Fußball-WM: Deutschland im Viertelfinale – England mit „Vuvuzela-Tor“

Schwerin im Zeichen der„Meetings“: Das letzte Juni-Wochenende waren wahrlich Tage der ganz wichtigen „Meetings“.

Zasumi & Co.Das „Angela meets Barack“ funktionierte beim G 20-Gipfel in Toronto nur mittelprächtig. „Jazz meets Schwerin“ hieß es hingegen deutlich konzertierter und künstlerischer am 26.Juni im Konservatorium Schwerin. „Martina Gedeck meets Gershwin“ war im Capitol angesagt. Damit wurde an die Film-Premiere „Rhapsody in Blue“ des Regisseurs Irving Popper vor 65 Jahren und damit natürlich ebenfalls an den berühmten Komponisten der Rhapsodie, George Gershwin, erinnert. „Macht meets Schicksal“ lautete das „Motto“ auf dem Alten Garten. Dort feierten die Schlossfestspiele 2010 am 25.Juni mit Verdis „Macht des Schicksals“ eine gelungene und sonnige Premiere. „Pinguin meets Zoo“ ließ die Herzen der Fans der Schweriner Humboldt-Pinguine beim „Großen Pinguin-Fest“ im Zoo höher schlagen. Selbstverständlich gab es da noch etwas: „Deutschland meets England“ war der Klassiker im Achtelfinale der 19.Fußball-Weltmeisterschaft, mit mehr als 5000 Fans beim WM-Public Viewing auf der Freilichtbühne. Und diese 90 Minuten werden auf alle Fälle in die Fußball-WM-Annalen eingehen. Einerseits boten beide Teams das bislang beste WM-Spiel, andererseits litt das Spiel unter einem Referee, der am Ende das Spiel maßgeblich mit beeinflusste. Jedoch: Ein junges deutsches Team knüpfte phasenweise an beste „Sommer-Märchen 2006“-Zeiten an.

Landesjugend Jazz-OrchesterWas die deutsche Auswahl zwischen der 10. und 30. Minute bot, war bester Offensiv-Fußball. Bastian Schweinsteiger, der eine starke Partie zeigte, Thomas Müller, der Münchener Wirbelwind, der mit den „Three Lions“ wahrlich „Mietzekatz und Maus“ spielte, und ein quirliger Mesut Özil kickten die Engländer schwindelig. Völlig verdient erzielte Miroslav Klose in der 20.Minute das 1:0. Und Deutschland setzte nach – in einer Phase, in der sich Wayne Rooney und sein Team endlich vom deutschen Dauer-Druck zu befreien versuchte, kam Lukas Podolski zu seinem Tor: 2:0 in der 32. Minute. Aber wie aus dem „Nichts“ kamen die Engländer zurück, schossen das 2:1 durch Upson in der 37. Minute. Wieder fast alles offen.
Dann, drei Minuten später: Frank Lampards Weitschuss prallte von der Unterlatte des Tores – hinter der Linie – zu Boden. Aber der uruguayische Referee Jorge Larrionda entschied kein Tor. Fast wie 1966. Während damals ein „Treffer“ vor der Tor-Linie für England (gegen Deutschland) als „drin“ gewertet wurde, hatten die Engländer dieses Mal Pech. Lampards regulärer Treffer wurde nicht gegeben. Damit nahm der Referee auf das Spiel entscheidenden Einfluss. Der folgende Ablauf wäre ansonsten nicht so erfolgt.

WährProben für end die Engländer nach der Halbzeitpause nun die Deutschen schwindelig spielten, Pechvogel, eigentlich Glückrabe…, Frank Lampard traf dabei in der 53. Minute nur die Latte, reagierte das deutsche Team nur noch. Doch wieder war der „Fußballgott“ mit Jogi Löws Team gnädig. Thomas Müller, die Entdeckung dieser WM sorgte in der 67. Minute für das vorentscheidende 3:1 – dieser Treffer ging direkt in das englische Fußball-Herz. Weitere drei Minuten später, in der 70. Minute, war es erneut Thomas Müller der für die deutsche Plan-Erfüllung sorgte, die da lautete „England schlagen. Achtelfinale abhaken. Und vielleicht sogar Weltmeister werden!“. Die englischen „Fußball-Löwen“ hatten „ausgebrüllt“…

Deutsc
hland auf dem Weg zum vierten Titel?! – Aber so weit ist es noch lange nicht. Gegen den kommenden Gegner Argentinien, der auch von einem Abseitstor gegen Mexiko profitierte, wird sich „Team Germany“ weiter steigern müssen. Dass sie das können, haben sie hinlänglich bewiesen. So übrigens auch 2006 beim Viertelfinale. Da war Argentinien schon einmal der Favorit. Aber Deutschland kam weiter. Für die Engländer gilt nunmehr „Wunden lecken“. Der nicht gegebene Treffer wird wohl für immer als „Vuvuzela-Tor“ in die Fußballgeschichte eingehen. „Eingegangen“ ist an diesem 27. Juni auch die englische National-Elf. Denn nicht gegebenes Tor hin oder her – die englische Spielweise war ganz einfach zu „altbacken“, um 2010 erfolgreich zu sein.

Ein Blick in die englisch-deutsche Fußball-Historie: Zwischen 0:9, „Wembley-„ und „Vuvuzela-Tor“

Pinguine im Schweriner ZooFußballspiele Deutschland gegen England war in der Vergangenheit fast immer Duelle von besonderer Bedeutung sowie Brisanz. Der „Lehrmeister von heute“, die Turniermannschaft aus Deutschland, gegen das Mutterland des modernen Fußballsportes. Stets ging es „hoch her“, meistens war es nie langweilig, auch wenn deutsche und englische Fußball-Fans sowie Presse-Vertreter mit recht eigentümlicher Leidenschaft die Spiele begleiteten. Vor 102 Jahren gab es das erste offizielle Aufeinandertreffen zwischen Deutschland und England. Am 20. April 1908 setzte es eine klare 1:5-Niederlage der damaligen deutschen Kicker. Ein Jahr später reiste die deutsche Auswahl nach England: Wieder konnten die deutschen Spieler mit den Engländern nicht mithalten. In Oxford musste eine noch deutlichere Niederlage hingenommen werden – 0:9. Im Jahr 1911 konnte gegen England zumindest ein Unentschieden erreicht werden: 2:2.
Aber es sollte noch weitere 57 Jahre dauern, bis der erste Erfolg gelang. Am 1. Juni 1968 konnte dank eines Tores vom „Kaiser Franz“ in der 82. Minute in Hannover das „Königreich“ mit 1:0 erstmals aus deutscher Sicht bezwungen werden. Als hätte Franz Beckenbauer damit einen „Fluch“ abgewendet, hatten die Engländer mit den fußballsportlichen Deutschen danach wenig Grund zur Freude. Bei großen Turnieren setzten sich in den wirklich wichtigen Partien fast immer die deutschen Fußballer durch.

BegonPublic Viewing auf der Freilichtbühnenen hatte dabei alles mit einem „Trauma“ – allerdings für den deutschen Fußball. Das Endspiel um die WM 1966 wird wohl auf ewig vor allem mit dem „Wembley-Tor“ in Verbindung gebracht werden. 4:2 nach Verlängerung für England hieß das End-Resultat. Aber nur vier Tore davon waren regulär. Haller traf damals für Deutschland in der 12. Minute zur 1:0-Führung, Hurst glich sechs Minuten später aus – und Peters schaffte 12 Minuten vor Spielende die vermeintliche Entscheidung. Doch faktisch mit der letzten Aktion erzielte Weber das 2:2. Verlängerung.

WM-Public ViewingUnvergessen bleibt das folgende Geschehen: 11. Minute der „Extra-Time“. Hurst kommt frei zum Schuß. Der Ball knallt gegen die Unterseite der ovalen Querlatte. Prallt zurück auf den Rasen. Das Stadion in Ekstase. Die englischen Spieler heben die Hände. Schiedsrichter Dienst aus der Schweiz ist wankelmütig, geht zum Linienrichter Bachramow aus der UdSSR. Kurze Beratung. Es wird Tor für Englang gegeben. Uwe Seeler beschwichtigt. Das deutsche Team zeigt große sportliche Haltung. Kurz vor Abpfiff der Verlängerung kommt Hurst noch zum Tor-Erfolg: 4:2-Endstand. Auch dieses Tor hätte nicht anerkannt werden dürfen, da sich bereits jubelnde englische Zuschauer auf dem Spielfeld befanden. Dieser 30. Juli 1966 war der Ausgangspunkt für packende deutsch-englische Duelle in der Folgezeit. Bei den Weltmeisterschaften 1970 in Mexiko gab es ein umkämpftes 3:2 nach Verlängerung für Deutschland im Glutofen von Leon. Die Engländer führten bis zur 50. Minute bereits mit 2:0, ehe – dank zweier englischer Torwart-Fehler (Der unglückliche Peter Bonetti musste den gesundheitlich angeschlagenen Stamm-Goalie Gordon Banks ersetzen!) – Beckenbauer (68. Minute), Seeler (82. Minute) und in der „Extra-Time“ Gerd Müller (108. Minute) die Wende gelang. Bei den WM 1982 in Spanien, in der Zwischenrunde, gab es dann ein „Schlafwagen-Duell“ zwischen den deutschen und englischen Kickern. 0:0. Fußball zum Gähnen. Dafür entschädigte das WM-Halbfinale 1990 die Fußball-Fans, das an Dramatik kaum zu überbieten war. Deutschland führte seit einem Tor von Brehme in der 60. Minute, sah schon wie der Sieger aus. Aber Lineker holte England zurück ins Spiel und markierte 9 Minuten vor Schluß das 1:1. In der Verlängerung fielen keine weiteren Treffer und so musste das Elfmeterschießen entscheiden.

Public Viewing auf der FreilichtbühneBeim Stand von 4:4 hielt Torwart Illgner gegen Englands Pearce. Olaf Thon verwandelte anschließend zum 5:4. Und der folgende Waddle schoss am Tor vorbei. Deutschland stand im WM-Finale in Rom 1990 und wurde gegen Argentinien Weltmeister. Sechs Jahre später kam es, dieses Mal bei den Europameisterschaften in England, in London im Halbfinale erneut zu einem „Elfer-Schießen“ im Halbfinale. Beim Stand von 6:6 hielt Köpke gegen Englands Southgate und Andreas Möller machte mit seinem 7:6 alles klar. Deutschland stand im EM-Finale 1996 und bezwang Tschechien mit 2:1 nach „Golden Goal“. Der heutige deutsche Team-Manager Oliver Bierhoff erzielte dabei sowohl den Ausgleich zum 1:1 (73. Minute) in der regulären Spielzeit, als auch das „goldene Tor“ in der 95. Minute. Bei der EM-Endrunde 2000 gelang den Engländern dann ausnahmsweise einmal wieder ein Sieg mit 1:0 gegen Deutschland, das bei diesem Turnier aber insgesamt „neben dem Fußball-Rasen stand“, denn gegen Rumänien gab es nur ein 1:1 und gegen Portugal sogar eine 0:3-Klatsche.

Das letzte Aufeinandertreffen, in einem Freundschaftsspiel, zwischen Deutschland und England war am 19.November in Berlin. Dort, wo sich beide Teams 100 Jahre zuvor bereits gegenüber standen. England gewann mit 2:1. Aber es ging um „nichts“… Wie auch 1908.

Wenn es hingegen um „alles“ geht, gelingt dem deutschen Team, wie bei der WM 2010, sogar ein 4:1.

Text/ Fotos: Michels

1. Viel Prominenz beim Public Viewing im Logen-Sessel auf der Freilichtbühne: Pittiplatsch, WM-Maskottchen Leopard Zakumi, der Osterhase und der WM-Tipp-Becher. Während Pittiplatsch mit seinem 4:1 goldrichtig lag, hatten Zakumi und der Osterhase auf England getippt …
2. Die Schlossfestspiele feierten mit „Macht des Schicksals“ eine klasse Premiere am 25. Juni (noch bis 1. August). Die Macht war am 27. Juni auch mit der deutschen Fußball-Auswahl.
3. Erfrischung nach dem WM-Public Viewing. Die Humboldt-Pinguine hatten am 27. Juni ihr Fest im Schweriner Zoo. (E. Hellmich/Zoo Schwerin).
4.-6. Mehr als 5000 Schweriner Fußball-Fans rockten die Freilichtbühne.

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