert“.

„Höflich“ ist einfach die Fortsetzung dieses Vorhabens.

Frage: Gibt es wirklich so viele reizvolle Höfe in Schwerin die auch erhaltenswert sind? Der Fokus der Stadtplaner in der Landeshauptstadt Schwerin scheint ja nur noch auf die Errichtung neuer Shopping-Center gerichtet zu sein…

Marita Schwabe: Wie ich bereits erwähnte, es gibt sie. Dabei inszenieren wir nicht nur Höfe in der historischen Altstadt. Es wurde unter anderem auch ein Schulhof als Kunstort mit einbezogen. Ansonsten denke ich, dass die Stadtplaner in den zurückliegenden Jahren verstärkt die historischen Stadtteile als Sanierungsgebiete ausgewiesen haben.

Man denke da nur an die Schelfstadt, die Feldstadt, Werdervorstadt und jetzt die Paulsstadt.

Frage: Welche Programmpunkte wird der Kultursommer 2011 in Schwerin noch haben? Gibt es ausreichende Angebote für Jüngere und „etwas Reifere“? Und: Werden Synergie-Effekte zu anderen Veranstaltungen der Stadt gesucht?

Marita Schwabe: Es gibt circa 120 Veranstaltungen im Schweriner Kultursommer, von den Schloßfestspielen, über das Kabarettfestival im Speicher, das Jazzfest, die zahlreichen Veranstaltungen des Volkskundemuseums Mueß, Ausstellungen des Schleswig-Holstein-Hauses – ich könnte vieles noch aufführen.

Mitte Mai 2011 erscheint ein tolles Schweriner Kultursommer-Programmheft, in dem alle Veranstaltungen aufgeführt sind. Dieses wird u.a. in der „Schwerin Information“, dem Bürgerbüro, dem KIZ und vielen Läden und Kultureinrichtungen der Stadt ausliegen.

Frage: Kultur wird in Schwerin gern seitens der Politik – verbal – groß geschrieben. Aber finanzielle Kürzungen betreffen auch den Kulturbereich. Fühlen sich die Schweriner Kulturschaffenden von der regionalen Politik im Stich gelassen?

Marita Schwabe: Das Kulturbüro hat gerade den Kulturbericht 2009/2010 verfasst. Es ist erstaunlich, welche Vielfalt und welchen Umfang das kulturell-künstlerische Angebot in der Landeshauptstadt trotz großer Sparzwänge hat.

Das Mecklenburgische Staatstheater, das Staatliche Museum mit dem Schloß, die städtisch geführten Kultureinrichtungen, wie die Musikschule, die Stadtbibliothek, der Speicher, das Schleswig-Holstein-Haus, das Volkskundemuseum Mueß, das neu entsandene Kulturkontor und die Ausstellungsprojekte des Kunstvereins im E-Werk und des Wasserwerk-Kunstvereins, „Ataraxia“, Schule der Künste, viele kleine Vereine warten mit hervorragenden Veranstaltungen auch in diesem Jahr 2011 auf. Das Engagement wird seitens der regionalen Politik wahrgenommen.

Zur Zeit sind wir sehr intensiv mit einer Bestandsaufnahme in Sachen Kultur befasst und wollen die kulturelle Entwicklung für die Jahre 2012 – 2017 gerade auch mit der regionalen Politik diskutieren und festschreiben lassen.

Frage: Für Sie  persönlich… Was sind für Sie die kulturellen Höhepunkte des Jahres 2011 in Schwerin und eventuell darüber hinaus?

Marita Schwabe: Ich bin am meisten gespannt auf „Höflich“…

Dann allerbeste kulturelle Veranstaltungen!

Marko Michels

Last but not least: In einem kulturellen Kleinod der Landeshauptstadt beginnt die Saison am Ostersonntag. Im Familienmuseum „Dat oll`hus“ in Schwerin-Krebsförden gibt es dann auch leckeren Oster-Kaffee! Also, mal vorbei schauen.

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