Ein Sachse und viel Samba

Von Peter Sodann bis Rosani Reis …

Lesung am 30.April im Zeughaus Wismar.

Autobiographie P.SodannZu Gast war der Schauspieler, Kabarettist, Ex-Intendant und vor allem „Überlebenskünstler“ Peter Sodann, ein „Unangepasster“ zwischen den Gesellschaftsformationen, ganz gleich, wie sich diese etikettieren.

Und, dass ein „Querdenker“ wie Peter Sodann dann gleich, in der deutschen Realität 2008, anecken kann, wurde Ende April deutlich.

Etwas gehetzt, total „down“ erschien er zur Lesung seiner Autobiographie „Keine halben Sachen“ … „Halbe Sachen“ hatte der Sachse allerdings vorher erlebt.

Das „Unternehmen Zukunft“, die „Deutsche Bahn“, hatte ihn ausgerechnet am Tag seiner Wismarer Lesung zwei Stunden in Wittenberge „hängen lassen“ – und das ging auch an Peter Sodann, der zusammen bereits mit Norbert Blüm im CAPITOL Schwerin in jüngerer Vergangenheit eine umjubelte Veranstaltung hatte, nicht spurlos vorüber.

Peter Sodann in Wismar„Ich ärgere mich nicht über die zwei Stunden Wartezeit in Wittenberge, sondern vielmehr darüber, dass die Herren Mehdorn und Tiefensee unsere Bahn verkaufen wollen, etwas, was ihnen gar nicht gehört, sondern uns allen !“, traf er mit seiner Meinung ebenfalls den „Nerv“ des Publikums.
Aber auch der „Start“ der Lesung im Wismarer Zeughaus war alles andere als glücklich.

Erst kippte das Wasser-Glas, dann fiel die Lese-Lampe auseinander und dann war das Mikrofon ungünstig eingestellt – ja, wer sich einen ehemaligen TATORT-Kommissar aus Sachsen an die Küste einlädt, muß schon mit dem „Schlimmsten“ im positiven Sinne rechnen.

P.SodannDann „lief“, redete sich Peter Sodann aber in Hochform, ließ kaum ein gutes Blatt an der gegenwärtigen politischen und ökonomischen „Klasse“.
Immer wieder blickte er dabei – facettenreich – auf seinen persönlichen Werdegang zurück:

Der Vater fiel im Krieg, früh eckte er in der realsozialistischen Wirklichkeit an, Tadel und Verweise waren an der Tagesordnung, „schlimm und dennoch eine wichtige Erfahrung“ war die Zeit seiner politischen Haft in der DDR – das prägte fürs ganze Leben.

PSSodann klagt aber nicht an, klärt auf, gibt Anlass zum Nachdenken: „Ich will die DDR nicht zurück, aber ich lasse sie mir auch nicht nehmen !“.
Wenn alle gesamt-deutsch jubeln, will Sodann nicht unbedingt dabei sein. Auch diese Gesellschaft hat mehr als nur „Macken“. Peter Sodann ist dennoch Idealist geblieben, ein Verfechter des „dritten Weges“ (?) … Zum DDR-Sozialismus meint er rückblickend: „Ein Haufen Idioten kann eine gute Idee zum Scheitern bringen !“.

Die 1.Mai-Demos läßt er sich zudem nicht nehmen (Eine seiner Losungen nach 1990 war: „Den Sozialismus haben wir kaputtgekriegt, den Kapitalismus schaffen wir auch noch !“) – allerdings ohne DGB-Vertreter. „Die sitzen doch in den Vorständen der Konzerne, machen dort mit. Was haben sie da zu suchen !“, ist die Auffassung Peter Sodanns.

Er eckt eben weiter an und wird dieses (hoffentlich) künftig weiterhin tun !

P.Sodann mit Fans in WismarSein Leben, ein einziger Kampf – gegen bornierte Funktionäre, unsympathische Hochschullehrer, kommunistische Betonköpfe, alte und neue Blockflöten, gegen eine Aufnahme-Kommission mit klassischem Fehl-Urteil („Peter Sodann hat keinerlei schauspielerische Begabung !“) und gegen die „Windmühlen der Zeit“ – aber auch unterstützt von geistreichen Zeitgenossen (z.B. Helene Weigel) und Weggefährten !

Aufgeben, das gibt es für ihn nicht, und so wird er weiter Freund und Feind durch den „Kakao ziehen“ und die „Leviten lesen“ – in der Hoffnung auf Besserung der Verhältnisse.

Sodann macht ebenfalls nicht vor den (vermeintlich) politischen (in diesem Fall weiblichen) „Alpha-Tieren“ halt. Zu den neuen Vorschlägen der Familienministerin Ursula von der Leyen („Väter müssen und sollen stärker an der Erziehung der Kinder beteiligt werden …“) meint er verschmitzt mit Hinweis auf eine alte „Weisheit“: „Was Milch trägt, das ist feminin. Was Eier trägt, ist maskulin. Die einzigen Ausnahmen sind, und das merke dir genau, der Milchmann und die Eierfrau !“.

Peter Sodann – 2008 immer noch in Höchstform und bereit für sein viertes Buch !

Samba bis „kurz vor Mitternacht !“

Samba-Rhythmen in einem mecklenburgischen Theater ? Caipirinha statt „Bockbier“ ? Tänzerische Leichtigkeit statt mecklenburgische Bräsigkeit ?

Das – und noch viel mehr – gab es beim Konzert der brasilianischen Sängerin Rosani Reis und ihrer Band im Theater Wismar am 2.Mai.
Heißblütig, mit markanter Stimme und interessanten Songs präsentierte die Brasilianerin das Lebensgefühl ihrer Heimat im „coolen Wismar“, bei bestem „Fritz-Walter-Wetter“ …

Traditionelle Lieder und moderne Popsongs gehörten dabei zum Repertoire von Rosani Reis – und das Wismarer Publikum war von dem südamerikanischen „Energiebündel“ echt hingerissen.

LMit ihrer Band erinnerte sie an die musikalischen Wurzeln ihrer Heimat. Afrobrasilianische Einflüsse wurden neben Rhythmen wie Jongo, Congado und Mozambique bis zum Samba in ursprünglicher Form musikalisch interpretiert.

Brasilianische Lebensfreude pur – in Wismar konnte man diese Anfang Mai (künstlerisch) genießen !

Marko Michels

INFO

Theater-FoyerÜbrigens wurde am 30.April das neue Theater-Foyer in Wismar feierlich eingeweiht. Es umfasst 320 Quadratmeter, ist lichtdurchflutet und beherbergt einen Tresen, den Kassenraum, die Garderobe und die sanitären Anlagen. Das Foyer soll nicht nur als Eingang „herhalten“, sondern ebenfalls für Ausstellungen und kulturelle „Frühschoppen“ genutzt werden. mm

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