Henning Foerster (DIE LINKE) zur Bürgerarbeit

Zur Interessenbekundung der Landeshauptstadt Schwerin für Bürgerarbeit erklärt der stellv. Fraktionsvorsitzende der Fraktion Die Linke Henning Foerster:

„Es ist unbestritten so, dass es auch in Schwerin aufgrund der Arbeitsmarktlage genügend Interessenten für die möglichen 125 Stellen in Bürgerarbeit geben wird. Soziale Kontakte pflegen, Fähigkeiten und Fertigkeiten nachweisen und dabei noch etwas Nützliches tun, dies sind sicher die positiven Ansätze des Programms. Das Vereine und Verbände gern auf Kräfte aus diesem Projekt zurückgreifen möchten, ist ebenfalls nachvollziehbar. Allerdings lohnt sich genaueres Hinschauen. Es besteht die Gefahr, dass durch die Arbeitsangebote der Druck erhöht wird, eine Beschäftigung am regulären Arbeitsmarkt zu einem noch niedrigeren Lohn zu akzeptieren. Der Stundenlohn liegt in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit zwischen 5,25 und  7,50 €, was nach allgemeinem Verständnis auch für die neuen Länder einem Niedriglohn entspricht.
Die Erfahrungen der Modellprojekte in Sachsen – Anhalt, wo seit 2006 Bürgerarbeit erprobt wurde, zeigen, dass zumeist einfache Anlerntätigkeiten verrichtet wurden, obwohl das Qualifikationsniveau vieler „Bürgerarbeiter“ deutlich über den Anforderungen lag. Das Zentrum für Sozialforschung in Halle (zsh) kam zu dem Schluss, dass die Hauptzielgruppe, nämlich Arbeitslose mit ausgeprägten Vermittlungshemmnissen nur geringe Chancen auf Vermittlung hatten. Die Beteiligten waren mit ihrer Tätigkeit nicht unzufrieden, kritisierten aber durchgehend die niedrige Entlohnung und vor allem die fehlende Begründung eines ALG 1 Anspruchs. Einen finanziellen Anreiz für Leistungsberechtigte, die als zumutbar definierte „Bürgerarbeit“ anzunehmen, gab es also nicht. Bürgerarbeit führte auch nicht zum Ende der Hilfebedürftigkeit, weil insbesondere für Singles weiter aufstockende Leistungen durch die Argen gezahlt werden mussten. Auch die Arbeitsmarkteffekte in den Modellregionen war nur kosmetischer Natur. Zudem wurden nur wenige Bürgerarbeiter in den ersten Arbeitsmarkt integriert, da es an geeigneten Arbeitsplätzen vor Ort fehlte.
Auch wenn das Thema nicht kommunal- sondern letztlich nur bundespolitisch gelöst werden kann, bleibt daher die Frage, ob Bürgerarbeit der richtige Weg ist. Aus meiner Sicht als Gewerkschafter in der Linken braucht es gute, öffentlich geförderte Beschäftigung. Dabei soll die Aufnahme der Arbeit freiwillig erfolgen und das Entgelt sich am Tarif orientieren. Nur so wäre auch tatsächlich sichergestellt, dass keine reguläre Beschäftigung verdrängt wird. Für die Landeshauptstadt stellt sich zudem die Frage, wo die benötigten 227.000 € herkommen sollen.
Man darf gespannt sein, wie insbesondere die CDU/FDP Fraktion ihren Sinneswandel erklärt, wenn Bürgerarbeit nur durch die von ihr noch im April 2010 vehement abgelehnte Anhebung der Grundsteuer B zu finanzieren ist.“

Peter Menzlin

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