Gedanken zum Osterfest

Geht der Charakter des Osterfestes verloren?

Weihbischof Norbert Werbs vom Erzbischöflichen Amt in Schwerin über die Bedeutung des Osterfestes, aktuelle gesellschaftliche Debatten und über Werte in der modernen Gesellschaft

Die Osterfeiertage versprechen freie Tage, Erholung und Abwechslung. Die Bedeutung des Festes ist für viele, vielleicht sogar die meisten, von eher untergeordneter Bedeutung. Ostern ist jedoch mehr als „Ostereier suchen“, beim „Osterhammer“ abtanzen oder der traditionelle Osterspaziergang.

Nachgefragt bei Weihbischof Norbert Werbs

„Unsere Spaß- und Feiergesellschaft hat den Zugang zum Thema der Auferstehung des gekreuzigten Christus verloren …“

Weihbischof Norbert Werbs wurde 1940 in Warnemünde geboren, wurde 1964 zum Priester geweiht und erhielt im März 1981 die Bischofsweihe in Rostock. Im März 1992 wurde er Diözesanadministrator für das Bischöfliche Amt Schwerin, ist langjähriger Vorsitzender der Caritas Mecklenburg e.V.  und seit 1995 Bischofsvikar des Erzbischofs von Hamburg und  zuständig für Jugendseelsorge und Schulfragen bzw. Vorsitzender der Liturgie- und Kirchenmusikkommission im Erzbistum.

Frage: Herr Weihbischof Werbs, Ostern rückt näher. Für die Christen wird dort die Auferstehung Jesu Christi gefeiert, viele Menschen, die sonst nie in die Kirche gehen, ob Mitglieder einer Kirche oder nicht, werden wieder zu den Gottesdiensten am Ostersonntag und Ostermontag kommen. Weihnachten und Ostern sind die Kirchen überfüllt, an den anderen Tagen im Jahr sieht es schon weniger gut aus.

Viele Christen außerhalb Deutschlands meinen, dass Deutschland zwar die schönsten, aber auch die spärlich besuchtesten Kirchen habe. Wird der Glaube, ja die Botschaft von Jesu Christi von den heutigen Kirchenvertretern nicht lebendig und authentisch genug vermittelt?

Weihbischof Werbs:  Leider gibt es in Europa noch andere Länder, in denen die Sonntagsgottesdienste spärlich besucht werden. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Säkularisierung des Denkens und Lebens als durchgängige Grundströmung, Dominanz des technischen und ökonomischen Denkens, das scheinbare „Schweigen“ Gottes und die „Sprachlosigkeit“ vieler Christen.

Frage: Nicht zuletzt werden die Oster-Feiertage als zusätzliche Ferientage betrachtet. Kulturelle Veranstaltungen, ob Konzerte oder Theatervorstellungen, stehen dabei ganz oben auf der Agenda. Aber für viele Heranwachsende ist auch der Disco-Besuch obligatorisch, sogar eine Techno-Party mit dem Thema „Osterhammer“ steht auf dem Programm. Für Sie österlicher Frevel, eine unangemessenes Veranstaltung oder sind Sie da eher tolerant?

Weihbischof Werbs: Mit dem christlichen Osterfest hat das nur den Namen gemeinsam. Es zeigt, dass unsere Spaß- und Feiergesellschaft den Zugang zum Thema der Auferstehung des gekreuzigten Christus verloren hat. Ich finde das betrüblich, auch wenn ich es kaum ändern kann.

Frage: Viele Themen bewegen die Menschen: die Hartz IV-Debatte, der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise, drohende Arbeitslosigkeit, Kinderarmut in Deutschland und anderswo, Missbrauch von Heranwachsenden, Hilfsprogramme für die Dritte Welt, zunehmende Verrohung der Gesellschaft, eine extrem ungleiche Vermögensverteilung nicht nur hierzulande und selbstgefällige Politiker.

Können die Kirchen, speziell auch die katholische, hier überhaupt noch Orientierung und Rückhalt geben? Melden sich beide Kirchen ausreichend zu Brennpunkt-Themen zu Wort?

Weihbischof Werbs:  Zu den genannten Themen äußert sich die Kirche immer wieder, häufig in ökumenischer Gemeinsamkeit. Ob es genügt, ob es anspricht und ob es mehrheitsfähig ist, mag diskutiert werden. Manche Fragen werden allerdings auch unter Christen unterschiedliche Antworten finden, trotz gleicher Gewissenhaftigkeit der Antwortenden.

Frage: Für Schlagzeilen in Deutschland sorgen auch die Frauen. Glaubt man den meinungsbildenden Medien, ist in Deutschland bald „Frauen-Power pur“ angesagt. Frauen, wie die Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Schauspielerinnen Anja und Gerit Kling oder Maria Furtwängler, Sportlerinnen wie Magdalena Neuner oder Maria Riesch, Unternehmerin Elisabeth Mohn, die Schriftstellerin Thea Dorn, Topmodel Heidi Klum, Nobelpreisträgerin Herta Müller, die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes Jutta Limbach oder auch die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, stehen für engagierte und erfolgreiche Frauen in Deutschland.

Hat sich das Frauenbild in der Gesellschaft aus Ihrer Sicht tatsächlich so gravierend verändert oder überdecken die genannten „Power-Frauen“ die realen Verhältnisse? Ist eine „Frauen-Quote“ in der Arbeitswelt wirklich notwendig?

Weihbischof Werbs: Ob eine „Frauen-Quote“ angezeigt ist, wird von Frauen gegensätzlich beurteilt. Wenn eine Quote hilft, dass Frauen ihre gerechte Stellung in der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft finden, halte ich sie für sinnvoll, aber nicht für optimal. Durch die „Power-Frauen“ entsteht – vermittelt durch Medien – leider ein Frauen-Ideal, das viele Frauen überfordert und frustriert. Das gilt allerdings auch für die „Super-Männer“.

Letzte Frage: Wie werden Sie das Osterfest verbringen – im Dienst oder außer Diensten?

Weihbischof Werbs: Im Dienst und außer Diensten.

Dann Ihnen ein frohes und zugleich auch besinnliches Osterfest!

Anmerkung: Weihbischof Norbert Werbs feiert die Osternacht – die sogenannte Auferstehungsmesse – in der Propsteikirche Herz Jesu in Lübeck um 5 Uhr am Morgen und ein Pontifikalhochamt (eine festliche Bischofsmesse) um 10 Uhr in der Propsteikirche St. Anna in Schwerin. Beide Gottesdienste finden am Ostersonntag (24. April 2011) statt.

Die Fragen stellte Marko Michels.

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