Herbst-Zeit ist auch Kulturzeit

Nachgefragt bei der vielseitigen Künstlerin Jana Kühn


Herbst-Zeit ist vür viele eine Zeit zum Nachdenken, zum Reflektieren und zum Neuorientieren. Passend dazu gibt es auch in Schwerin jede Menge besinnliche wie kurzweilige kulturelle Angebote, ob nun an „Halloween“, am „Reformationstag“, an „Allerheiligen“, oder zur allmählich beginnenden Weihnachtszeit.

Jana Kühn (Foto: Theater Schwerin)Eine gute alte, ewig junge Bekannte in Schwerin ist dabei kulturell „mittendrin“ statt nur „dabei“: Jana Kühn, die ihr künstlerisches Handwerk an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock bzw. der Theaterakademie in Zinnowitz erlernte und auch regelmäßig auf den Bühnen des Mecklenburgischen Staatstheaters auftritt. Im November ist Jana Kühn wieder in Schwerin zu hören, zu sehen und zu genießen. So unter anderem bei einem Chanson-Abend am 13. November und bei der TheaterThekenNacht am 14. November.

Fünf fragen an Jana Kühn

Marko Michels sprach mit der freiberuflichen Schauspielerin über ihre Konzerte, die TheaterThekenNacht, ihre Pläne sowie über 25 Jahre Mauerfall

„Musik ist für mich Kommunikation und offene ehrliche Kommunikation ist für mich sehr existenziell…“

Marko Michels: Frau Kühn, Herbst-Zeit ist für viele die Zeit der Tristesse, für manche aber auch die Zeit der Martens- und beginnenden Weihnachtsmärkte. Welchen „Standpunkt“ haben Sie zum Herbst – kulturell wie persönlich?

Jana Kühn: Für mich ist der Herbst eine wunderbare Zeit. Er hat für mich viel mit intensivem Geruch und Geräuschen zu tun. Nach dem vollmundigen, geselligen Spätsommer ziehe ich mich wieder etwas zurück und nutze die gesammelte Sonnen- und Lebensenergie für kreative Dinge – meine Liedtexte schreiben, viel lesen und neue künstlerische Projekte erfinden. Das Wetter draußen wird schlechter und ich habe nicht mehr das Gefühl etwas zu verpassen, wenn ich drinnen am Schreibtisch sitze, um mein neues Programm „Nicht Nochmal – Chansons gegen des Vergessen“ zu bewerben. Zudem ist doch ein herbstlicher Spaziergang durch bunte Wälder die schönste Ablenkung vom Alltag, die es gibt!

MM: Sie selbst werden auch einige Auftritte in Schwerin haben… Welche Termine sollte sich der interessierte Kultur-Fan unbedingt vormerken? Kann man Sie auch an anderen Orten in M-V „live und in Farbe“ erleben?

JK: Unbedingt sollte man sich den 13. November 2014 in den Kalender schreiben. Im „werk 3“ in Schwerin zeige ich zusammen mit meinem Pianisten Thomas Möckel unser neues Projekt „NICHT NOCHMAL! – Chansons gegen das Vergessen“. Friedrich Hollaender, Rio Reiser, Konstantin Wecker und andere werden zu Wort kommen – ein persönlicher Abend zum Thema Widerstand und Zivilcourage. (Anmerkung: Hörbeispiele dazu gibt es auf meiner Webseite: www.janakuehn.de!)

Am 14. November 2014 geht dann die Theaterthekennacht in die fünfzehnte Runde. Und am 15. November 2014 gebe ich zusammen mit einigen Musikern meines kleinen Salonorchesters ein Konzert im Modemuseum Meyenburg. Man sieht: Ein musikalisches Wochenende ohne Grenzen!

MM: Zur TheaterThekenNacht… Was halten Sie von diesem Event? Steht Ihr Programm schon?

JK: Seit der zweiten TheaterThekenNacht bin ich dabei und es ist, obwohl es wahnsinnig anstrengend ist, auch immer wieder ein „Volksfest“ im wahrsten Sinne des Wortes. Das genaue Programm ist noch nicht konzipiert, aber die Musiker, die mit mir den Abend rocken werden, stehen schon lange fest. Trompete, Saxophon, Klavier, Percussion, Gesang – klingt nach einer großartigen Besetzung. Ich liebe es, diesen Event zu nutzen um Neues, auch Gewagtes mit Freunden auszuprobieren. Und spontan ist immer am besten!

MM: Diesen November feiern wir 25 Jahre Mauerfall… Sie waren während der Wende-Zeit sechs Jahre. Gibt es außer den Erinnerungen an Pittiplatsch, dem Sandmännchen & Co. noch nachhaltige Erinnerungen an die DDR bei Ihnen? Und: Wie würden Sie die letzten 25 deutsch-deutschen Jahre aus Ihren persönlichen Erfahrungen zusammenfassen wollen?

JK: Wow! Die Frage ist riesig. Durch mein neues Programm „NICHT NOCHMAL!“ habe ich mich mit den Fragen System und Individuum, Grenzen, Grenzgänger, Widerstand, etc. auseinandergesetzt. Zur DDR habe ich viel gelesen. Das muss auch sein, da ich wirklich zu klein war, um politisch etwas mitzubekommen. Zumal gehörte meine Familie zur unpolitischen Arbeiterschaft mit ihrem kleinen Universum. Ich weiß noch, wie meine Oma mit uns Kindern erst ein Jahr nach dem Mauerfall einmal in den Westen auf den Ku`Damm zum Bummeln und Zoobesuch gefahren ist. Nach einem Jahr!
… Und klar kenne ich meine Lieblingsplatten mit Pittiplatsch und dem Traumzauberbaum, Muckefuck, rote Nelken und das wir es als Kinder geliebt haben, im Konsum die Marken ins Heftchen zu kleben.

Heute nach 25 Jahren hört man oft noch, die Vorurteile „Wessi“ und „Ossi“, als ob damit alles erklärt wäre und man sich, erneut und persönlich, erfolgreich abgegrenzt hat. In einer Generation unter mir ist das nicht mehr so präsent. Sie verstehen sich mehr als Europäer mit dem Bewusstsein, dass man überall auf der Welt leben könnte. Ost und West existiert da nicht mehr. Das ist zum einen gut, da sie globaler denken, zum anderen schlecht, weil sie sich nicht mit der nahen Geschichte auskennen und daran auch nicht so sehr interessiert sind. Das hat auch noch andere Gründe, aber wie gesagt, das Thema ist groß.

Ich selbst rede viel mit meiner Familie und den Menschen um mich herum über die Vergangenheit. Ich entstaube Lieder aus der Vergangenheit, die ich für wichtig und beschützenswert halte. Lieder von denen ich finde, dass man sie ab und zu hören m u s s! Musik ist für mich Kommunikation und offene ehrliche Kommunikation ist für mich sehr existenziell. Zudem finde ich es wichtig, um die Vergangenheit zu wissen, denn erst das Wissen gibt uns die Möglichkeit, es besser, anders zu machen und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

Und natürlich weiß ich die grenzenlose Freiheit, wenn sie denn existiert, zu schätzen, die mir hier in Deutschland gegeben ist.

MM: Haben Sie schon Pläne für 2015 geschmiedet?

JK: Ha! Ja! Zurzeit studiere ich zu meinem Kreativberuf noch Kulturpolitik und Kulturmanagement. Weiterbildung ist wichtig. Ich will noch mehr bewegen…

Am 26. Februar 2015 wird es eine einmalige musikalisch-theatralische Premiere im E-Werk des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin geben. Im April 2015 unternehme ich mit meinem Salonorchester eine Konzertreise in Namibia, auf die ich mich schon lange freue – und ein ganz tolles Ding wird hoffentlich meine erste eigene CD, die gerade aufgenommen wird. Man darf gespannt sein. Neuigkeiten zu all dem wird es auf meiner Webseite www.janakuehn.de zu lesen geben.

MM: Vielen Dank

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