Eissport im BUGA-Hoch: Eine Mecklenburgerin hat Winter-Olympia im Visier

Schwerin „mit Anteil“ am Eisschnelllauf-Gold von Helga Haase 1960

Vancouver 2010 – nur noch wenige Monate liegen vor diesem wintersportlichen Großereignis.

EisMit dem gebürtigen Greifswalder Robnin Szolkowy, der gerade in Los Angeles Paarlauf-Weltmeister mit Aljona Sawtschenko wurde, und den Eistanz-Geschwistern Carolina bzw. Daniel Hermann, die ihre „zweite Heimat“ auf Rügen haben, Athletinnen und Athleten mit „M-V-Bezug“ beste Teilnahme- und sogar – im Falle von Robin Szolkowy – beste Gold-Chancen.

Helga HaaseWenn in der kanadischen Stadt das olympische Feuer entzündet wird, dann liegen die Spiele mit dem ersten olympischen Goldmedaillengewinn bei Winterspielen für den DDR-Sport 50 Jahre zurück. Helga Haase, die bis zum Frühjahr 1952 bei der BSG Empor Schwerin Handball spielte, sorgte mit ihrem Sieg über die 500 Meter für einen der Höhepunkte im Tal der Indianerfrau anno 1960.

Eigentlich war das IOC um den weisen IOC-Präsidenten Avery Brundage skeptisch, ob Squaw Valley, ein Ort ohne ansässige Menschen und Häuser, fast nur bestehend aus einer Hotel-Anlage die olympische Aufgabe überhaupt meistern könnte. Doch das „Loch in den Bergen“ (Avery Brundage) erwies sich als „Goldgrube“ – die Vermarktung via TV und Werbebranche ließen Squaw Valley als erfolgreichen Gastgeber zurück.

Walt Disney inszenierte eine atemberaubende Eröffnungsfeier und auch die Unterkünfte und Wettkampfanlagen, viele aufwendig präpariert, genügten höchsten Ansprüchen. Für viel Ärger sorgte hingegen die Weigerung der amerikanischen Gastgeber, eine Bobbahn zu errichten. Das war den Amis dann doch zu teuer, zumal man dort nur leichte Medaillen-Chancen hatte.
Kein Bobsport also in Squaw Valley, dafür feierten aber Biathlon und Frauen-Eisschnelllaufen eine erfolgreiche Premiere.

Im Biathlon setzte sich der Schwede Klas Lestander über den einzigen Wettbewerb in dieser Sportart, die 20 Kilometer, durch. Im Eisschnelllauf der Frauen dominierten die Starterinnen aus der UdSSR: zweimal Gold durch Lidija Skoblikowa über 1500 Meter und 3000 Meter sowie Klara Gussjewa über 1000 Meter. Helga Haase feierte hingegen über die kürzeste Distanz einen goldenen Triumph – ohne Trainer, denn der erhielt kein Einreise-Visum … Silber gab es für sie über die 1000 Meter.

Der Skisport bot großartige Wettkämpfe und einzigartige Momente auch für den deutschen Wintersport. In der Nordischen Kombination gewann Georg Thoma und im Abfahrtslauf belegte Heidi Biebl Rang eins im Abfahrtslauf. Im Spezialsprunglauf setzte sich Helmut Recknagel vor dem Finnen Niilo Halonen und dem Österreicher Otto Leodolter durch.

Sixten Jernberg, der Schwede, gewann den 30 Kilometer-Langlauf; die Russin Maria Gussakowa die 10 Kilometer. Im alpinen Skisport gingen die Goldmedaillen an fünf Länder: Frankreich, Österreich, (West-)Deutschland, Kanada und die Schweiz ( 2 x siegreich).

Für „Träume auf dem Eis“ sorgten im Eiskunstlaufen David Jenkins (Herren), Carol Heiss (Damen) und Barbara Wagner/Robert Paul (Paarlauf). Das kanadische Duo verwies Marika Kilius/Hans-Jürgen Bäumler auf den Silberrang. Das Eishockey-Turnier gewannen die US-Amerikaner vor Kanada und der Sowjetunion. Die Spiele der USA gegen Kanada (2:1) und die UdSSR (3:2) waren Dramatik pur.

Nach Abschluss der 27 Wettbewerbe in 6 Sportarten, ausgetragen vom 18. bis 28.Februar 1960, war die Sowjetunion mit 7 x Gold, 5 x Silber, 9 x Bronze am erfolgreichsten. Gastgeber USA wies 3 x Gold, 4 x Silber, 3 x Bronze auf. Die Deutschen aus Ost und West, im gesamtdeutschen Team, holten 4 x Gold, 3 x Silber, 1 x Bronze (Bundesrepublik: 2-2-1 / DDR: 2-1-0).

AIKANun, ein halbes Jahrhundert später, geht es also nach Vancouver. Und eine Rostockerin, Aika Klein, will dort das olympische Eis erobern. Dass eine waschechte Mecklenburgerin das Gold vom Eis holen kann, bewies 1992 die gebürtige Wismarerin Jacqueline Börner, die im Eisschnelllauf über 1500 Meter Platz eins belegte. Aika möchte zumindest in Vancouver ins Finale …

„Es kam, wies kommen mußte …“

Aika Klein (Rostock) über ihren Einstieg in den Eissport, ihre Olympia-Erfahrungen und über ihre Hoffnungen für Vancouver 2010

Frage: Aika, Sie sind bereits Olympia erprobt. Was verbinden Sie mit dem olympischen Gedanken ? Und: Wo gefiel es Ihnen bislang am besten ?

AIKAAika Klein: Naja, sooo viel Olympia-Erfahrung habe ich nun ja auch wieder nicht … Aber sowohl Olympia 2002 in Salt Lake City als auch Olympia 2006 in Turin waren reizvoll. Allerdings gefiel es mir in Salt Lake City noch etwas besser; in Turin lagen ganz einfach die Wettkampfstätten zu weit auseinander. Das olympische Flair, die Begeisterung in der Stadt fehlten. In Salt Lake City war alles größer, imposanter und pompöser. Man wurde als Sportlerin oder als Sportler auf der Straße angesprochen: „Hey, woher kommst Du, was machst Du !“. Diese Herzlichkeit war in Salt Lake City viel ausgeprägter.

Frage: Vor 50 Jahren, bei Winter-Olympia 1960 gewannen Helga Haase und Helmut Recknagel das erste Winter-Olympia-Gold für Deutschland-Ost nach dem 2.Weltkrieg, nachdem Bobsportler Anderl Ostler 1952 für das erste winterliche Olympia-Gold nach Kriegsende sorgte. Wenn Sie als Short-Trackerin einmal zurückblicken und über den  „Tellerrand“ schauen: Welche Olympioniken der Vergangenheit begeisterten Sie ?

Aika Klein: Gerade im Short Track gibt es sicherlich eine Reihe von Athletinnen oder Athleten, deren Karriere ich verfolgte, deren Leistungen mich auch beeindruckten. Nur: Ich orientiere mich weniger an anderen Sportlern, schaue schon nach links oder rechts, aber habe meine Wettkämpfe im Blick. Den Willen und die Motivation etwas zu erreichen, hat jede Sportlerin, jeder Sportler – und ich natürlich ebenfalls.

Frage: Sie selbst sorgten bei der EM 2009 in Turin maßgeblich, dass die deutsche Staffel Silber gewann. Nun sind Korea, China, Japan und Nordamerika das „Maß aller Short-Track-Dinge“. Hoffen Sie heimlich doch auf eine Medaille in Vancouver ? Was erwarten Sie von den kanadischen Olympia-Gastgebern ?

AIKAAika Klein: Wir hatten ja schon einen vorolympischen Test, einen Weltcup, in Vancouver und mir gefällt es dort sehr. Schöner als Turin, aber auch schöner als Salt Lake City. Die Landschaft ist herrlich, das Meer, die Berge. Ich, als echter Natur-Mensch, brauche das – besonders das Meer. Zudem verfolgte ich im Fernsehen im Winter die Biathlon-Wettbewerben in Whistler – eine herrliche Anlage.

Ich bin davon überzeugt, dass es tolle Spiele werden. Zu den Medaillenaussichten: Wegen der Übermacht aus Korea oder China habe ich keine „Komplexe“, dazu liebe ich meinen Sport zu sehr. Natürlich sind beide Länder der Welt im Short Track weit voraus – auch vor Kanada und den USA. Aber einen Platz im Finale könnten wir, die deutsche Staffel, vom Leistungspotential schon erreichen. Mit gaaanz viel Glück sogar eine Bronzemedaille. Aber das ist ein Traum.

Die Realität wäre eine Final-Teilnahme. In Turin wurden wir Sechste, in Vancouver könnte mehr drin sein. Aber entscheidend ist auch die Tagesform. Ansonsten hat Short Track in China und Korea aber eine größere Tradition, man hat das entsprechende Know-how und kann aus ungemein vielen Talenten auswählen, denn in Korea ist Short Track nun einmal die Wintersportart Nr.1.

Frage: Wie sieht Ihre Vorbereitung in den kommenden Monaten aus ?

AIKAAika Klein: Im April waren wir zwei, drei Wochen auf dem Eis und hatten dann noch ein Trainingslager auf Ibiza, wobei Radfahren und Kraftsport im Vordergrund standen. Ab Juni sind wir nun jeden Tag auf dem Eis. Bis zum Beginn der Weltcup-Saison im September wird es auch so bleiben. Wir sind schließlich eine Eissportart !

Frage: Wie gelangten Sie eigentlich zum Short-Track. Zwar besitzt Rostock eine gute eissportliche Tradition, aber wie kam eine norddeutsche Nixe, wie Sie, auf das Eis-Oval ?

Aika Klein: Ich war zunächst Wasserspringerin und dann Turnerin. Zum Eissport hatte ich zunächst keine größeren „Beziehungen“, hier spielte der Zufall Schicksal. Meine Freundin und ich liefen privat auf dem Eis, schauten uns dann die Short Track-Wettkämpfe in Rostock an – und meine Freundin wollte unbedingt zu den Short Trackern. Notgedrungen begleitete ich sie. Die ersten Erfahrungen auf dem Eis waren nicht so besonders.

Wir bekamen dann noch Eishockey-Schlittschuhe, nicht gerade die „Bringer-Utensilie“, um erfolgreich auf dem Eis zu laufen. Mein Einstiegsjahr war 1996. Die erste Saison war alles andere als optimal, viele Stürze, viel Frust. Aber ich kämpfte mich durch, war erst nur dreimal, dann auch sechsmal pro Woche beim Training. Ich biss mich durch. Dann erfolgte ein Start bei den Junioren-WM – ein Motivationsschub.

Und in meinem ersten Jahr in der Nationalmannschaft, 2002, durfte ich mit nach Olympia – die Erfüllung eines ganz großen Traumes. Ja, so war das mit dem Einstieg in den Short Track – nichts geplant, es kam, wie es kommen musste.

Frage: Einer der herausragenden Rostocker Short-Tracker der letzten Jahre ist Arian Nachbar, der „nur“ noch Trainer ist. Gibt es noch gemeinsame Trainingseinheiten mit ihm – oder sind Sie als Wahl-Dresdnerin ausschließlich im Sachsen-Ländle ?

Aika Klein: Doch es gibt rege Kontakte in die Heimat, aber in Dresden ist die gesamte deutsche Nationalmannschaft im Short Track wohnhaft. Die Bedingungen, die Halle dort sind erstklassig. Ich bin aber sehr oft, an den Wochenenden, in Rostock. Allerdings meistens bei der Familie. Zur Ostsee fühle ich mich nach wie vor hingezogen.

Frage: Short Track ist sicherlich Ihre Leidenschaft. Was machen Sie neben der Eisfläche. Welche beruflichen Herausforderungen müssen Sie meistern ? Welche Interessen haben Sie ?

AIKAAika Klein: Ich studiere Wirtschaftswissenschaften an der Fern-Universität Hagen, stehe kurz vor dem Abschluss und muß nur noch meine Diplomarbeit schreiben. Es war sehr hart, Studium und Sport unter „einen Hut“ zu bringen, aber es gelang.

Ansonsten bin ich ein echter Korea-Fan, lerne die Sprache und hatte im letzten Jahr drei Monate in der Olympiastadt von 1988, in Seoul, gelebt. Mich interessiert die Geschichte und Kultur des koreanischen Volkes, dafür interessiere ich mich sehr stark. Auch handwerklich bin ich schon sehr begabt, ich koche sehr viel, backe gern – und es schmeckt sogar allen !

Frage: In knapp neun Monaten ist Winter-Olympia 2010 schon wieder Geschichte. Welche Schlagzeile wäre Ihnen am liebsten ?

Aika Klein: Aika stand mit der deutschen Staffel im Finale – und … !

Dann maximale Erfolge für Vancouver 2010 !

Steckbrief – Aika Klein

Geburtsjahr: 1982 – Geburtsort: Rostock – Verein: ESV Turbine Rostock – Wohn- und Trainingsort: Dresden – Trainer: Karin Schmidt,.Eckhardt Steckel, Markus Tröger – Beruf: Studentin – Erfolge: bei Olympia: 1 x 6. / 1 x 8. , bei WM: 1 x 5. / 1 x 8., bei EM: 1 x Silber, 3 x Bronze, 2 x 4.

M.Michels

Foto: 4.-7.: Aika KLein, die Hanseatin auf dem Eis, in Aktion. (Aufnahmen: DKB, mit freundlicher Genehmigung) / 1.: Robin Szolkowy (in Greifswald geboren)/Aljona Sawtschenko, die Paarlauf-Weltmeister. (TV/Eurosport / M.M.) / 2.: Helga Haase, die einst in Schwerin Handball spielte. (DOG) / 3.: Jacqueline Börner-Schubert, die gebürtige Wismarerin, gewann 1992 in Albertville Eisschnelllauf-Gold über 1500 Meter. (M.Michels)

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