Hände weg von der Gewerbesteuer

Keine Entlastung der Gewinne auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger

Eine knallharte Auseinandersetzung mit der Bundesregierung um die Neuordnung der Gemeindefinanzen haben heute in Schwerin Wismars Bürgermeisterin Dr. Rosemarie Wilcken, Stellvertreterin der Präsidentin des Deutschen Städtetages, und Schwerins Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow, Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetags, angekündigt. „Wir blicken mit Sorge auf die Pläne der Bundesregierung zur Abschaffung der Gewerbesteuer. Es geht um die Frage, ob eine Last von insgesamt 40 Milliarden Euro künftig auf Verbraucher und Berufstätige abgewälzt wird oder der finanzielle Aderlass der Kommunen fortdauert“, sagte Rosemarie Wilcken heute vor der Presse in Schwerin.  Die Vize-Präsidentin des Deutschen Städtetages warnte ausdrücklich vor der geplanten Abschaffung der Gewerbesteuer: „Es kann nicht sein, dass die Gewinne der Unternehmen, die die kommunale Infrastruktur intensiv in Anspruch nehmen, künftig nicht mehr besteuert werden und stattdessen die Einkommens- oder die Mehrwertsteuer steigen. Man kann nicht einerseits mit der Parole mehr Netto vom Brutto werben, wenn man gleichzeitig überlegt, den Bürgerinnen und Bürgern wieder in den Geldbeutel zu greifen.“

Hintergrund des Appells ist die Einberufung einer Gemeindefinanzkommission, die auf Beschluss der Bundesregierung Lösungsvorschläge für die Neuordnung des kommunalen Finanzsystems  erarbeiten soll. Größtes Problem sind neben der Einnahmeseite die steigenden Sozialausgaben, die den Kommunen buchstäblich die Luft zu Atmen nehmen. „Ich befürchte, dass sich diese Probleme durch den demografischen Wandel und die programmierte Altersarmut infolge niedriger Löhne gerade in Mecklenburg-Vorpommern drastisch verschärfen werden“, sagte Wilcken. „Diese Dynamik muss gestoppt werden, sonst steht die Lebensqualität in unseren Städten auf dem Spiel“, meinte Angelika Gramkow. Sie sieht durch die Aushöhlung der Gemeindefinanzen ganz konkrete Gefahren für die Demokratie:  „Demokratie wird vor allem in den Kommunen wirklich erfahrbar. Die sinkende Wahlbeteiligung hat auch etwas mit dem Zustand der Kommunen zu tun.“

Was der Wegfall der Gewerbesteuer für Städte wie Wismar und Schwerin  bedeuten würde, haben die Bürgermeisterinnen ausgerechnet: So müssten in Wismar pro Jahr und Einwohner etwa 400 Euro und in Schwerin etwa 210 Euro durch andere Steuern wieder hereingeholt werden, die dann entweder die Beschäftigten oder die Verbraucher treffen würden. Angelika Gramkow: „Die Entlastung der Unternehmen darf nicht zu zusätzlichen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger führen. Auch die  Entkoppelung der Kommunen von ihrer wirtschaftlichen Basis ist nicht zu akzeptieren.“ Die Gewerbesteuer habe eine wichtige Scharnierfunktion, denn Kommunen und Unternehmen seien eine Schicksalsgemeinschaft. „Es muss doch für die  Kommune auch finanzielle Anreize geben, sich aktiv um Unternehmensansiedlungen zu kümmern, Gewerbegebiete wie die Göhrener Tannen zu erschließen und die Infrastruktur in Schuss zu halten.“

Michaela Christen

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