Gräter und Scheltz mit ersten Plätzen

Sechstes Schweriner Langstreckenschwimmen mit Erfolgen für Rostock und Schwerin

Schwimmen ist zurzeit im Trend. Erst die Europameisterschaften in Budapest, nun die verschiedenen Weltcup- und regionalen Wettkämpfe. Insbesondere die Landeshauptstadt MV, Schwerin, hat eine besondere schwimmsportliche Tradition. Vor fast 100 Jahren gründete sich hier der Schwimmverein von 1913. 63 Jahre später erkämpfte eine gebürtige Schwerinerin, die Schwimmerin Andrea Pollack, Jahrgang 1961, bei den Olympischen Spielen 1976 den ersten Olympiasieg für Schwerin – Olympia-Gold gab es damals auch für den Boxer Jochen Bachfeld (SC Traktor Schwerin) und den Ruderer Michael Wolfgramm, 1953 in Schwerin geboren.

Ansonsten stehen Namen wie Frank Wiegand, Egon Henninger, Nils Rudolph, Caren Metschuck, Bärbel von Fircks, Alexandra Berlin, Peggy Büchse oder Britta Kamrau für die schwimmsportliche Sternstunden „Made in M-V“.

Idyllischer Rundkurs beim 6. Schweriner Langstreckenschwimmen - rund 2 Kilometer ums Schloss.Nun fand in Schwerin das sechste Langstreckenschwimmen rund um das Schweriner Schloss statt und dabei stimmte ebenfalls die festliche Umrahmung: Am 14. und 15. August fand der MV-Tag in Schwerin statt, das neue Bundesland Mecklenburg-Vorpommern feierte seinen 20. Geburtstag und blickte – nicht nur, aber insbesondere – auf die positiven Momente seit 1990 zurück.

Ausdauer, Willensstärke und ''Temperatur-Resistenz'' sind beim Langstreckenschwimmen gefragt - Petrus war 2010 in Schwerin ziemlich launisch.Positive Momente erlebten hingegen auch die Siegerinnen und Sieger sowie Platzierten des sechsten Schweriner Langstreckenschwimmens. Bei den Frauen (Gesamtwertung) siegte Annike Merthe Scheltz vom SC Empor Rostock in 28:59 Minuten vor Lisanne Großmann vom PSV Schwerin in 31:17 Minuten und Clara Sander vom SV Olympia Rostock. Einen Schweriner Triumph (Gesamtstand) gab es hingegen bei den Männern. Hier belegte Philipp Gräter vom PSV Schwerin in 26:16 Minuten vor Stephan Ernst (Hanse Dom Beach Patrol AG) in 28:18 Minuten und Carl-Louis Schwarz vom PSV Schwerin in 28:46 Minuten den ersten Rang.

Das Schweriner Langstreckenschwimmen, das vom Tri-Sport Schwerin e.V., vom TSV Schwerin/Abteilung Schwimmen, vom PSV Schwerin/Abteilung Schwimmen und von der DRK-Wasserwacht Schwerin organisiert wird, erwies sich als Magnet für Athleten und Zuschauer – ausgetragen vor der prächtigen Kulisse des Schweriner Schlosses und damit einziges „Schloßschwimmen“ dieser Art in Deutschland.

Nachgefragt bei Stefan Schäfer, Leiter des Organisationsteams

„Der Schwimmsport ist doch die schönste Nebensache der Welt !“

Frage: Das Langstreckenschwimmen 2010 war das mittlerweile sechste in Schwerin. Wer hatte eigentlich damals die Idee zu diesem Wettkampf? Wie war die Resonanz bei der ersten Auflage?

Stefan Schäfer: Man muß dazu erwähnen, dass unsere Veranstaltung bereits „Vorläufer“ hatte. So gab es in Schwerin in früheren Jahren im Waldbad Schwimmveranstaltungen. Blickt man noch weiter zurück, so fanden um 1910 die ersten Wettschwimmen statt und im Rahmen des ersten internationalen Schwimmfestes im Schweriner See, das sich seinerzeit an entsprechenden Wettkämpfen in Rostock orientierte, konstituierte sich am 24. August 1913 der Schweriner Schwimmverein.

Blickte man am Wochenende auf die Wettkämpfe beim 19. Drachenbootfestival auf dem Pfaffenteich, so dürften gerade die reiferen Schwimmerinnen und Schwimmer Schwerins noch viele nostalgische Erinnerungen an diese ehemalige „Schwimm-Stätte“ hegen. Ab 1924 organisierte der erwähnte Schweriner Schwimmverein auch jährlich das „Pfaffenteich-Schwimmen“ auf dem Schweriner Pfaffenteich, an dem zahlreiche auswärtige Schwimmvereine teilnahmen. Zu dieser Veranstaltung stiftete der Magistrat Schwerin einen Wanderpreis für die jeweils beste Pfaffenteich-Staffel. Nach dreimaligem Gewinn ging dieser Wanderpreis 1928 dann endgültig in den Besitz des Rostocker Schwimmklubs über.

An diese schwimmsportlichen Traditionen wollten wir dann 2004 anknüpfen, zumal es ja auch in Godern das traditionelle Langstreckenschwimmen gab und Veranstaltungen, wie das Müritz-Schwimmen oder das Wismar-Bucht-Schwimmen, nach wie vor sehr erfolgreich sind. Ich suchte also vor knapp sieben Jahren den Kontakt zu den Schwimmvereinen der Landeshauptstadt und regte an, auch in Schwerin ein Langstreckenschwimmen zu veranstalten – und der Zuspruch war enorm.

Frage: Wie verlief dann die Premiere?

Stefan Schäfer: Die Wassersport-Stadt Schwerin entpuppte sich diesbezüglich als Glücksfall. Die Strecke führte damals von der Insel Kaninchenwerder zum Strand nach Schwerin-Zippendorf. Es gab dabei einen Transfer der Schwimmerinnen und Schwimmer nach Kaninchenwerder mit der Weißen Flotte und alles klappte wunderbar. Insgesamt 161 Starterinnen und Starter hatte das Teilnehmerfeld 2005 und aufgrund der klasse Reaktionen von Sportlern und Zuschauern musste das Langstreckenschwimmen natürlich fortgeführt werden. Mittlerweile gibt es Wettbewerbe in 13 Altersklassen.

Frage: Welchen „Charakter“ soll eigentlich das Schweriner Langstreckenschwimmen haben?

Stefan Schäfer: Wir verstehen uns als breitensportliche Veranstaltung, die sich an die leistungsorientierten Freizeit-Schwimmerinnen und -Schwimmer der verschiedenen Altersklassen wendet. Natürlich freuen wir uns auch sehr über den einen oder anderen prominenten Gast oder Hochleistungsschwimmer, das ehrt uns als Veranstalter besonders. Aber im Mittelpunkt stehen bei uns diejenigen, die Schwimmen als schönste Nebensache der Welt verstehen.
Übrigens: Der Zeitpunkt des jeweiligen Langstreckenschwimmens steht jedes Jahr fest: Der Sonntag am zweite August-Wochenende – eine Woche nach dem Müritz-Schwimmen. Also für 2011 schon jetzt daran denken!

Frage: Bei den EM im Langstreckenschwimmen in Budapest dominierte Italien. Aus deutscher Sicht gab es eine Goldmedaille durch Thomas Lurz über die 10 Kilometer. Wie bewerten Sie – aus neutraler Schweriner Sicht – das schwimmsportliche EM-Geschehen?

Stefan Schäfer: Thomas Lurz ist schon eine echte Ausnahme-Erscheinung. Klasse, dass er seit Jahren so beständig in Form und erfolgreich ist. Medial würde ja moniert, dass eben nur die „Altbewährten“ im deutschen Team um die Medaillen mitkämpfen können. Ich denke jedoch, dass in Deutschland im Hinblick auf den Schwimmsport eine insgesamt gute Nachwuchsarbeit geleistet wird.

Die „zweite Reihe“ im deutschen Team der Langstreckenschwimmer muß sich erst einmal etablieren, muß Erfahrungen sammeln, die entsprechende Taktik international erlernen. Da ist eine EM eine hervorragende Gelegenheit. Im Becken-Schwimmen ist es ja ähnlich. Junge Schwimmerinnen und Schwimmer rücken in der deutschen Mannschaft allmählich nach vorn. Sicherlich auch hier sind die „Etablierten“ noch immer die Leistungsträger, aber auch die noch Jüngeren sind hoch motiviert. Ein erfolgreicher Schwimmer, wie Paul Biedermann, ist auch ein Vorbild für die jungen Schweriner Athletinnen und Athleten.

Frage: Britta Kamrau aus Rostock, eine der erfolgreichsten Langstreckenschwimmerinnen der Welt, die in diesem Jahr aufgrund ihres zweiten juristischen Examens international pausiert, strebt eine Olympia-Teilnahme 2012 in London an. Wird sie nächstes Jahr in Schwerin dabei sein? Was zeichnet aus Ihrer Sicht die Sportlerin Britta Kamrau aus?

Stefan Schäfer: Peggy Büchse und Britta Kamrau waren ja die Wegbereiterinnen für das Langstreckenschwimmen, nicht nur national, seit den 1990ern. Sie konnten zahlreiche Erfolge feiern und sind im als auch neben dem Wasser große Persönlichkeiten. Britta ist ja ohnehin eine Kämpferin, die sich nicht unterkriegen läßt. London 2012 dürfte bei ihr noch einmal zusätzliche Kräfte frei setzen und wir wünschen Ihr natürlich sowohl eine erfolgreiche Qualifikation, als auch eine Top-Platzierung. Ihre Schwester Dörte nahm ja 2009 beim Langstreckenschwimmen in Schwerin teil, nun hoffen wir, dass auch Britta einmal den Weg zu uns findet … Aber wahrscheinlich wird es wohl erst etwas nach 2012.

Dann weiterhin maximale Erfolge mit dem langen Schwimmen!

Text und Fotos Marko Michels

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