Diskussionen ohne Ende – die Kulturstadt Schwerin

Zwischen „Streichliste“ und neuer Hoffnung

Schwerin ist Kultur- und Sportstadt. Eigentlich … Doch droht nun die subtile Zerstörung des Kulturstandortes Schwerin mit seinem Facettenreichtum, mit seinen unterschiedlichsten Angeboten und mit den verschiedensten Spielstätten? Werden bald Kulturangebote aufgrund von „Geldmangel“ gestrichen? Oder ist am Ende alles gar nicht so schlimm? Schwerin ohne Kultur-Vielfalt, das würde einen Sieg von politisch-wirtschaftlicher Einfalt bedeuten. Schließlich ist Kultur gleich Bildung, bedeutet Wissen, heißt Verstehen – für jüngere wie reifere Generationen. „Galgen-Humor“ oder „bleiche Gesichter“ gibt es angesichts der kulturellen Kürzungspläne in der Kulturstadt Schwerin beileibe nicht.

Wie sieht das die Kunst- und Kulturszene selbst? Nachgefragt bei Schauspielerin Jana Kühn (Jahrgang 1983) …

Marko Michels sprach mit der früheren Leiterin des JugendTheaterClubs des Mecklenburgischen Staatstheaters, die einst an der Theater-Akademie in Zinnowitz studierte, und zurzeit Gastrollen am MST („Sommernachtstraum“, „Hair“ oder „Yellow Submarine“) hat, über die Kürzungsdiskussionen in Schwerin und deren Zukunft als Kulturstadt, über die Bedeutung von Kunst und über ihre eigene kulturelle Entwicklung.

„Wenn es brennt, dann schweißt das alle zusammen!“

Frage: Frau Kühn, Schwerin wird vor allem wegen seiner kulturellen Angebote geliebt. Diese Liebe zur Stadt dürfte allerdings erkalten, wenn der wenig „künstlerische Rotstift“ angesetzt wird. Wie beurteilen Sie die Diskussionen um die kulturellen Kürzungspläne in Schwerin?

Jana Kühn: Diskussionen sind nötig und gut, gerade dass wenigstens noch diskutiert wird, anstatt einfach radikal zu kürzen – wobei dieses  schleichend – zumindest am Theater passiert. Täglich gibt es neue Hiobsbotschaften über Dinge, die nicht mehr möglich sind, die eingespart werden müssen, etc.. Da leidet die Qualität und manchmal auch die Motivation. Jedoch schenkt mir und den Kollegen etwas Bestimmtes Kraft: Aktionen des Theaters und kultureller Einrichtungen haben es geschafft, die Menschen dieser Stadt gemeinsam in großer Zahl auf die Straße zu bringen und sich ihrer Stimme bewusst zu machen.

Das ist, einmal abgesehen vom Zweck zu dem dieses dient, eine großartige und bewegende Erfahrung für mich. Schweriner machen sich stark für ihre Stadt, für Kultur, für Bildung. Das ist der Vorteil einer kleineren Stadt wie Schwerin, wenn es brennt, dann schweißt das alle zusammen! Wunderbar! Ich hoffe, dass das in der Politik Erfolg hat!

Frage: Es gibt die geflügelten Worte „Geld regiert die Welt …“ Aber Profitstreben geht stets zu Lasten Zweiter oder Dritter, ist damit weder christlich, solidarisch noch demokratisch. Regiert das Geld, das Profit-Denken mittlerweile auch die Kulturangebote?

Jana Kühn: Großes Thema! Ganz klar regiert das Geld. Überall! Um genauer zu sein: Das Theater, eigentlich jede Kultur-Einrichtung oder selbst freischaffende Schauspieler, wie ich, müssen versuchen, mit unserer Kunst Geld einzuspielen. Wenn man nicht ausreichend gefördert wird, geht es um die Existenz. Kultur und Kunst ist letztendlich ein Luxusgut, aber eines, das unbedingt nötig ist. Warum, wissen wir alle selbst.

Dabei geht es nicht um Profit, also um Einnahmen ÜBER den Bedarf hinaus, sondern um ganz einfache Fragen: Wie überlebe ich? Wie überlebt meine Kunst? So versucht man immer, Kunst und Geld zu verbinden, weil man das muss – und das ist ein sehr schmaler Grad.

Frage: Welche Bedeutung hat Kultur aus Ihrer Sicht – gerade für die jüngere Generation?

Jana Kühn: Eine große Rolle! Das ist gar keine Frage! Kultur muss eine der wichtigsten Rollen für junge Menschen spielen. Damit meine ich, wir, als Künstler, Kulturschaffende, Pädagogen, usw., müssen Jugendlichen Möglichkeiten zeigen, sie bilden, Phantasie wecken, Zukunftsvisionen eröffnen. Das ist unsere Aufgabe.

Wir müssen zeigen, dass neben Computern, Fernseher und Handy noch etwas anderes existiert. Ich bin nicht völlig gegen Computer, alles wandelt sich, das ist klar. Ich, in einer Kleinstadt bei Berlin aufgewachsen, bin meinen Eltern so dankbar, dass sie es möglich gemacht haben, mich zur Musikschule zu schicken. Ich durfte Theater spielen, im Chor singen, in der Schulband spielen, meine Deutschlehrerin ist mit uns ins Theater gegangen, innerhalb des Kunstkurses besuchten wir Ausstellungen. Das alles hat mich beeindruckt, geprägt und zu dem gemacht, was ich bin.

Jedoch weiß ich auch, dass das alles nur möglich war, weil es das in unserer kleinen Stadt und Umgebung gab. Es gab kulturelle Angebote direkt vor der Nase. Kultur schafft Bildung und bewegt! Das ist wichtig!

Frage: Wie beurteilen Sie die Zukunft des Kulturstandortes Schwerin?

Jana Kühn: Der Ort wird durch seine Menschen beseelt. Viele meiner Schweriner Freunde lieben die Stadt und ihre Menschen, wie ich – und versuchen sie mit Herz, Seele und Kultur zu bewegen. Solange es diese Menschen gibt, hat auch Schwerin eine phantasievolle Zukunft!

Vielen Dank! Und weiterhin beste Engagement, maximale Erfolge und viel Hingabe für die Hingabe zur Kunst und Kultur!

Marko Michels

Hinweis: Am 4. Mai 2013 findet im Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters in Schwerin das Konzert von „Jana Kühn & Friends in Concert“ zur Thematik „Lieder an das Leben 2“ statt …

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