Die „Csardasfürstin“ lässt bitten

Dr. Ute Lemm, Operndirektorin am Staatstheater in Schwerin, zur Premiere von Kalmans Meisterwerk

Es ist Premieren-Zeit im Mecklenburgischen Staatstheater. Premieren-Zeit und zugleich Jubiläums-Zeit, denn die Mecklenburgische Staatskapelle wird 2013 stolze 450 Jahre alt – eine ewig junge künstlerische Institution der mecklenburgischen Metropole. Aber: Wie gesagt! Es ist auch Premieren-Zeit. Die „Csárdásfürstin“, die Operette in drei Akten von Emmerich Kálmán, erlebte am Mecklenburgischen Staatstheater am 18. Januar Premiere, in der Regie von Hendrik Müller. Es wird also „Csárdás“ in Schwerin getanzt, aber nicht mehr „so“, wie bei der Uraufführung vor 98 Jahren, im Jahr 1915, sondern in moderner Fassung. Faktisch eine „Csárdásfürstin 2.0“, denn es gibt eine neue Textfassung, die sich an den Gegebenheiten des Jahres 2013 orientiert.
Dabei bleibt die Grundsubstanz natürlich vorhanden, denn geliebt wird immer noch, „Standesdünkel“ – nur in anderer Form – gibt es anno 2013 immer noch, auch Eltern haben noch immer das Verlangen, sich in die Liebesgeschichten des Nachwuchses einzumischen und der Nachwuchs macht in Sachen Liebe ohnehin auch immer noch das, was er/sie will.

Geändert hat sich dennoch einiges in den letzten rund 100 Jahren. Allerorten ist „Frauen-Power“ angesagt, ob in der Politik, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, in der Kultur sowieso und im Sport ja auch. Die Frauen laufen den Männern den Rang ab – und die müssen die „Männerdämmerung“ hinnehmen oder mit der Zeit gehen. Und das vielleicht sogar im doppelten Sinne. Die Frau von heute ist eben selbstbewusst, engagiert, nicht mehr das „Frauchen am Herd“, sondern macht das, was die „Csárdásfürstin“ bereits 1915 praktizierte – einen eigenen „Kopf“, einen starken Willen und viel Durchsetzungsvermögen zu haben. Nur ist das heute schon selbstverständlicher, wenn auch noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Warum lohnt sich nun ein Besuch der „Csárdásfürstin“ in der Schweriner Fassung 2013? Nachgefragt bei Frau Dr. Ute Lemm, Chefdisponentin und Operndirektorin am Mecklenburgischen Staatstheater

„Unsere Theaterbühne ist seit Jahrhunderten voller starker Frauen…“

Frage: 100 Jahre nach der Uraufführung der „Csárdásfürstin“ entdeckt Schwerin Kálmáns Operette wieder – mit neuem Text und moderner. Warum wird sich aus Ihrer Sicht ein Besuch der „Csárdásfürstin“ 2013 in Schwerin auf alle Fälle lohnen? Was ist das Neue, das Innovative an der Schweriner „Csárdásfürstin“ ab 18. Januar 2013 in der Landeshauptstadt M-V?

Dr. Ute Lemm: Kálmáns Operette ist ein Meisterwerk. Unser Regieteam mit Hendrik Müller, dem Regisseur, Kriss Rudolph, der das Libretto überarbeitet hat, der Choreographin Andrea Kingston und dem Ausstatter Matthias Werner nimmt dieses Stück mit seiner wunderbaren Verbindung aus überreich sprudelnden und einprägsamen Melodien, den geradezu zwingenden tänzerischen Impulsen, dem pointiert formulierten Bezug auf gesellschaftliche Zustände und der Freude an einer bunt schillernden szenischen Ausstattung sehr wörtlich.

Und vielleicht ist das auch besonders an dieser Inszenierung: dass sie so vollständig auf die Verbindung von großen Gefühlen, die in Musik und Tanz ausgedrückt werden, mit einer ganz klar verständlichen Geschichte setzt – und dabei das Vergnügen des Zuschauers an schönen Bildern ebenso bedient.

Frage: Die Frauen starten 2013 in den verschiedensten Bereichen durch – sie haben die besseren Schul- und Uni-Abschlüsse, sind im olympischen Sport erfolgreicher als die Männer, können Bundeskanzlerin, erobern Manager-Posten in der Wirtschaft und sind flexibler als das vermeintlich starke Geschlecht. Ist für Sie da Kálmáns „Csárdásfürstin“, die sich den damaligen Verhältnissen ebenfalls nicht anpasste, faktisch eine Vorreiterin der „Frauen-Power-Bewegung“?

Dr. Ute Lemm: Unsere Musiktheaterbühne ist seit Jahrhunderten voller starker Frauen – ich denke an Susanna in „Figaros Hochzeit“, an Tatjana in „Eugen Onegin“, an Rosalinde in der „Fledermaus“. Beim Schlagwort der „Frauen-Power-Bewegung“ fällt mir vor allem eine kürzlich erschienene Kolumne  ein, die viele mächtige Frauen, wie die englische Queen Mary Tudo,r zitierte: lange vor dem Jahr 2013 haben Frauen sehr erfolgreich „durchgestartet“, und das mit Machtstrategien, die ihnen noch heute nicht zugebilligt werden…

Frage: Operetten gelten als leichte Kost, mehr etwas zur schnöden Unterhaltung, die mehr das reifere Publikum anspricht… Wird die jüngere Generation mit der Schweriner „Csárdásfürstin“ jedoch ebenfalls angesprochen? Ist die „Csárdásfürstin“ 2013 mehr eine „moderne Sissi“ oder eher eine „Lady Gaga“?

Dr. Ute Lemm: Gut gemachte Unterhaltung ist das Schwerste! Und ich glaube, jede Generation lässt sich gern unterhalten. Unsere Theater-Erfahrung zeigt, dass gerade jüngeres Publikum viel offener zu uns kommt, weniger geprägt ist von Erwartungen, wie eine Geschichte erzählt werden müsse, sondern hinschaut und hinhört, wie wir heute etwas erzählen. Wenn das schlüssig, temperamentvoll und witzig, also unterhaltsam ist, dann lassen sich gerade junge Leute begeistern. Deshalb freue ich mich sehr sowohl auf jüngeres wie auch älteres Publikum in diesem Stück.

Frage: Wie viele Vorstellungen der „Csardasfürstin“ sind eigentlich in der Spielzeit 2012/13 geplant?

Dr. Ute Lemm: In dieser Spielzeit spielen wir insgesamt neun Vorstellungen. Nach der dritten Vorstellung am 26. Januar gibt es die einmalige Möglichkeit, nach der Vorstellung mit dem Regisseur der Produktion ins Gespräch zu kommen, persönliche Eindrücke zu schildern und gern auch kritisch nachzufragen.

Letzte Frage: Für Sie ganz persönlich… Welche Bedeutung hat die „Csárdásfürstin“ auch 2013 noch?

Dr. Ute Lemm: Die letzten Probenwochen haben uns allen gezeigt: es ist ein echtes Meisterwerk. Die Melodien lassen nicht los, und ich höre sie trotzdem immer wieder neu. Die Geschichte ist treffend, und das gesamte Team ist mit Freude an der Arbeit. So ein Theaterstück ist deshalb ein Gewinn und ein Vergnügen – und deshalb gehört es auf die Bühne!

Vielen Dank, eine erfolgreiche Premiere und weiterhin eine ebenso erfolgreiche Spielzeit 2012/13 am Mecklenburgischen Staatstheater!

Marko Michels

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