Hausgemachte Nachbarschaftsprobleme

Im Vorfeld eines neuen Behindertenhauses

Seit einigen Jahren sind wir unmittelbare Nachbarn einer Wohnstätte für Behinderte zwischen zwei Hochhäusern an der Julius-Polentz-Straße und können angesichts eines weiteren Baus einer solchen Einrichtung an der Rahlstedter Straße einige Erfahrungen mitteilen. Wir haben die Erfahrung machen müssen, dass die Planung keinerlei Rücksicht auf die Rahmenbedingungen unserer Wohnsituation genommen hat, sondern dass wir vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Zu den Rahmenbedingungen gehören u. a. der nach oben zunehmende Lärmpegel (der durch die Ausrichtung der neuen Wohnstätte noch verstärkt wurde) und die Blendwirkung des Kalzipdaches, die es bei einem bestimmten Sonnenstand auch heute noch unmöglich macht, vom Balkon zu blicken. Auch ein Lokaltermin mit Bausausführenden und Betreibern und die Erstellung teurer Gutachten hat daran nichts geändert. Man berief sich auf den genehmigten Bauplan und belehrte uns, dass es sich um „ein modernes und schickes Dach“ handelt.

Steht den Bewohnern der Hochhäuser Polentz- und Rahlstädter Straße jetzt ähnliches bevor? Nach ungezählten Beschwerden und Hinweisen an die Mitarbeiterinnen der Einrichtung sind die Lärmbelästigungen (auch durch eine nach meiner Einschätzung übertriebene Landschaftspflege) auf ein meist erträgliches Maß herabgemindert worden. Aber wenn zur gleichen Zeit drei motorengetriebene Geräte im Einsatz sind, kann man eigentlich nur noch die Wohnung verlassen, so sehr wir auch den Anblick einer gepflegten Anlage zu schätzen wissen.

Von der beabsichtigten Integration Behinderter in ein „normales“ Wohnumfeld ist man weit entfernt, denn die Anwohner machen die Beeinträchtigung ihrer Wohnqualität in vielen Fällen an den Behinderten selbst fest. Die Mitarbeiterinnen haben uns erzählt, dass sie telefonischen Bedrohungen ausgesetzt waren und dass sogar auf sie geschossen wurde. Vermutlich aus diesem Grund ist die Einrichtung nicht mehr im Telefonbuch zu finden.

Wir akzeptieren und begrüßen, dass behinderte Menschen in einer gepflegten Umgebung leben, die sich auf die gesamte Befindlichkeit auswirkt. Wir haben aber den Eindruck, dass manche Prozesse sich so verselbständigt haben, dass sie unkontrolliert neben den tatsächlichen Bedürfnissen her laufen und sich störend auswirken. Bevor mit dem Bau der neuen Einrichtung begonnen wird, sollte man diese Fragen im Vorfeld klären und einen neuen Versuch starten, auch wenn unsere Beschwerden beim Ortsbeirat Lankow und in der Sprechstunde des Oberbürgermeisters erfolglos waren und nur die Empfehlung zur Folge hatten: „Ziehen Sie doch aus…“

Dr. Renate Krüger
Wohnhochhaus Eutiner Straße

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