Fechtsportliche Herausforderungen für Schwerin

Der Vize-Präsident des Landesfechtverbandes, Maik Schulz, im Gespräch

Kürzlich erzielten drei Athleten der Fechtgesellschaft Schwerin einen außerordentlichen Erfolg bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften. So holten die jungen Florett-Fechter die erste nationale Medaille seit 25 Jahren nach Mecklenburg-Vorpommern – in diesem Fall Bronze in der B-Jugend im Herrenflorett Mannschaft.
Ebenfalls vor 25 Jahren, im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung, gründete sich der Landesfechtverband MV. Deren Mitglieder sind heute die Hochschulsportgemeinschaft Rostock, der TuS Makkabi Rostock, der PSV Rostock, die Fechtgesellschaft Schwerin und der Fechtclub Greifswald.

Wie es seither um den Fechtsport in MeckPomm bestellt ist, erklärt uns Maik Schulz, seines Zeichens Sportwart und Vize-Präsident des Landesfechtverbandes sowie Mitglied des Lehrausschusses des Deutschen Fechterbundes.

„Bleiben weiterhin engagiert…“

Frage: 25 Jahre nach der deutschen Einheit: Wie verlief die Entwicklung des Fechtsportes in MV?

Maik Schulz: Es änderte sich das Fördersystem. Weitere Sportarten kamen dazu. Die Sorgen und Nöte der Bürger in MV waren nicht auf den Sport gerichtet. Ständig neue Gesetze im Bildungssystem machen die Dinge zudem nicht einfacher – nicht zuletzt im Hinblick auf die Schaffung von Ganztagsschulen. Auch der Umgang der Medien mit Randsportarten war und ist nicht immer einfach. Was das Sportliche betrifft: Waren in der DDR noch Fachkräfte sowie hoch qualifizierte Trainer im Nachwuchsbereich verantwortlich, so wird dieser Bereich heute eher stiefmütterlich behandelt. Das Fehlen eines konstruktiven Berufsbildes des Trainers und die damit verbundene Perspektivlosigkeit der jungen Sportler, die in diese Berufsrichtung einmal einschlagen wollen, machen die nachhaltige Entwicklung des Leistungssportes unmöglich.

So werden folgerichtig Medaillengewinne durch Nischen-Sportarten zunehmen. Oder wir werden um eine Spezialisierung im Sport nicht herum kommen – siehe die exorbitante Förderung des Eisschnelllaufens in den Niederlanden, die nur dank ihrer überragenden Erfolge dort bei den Winterspielen in Sotschi Platz 5 im Medaillenspiegel belegten.

Unser Verein trotzte bislang allen Widrigkeiten und so konnte sich die Fechtgesellschaft Schwerin als Zentrum für Nachwuchsleistungssport bei der Ernennung durchsetzen – als ein Verein von neun gegenüber 240 Bewerbern.

Frage: … und die aktuelle Situation? Wie sieht die Nachfrage bei den Kindern und Jugendlichen aus? Gibt es vielversprechende Fecht-Talente?

Maik Schulz: Die fehlende feste Struktur im Deutschen Fechterbund macht die Arbeit nicht einfacher. So gibt es ein Zentrum für Nachwuchsleistungssport, dazu Bundesnachwuchszentren, Bundesleistungsstützpunkte und Bundesleistungszentren. Weiterhin bestehen noch Strukturen in den neuen Bundesländern mit den Sportgymnasien (früher KJS). Der Versuch, die heute so genannten Elite-Schulen des Sports mit diesen bestehenden Strukturen zu vergleichen, zeigt die Schwierigkeiten in den Argumentationen auf.

Nichtsdestotrotz konnte die Fechtgesellschaft Schwerin aufgrund der alten Kooperationen „Grundschule-Verein“ oder „Verein-Sportgymnasium“ Talente entdecken und fördern. Namen, wie Theresa Koppelwiser, Lena Taplik und Ann-Kathrin Schmidt stehen für die Erfolge unseres Vereins.

Frage: Wie ist Ihre Prognose zur Entwicklung in den nächsten Jahren?

Maik Schulz: Wie in den vergangenen Ausführungen dargelegt, besteht nur die Möglichkeit sich zu spezialisieren. Hierbei sind die Altersstrukturen gemeint. Da es in Schwerin keine Universitätsstrukturen gibt, verlieren wir prinzipiell unsere Leistungsträger im Junioren-Bereich. Weiterhin sind unsere finanziellen und strukturellen Möglichkeiten zu gering, um das gesamte Spektrum (Altersklassen) abzudecken. Dennoch bleiben wir engagiert, um möglichst vielen Talenten, Freude an unserer so interessanten und anspruchsvollen Sportart zu vermitteln.

Vielen Dank
Die Fragen stellte Marko Michels

 

Exkurs: Olympische Fecht-Traditionen in M-V

Eine gewisse olympische Fecht-Tradition kann man auch Mecklenburg-Vorpommern nicht absprechen. So war der gebürtige Rostocker Gerd May (Jahrgang 1953) 1980 in Moskau Mitglied des DDR-Säbel-Teams. Er belegte mit dem Team Platz sechs. Bernd Uhlig (1942 in Wiek auf Rügen geboren) war 1968 und 1972 auf der olympischen Planche mit dem Degen aktiv. Mit der Mannschaft kam er auf Rang fünf. Und 1972 belegte er – zusammen mit Eckhard Mannischeff (gebürtiger Wismarer, Jahrgang 1943) – inoffiziell Platz 10. Der Neustrelitzer Reinhard Münster war im selben Jahr ebenfalls olympischer Fechter – allerdings für die dänische Mannschaft. Auch für dies Skandinavier sprang eine inoffizielle Top-Ten-Platzierung heraus.

Ein Fechter, der seine Heimat ganz in der Nähe Schwerins, in der Gemeinde Seehof, hat, war Franz Rompza. Der 1934 geborene Olympionike glänzte sowohl 1964 (Rang 6) als auch 1968 (Rang 4) im bundesdeutschen Degen-Team.

Einige Jahrzehnte später, 2012 in London, erkämpfte Simone Briese-Baetke bei den Paralympischen Spielen den Silber-Rang in der Disziplin Degen/Einzel. Die querschnittsgelähmte Athletin startete ihre sportliche Laufbahn beim TUS Makkabi Rostock.

 

Termine 2015

– 30. bis 31. Mai: Deutsche Meisterschaften im Rollstuhl-Fechten in Greifswald
– 15. bis 22. Juli Weltmeisterschaften in Moskau

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