Der Schweriner Segelsport im Blickfeld

Franziska Goltz in London am Start

In fünf Monaten beginnen die olympischen Segel-Wettbewerbe. Vom 29. Juli bis 11. August 2012 werden zehn segelsportliche Entscheidungen vor Weymouth ausgetragen.

Ein Blick in die Historie: Wer setzte – sportlich betrachtet – zuerst die Segel?

Das Segeln als Wettkampfsport wurde nachweislich seit dem 16. Jahrhundert betrieben. Im Jahr 1588 tauchte im englischen Cowes eine „Lustyacht“ als neuer Bootstyp auf. Auf der Themse von Greenwich nach Gravesand fand 1661 die erste Regatta statt. Auch die Deutschen zeigten sich vom Segelsport begeistert: Friedrich I. brachte 1705 eine prunkvolle Yacht aus Holland auf der Spree zu Wasser.

Bei den Iren  fing vereinssportlich alles an …

Auf der „grünen Insel“, auf Irland, schlug die Geburtsstunde des Vereinslebens im Segelsport – mit dem „Cork Harbour Water Club“ entstand dort 1720 der erste Segelverein der Welt. In Deutschland sollte die erste segelsportliche Vereinsgründung noch „etwas“ dauern: Erst 1835 wurde mit der Stralauer Tavernen-Gesellschaft der erste deutsche Segel-Verein geschaffen. Fünfzehn Jahre später – 1850 – fand dann auf der Hamburger Alster die erste deutsche Segel-Regatta statt.

Auch Mecklenburg für den Segelsport geschaffen. 1894 – Gründung des Schweriner Segler-Vereines

Aufgrund seiner Seenlandschaft war auch die mecklenburgische Landeshauptstadt Schwerin für die Ausübung des Segelsportes geradezu prädestiniert. Die Anfänge des organisierten Segelsportes in Schwerin liegen vor allem im so genannten Schweriner Regattaverein, der aus dem im Jahre 1883 gegründeten Segel- und Ruderverein hervorging.

Im Anschluß an eine Regatta des Segel- und Rudervereins zu Schwerin im September 1894 machte der begeisterte Segler und Druckereibesitzer Herberger den Vorschlag zur Trennung der Interessengemeinschaft des Ruder- und Seglervereins, da dieser nach seiner Auffassung die Belange der Schweriner Segler nicht ausreichend genug vertrat. Herberger äußerte seine Meinung am Rande einer Preisverteilung am 1.9.1894 im Schweriner „Casino“. Sofort waren 40 anwesende Segler bereit, dem neu zu gründenden Verein beizutreten.

Bereits am 13. Oktober 1894 kam es zur Gründung des „Schweriner Segler-Vereins“; damit war auch der Segelsport in Schwerin eigenständig organisiert. Allerdings hatten sowohl der Schweriner Segler-Verein als auch die Schweriner Ruderer noch weiterhin eine gemeinsamen finanziellen Etat, eine gemeinsame finanzielle Führung des Haushaltes. Von den jährlichen Mitgliedsbeiträgen in Höhe von einer Mark wurden 50 Pfennige an den Ruderclub abgeführt. Erst am 14.März 1903 erfolgte dann ebenfalls die endgültige Trennung im finanziellen Bereich.

Zu diesem Zeitpunkt zählte der Schweriner Segler-Verein knapp 100 Mitglieder. Lange Jahre war Großherzog Friedrich-Franz IV. Protektor und Ehrenmitglied des Vereins.

Frühe Schweriner Segler-Erfolge

Doch nicht nur bei der Mitgliederwerbung hatten die Schweriner Segler außerordentliche Erfolge. Beim Aufbau einer eigenen Vereinsstruktur, gerade bei der Schaffung entsprechender Bootshäuser, war der Verein äußerst engagiert. So erfolgte im November 1904 die Gewährung von Bauterrain für Bootshäuser seitens des Großherzogs.

In einem Schreiben vom 28.05.1907 wird dazu berichtet, daß die Vorarbeiten zum Bootshausbau fast beendet seien und mit dem Bau bald begonnen werden könne.
Aufgrund der unerwartet hohen Baukosten für die Pfahlrammung und Befestigung des schlechten Untergrundes wurden „unterschiedlich auslotbare“ Anteilscheine an die Mitglieder ausgegeben, um so auch die „Kreditwürdigkeit“ gegenüber den Schweriner Geldinstituten absichern zu können.

Am 6.10.1907 war es dann endlich soweit: Das erste Schweriner Seglerbootshaus auf der „Schwanenhorst“ konnte feierlich eingeweiht werden. Das Gelände wurde übrigens vom Protektor, dem Großherzog, kostenlos zugewiesen. Auch organisatorisch erwarb der „SSV“ deutschlandweit viel Renommee. Die jährlichen Segel-Regatten, z.B. die Konkurrenzen bei den Bootstypen „Schwertboot“, „Kielboot“ oder Fischerkahn“, waren stets gut besucht.
Eine Jugend-Abteilung beim Schweriner Segler-Verein konstituierte sich allerdings recht spät: Im Jahr 1925 wurde die erste Jugendabteilung des „SSV“ gebildet und noch im gleichen Jahr starteten die „SSV“-Segler zu ihrer ersten Fernwettfahrt zur Insel Lieps.

Eine besondere Veranstaltung durfte der „SSV“ 1926 ausrichten – Schwerin lud erstmals zur „Bundeswoche der Segler“ ein.

Olympische Segel-Ambitionen 1928

Große sportliche Ambitionen hegte der Schweriner Segler-Verein im Jahr 1926 bereits für das Jahr 1928. Um eine Teilnahme an den Olympiaausscheidungen für die IX. Olympischen Spiele in Amsterdam zu erreichen, sollte eine Spendenliste – aufgerufen waren alle Schwerinerinnen und Schweriner – die Anschaffung einer dafür notwendigen 12-Fuß-Jolle ermöglichen, da diesbezüglich die eigenen finanziellen Mittel erschöpft waren.
Zwar konnte sich bei den nationalen olympischen Ausscheidungsfahrten kein Schweriner Segler für Olympia 1928 qualifizieren, aber allein die bis dahin getätigten materiellen wie ideellen Anstrengungen verdienen allerhöchsten Respekt.

Olympische Segel-Träume „Made in Schwerin“ werden wahr

„Etwas“ später gelang es dann einigen Schwerinerinnen und Schwerinern ihren segelsportlichen Traum bei Olympia zu verwirklichen, so beispielsweise

– dem gebürtigen Schweriner Christian Schröder (ASK Vorwärts Rostock) bei den olympischen Segel-Wettbewerben 1972 vor Kiel-Schilksee im Finn-Dinghi,
– dem gebürtigen Schweriner Herbert Hüttner (ASK Vorwärts Rostock, zusammen mit Dietmar Gedde) bei den olympischen Segel-Wettbewerben ebenfalls 1972 vor Kiel-Schilksee bei den Flying Dutchman,
– Jürgen Brietzke/Ekkehard Schulz (SC Traktor Schwerin) bei den olympischen Segel-Wettbewerben 1988 vor Pusan bei den 470ern,
– Ulf Lehmann/Stefan Mädicke (SC Traktor Schwerin) bei den olympischen Segel-Wettbewerben ebenfalls 1988 vor Pusan bei den Flying Durchman,
– Ronald Rensch/Torsten Haverland (Schweriner Yacht-Club) bei den olympischen Segel-Wettbewerben 1996 vor Savannah bei den 470ern,
– Monika Leu (Schweriner Yachtclub, mit Stefanie Rothweiler/B-W) bei den olympischen Segel-Wettbewerben vor Athen bei den 470ern.

Die 1990er und 2000er Jahre wurden für den Schweriner Segelsport und weit darüber hinaus zusätzlich vor allem durch Ines Bohn/Sabine Rohatzsch, Jürgen Knuth, Andre Budzien, Eberhard Bieberitz, Malte Winkler, und viele andere mehr geprägt.

Ein aktueller Höhepunkt ist die geglückte Olympia-Qualifikation für Franziska Goltz (Schweriner Segler Verein von 1894 e.V.) für die Olympischen Spiele 2012 in London im Laser Radial.

M. Michels

(M. Michels „Chronik zum Schweriner Sport 1850-1950 – eine Dokumenten-Sammlung“, Stadtsportbund Schwerin 2001)

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