Im Blick: Der Fechtsport in Schwerin und darüber hinaus

„Grünes Band“ für die Fecht-Gesellschaft Schwerin 2012

Der Fechtsport hatte in diesem Jahr zahlreiche herausragende Wettkämpfe im Angebot – ob regional, national oder international. Italien wurde mit sieben Medaillen, davon dreimal Gold, die beste Fecht-Nation bei den Olympischen Spielen in London, dahinter folgen mit Südkorea (sechs Medaillen, davon zweimal Gold) und China (drei Medaillen, davon zweimal Gold) bereits Asiens Fecht-Mächte. 13 Länder erfochten Olympia-Medaillen, davon 6 Länder eine oder mehr Goldmedaillen. Für Deutschland gab es neben der „Silbernen“ für Britta Heidemann noch Bronze für die Florett-Herren Peter Joppich, Benjamin Kleibrink, Sebastian Bachmann und Andre Weßels.

Eine silberne Medaille konnte sich bei den folgenden Paralympics in London ebenfalls eine deutsche Rollstuhl-Fechterin erkämpfen. Simone Briese-Baetke, die einige Zeit in Waren/Müritz und Rostock trainierte, nun beim FC Tauberbischofsheim aktiv ist, sorgte für die Silber-Platzierung aus deutscher Sicht.
Insgesamt sicherten sich zehn Länder paralympische Fecht-Medaillen. Die Goldmedaillen gingen an China (sechs), Hongkong (zwei), Polen, Brasilien und Thailand (je eine).

Des Weiteren fanden in diesem Jahr auch die Weltmeisterschaften in den nicht mehr olympischen Disziplinen Mannschaft-Herren-Degen und Mannschaft-Frauen-Säbel in Kiew im April statt. Die USA wurden dabei Degen-Team-Weltmeister (Herren/vor Frankreich und Ungarn) und Russland Säbel-Team-Weltmeisterinnen (Frauen/vor der Ukraine und den USA).
Bei den Europameisterschaften in Leganano im Juni war Russland ebenfalls das erfolgreichste Team im Medaillen-Ranking mit 11 Medaillen, davon 7 x Gold. Die anderen Titel gingen „auf das Konto“ von Italien (2 x Gold) sowie Rumänien, der Ukraine und der Schweiz (je 1 x Gold). Deutschland konnte fünf Medaillen erfechten – 1 x Silber und 4 x Bronze.

Aber auch in M-V wurde begeistert und begeisternd gefochten, so bei den Fechtmeisterschaften M-V in Greifswald im November.

Nachgefragt bei Maik Schulz, Sportwart des Fechtverbandes M-V

„Beim sportlichen Förderprinzip muß sich etwas ändern…“

Frage: Die olympischen und paralympischen Fecht-Turniere sind längst Historie. Wie lautet Ihr Resümee aus deutscher und internationaler Sicht?

Maik Schulz: Im Herrenflorett kann man wohl zufrieden sein, obwohl man nach den Entscheidungen in der Mannschaft wohl mehr Fingerspitzengefühl bei der Auswahl der Obleute hätte zeigen müssen. Die Italiener waren wohl froh, im Finale nicht auf die Deutschen getroffen zu sein, gingen sie doch in den letzten zwei, direkten Vergleichen in Catania und Bonn als Verlierer von der Bahn.
Lange taten sie sich im abschließenden Finale gegen Japan schwer, siegten am Ende 45:39 und wurden damit nach 2004 erneut Olympiasieger.

Dass wir eine Baustelle im Damenflorett haben, ist kein Geheimnis,  das Problem ist dabei nur über den Nachwuchs langfristig zu lösen.
Zu den Säbelentscheidungen ist nach den Weltcups und den anderen internationalen Wettkämpfen nur zu bilanzieren, dass es andere Erwartungen gab, aber mit drei Fechtern unter den letzten Sechzehn kann man sehr zufrieden sein. Im Degen hat wohl niemand wirklich an eine Medaille geglaubt, dann wurde es auch noch Silber – großartig.
… Und wie es dazu kam – ganz medienwirksam – tolle Werbung!

Ich persönlich glaube, dass es gerade Sportarten wie Fechten, also Randsportarten, die den Aktiven keinerlei berufliche Perspektiven bieten, es zukünftig sehr schwer haben werden. Einen kleinen Vorgeschmack haben wir jetzt bei Olympia bekommen. Immer mehr asiatische oder auch afrikanische Länder streben erfolgreich nach Podestplätzen. Diese Länder haben den Sport entdeckt, um auf sich aufmerksam zu machen, um sich als weltoffen darzustellen.

Der Sport ebenfalls als Politikum – allerdings nehmen diese Länder ein Vielfaches an  Ressourcen, ob Menschen, ob finanzielle Mittel, in die Hand als die Europäer. Einzig die Italiener können da noch mithalten, allerdings aus Prestige-Gründen. Ein weiterer Grund für den Erfolg dürfte das Sportsystem sein, zum Beispiel das Rotationsprinzip der Trainer, kein Föderalismus…

Frage: Welche fechtsportlichen Leistungen beeindruckten Sie in London insbesondere?

Maik Schulz: Ich bin ja leidenschaftlicher Florett-Trainer. Somit beeindruckten mich die drei Podestplätze der Italienerinnen.

Frage: Auch in M-V gibt es sehr gute Fechterinnen und Fechter. Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Fechtsportes in unserem Bundesland?

Maik Schulz: Wie eingangs bereits erwähnt, ist Fechten in MV eine Randsportart. Das „Grüne Band“, verliehen für die vorbildliche sportliche Talentförderung der Fecht-Gesellschaft Schwerin, ging in der Presse unter. In anderen Bundesländern wäre das anders. Fecht-Veranstaltungen werden ohnehin nur am Rande erwähnt, da diese nicht publikumswirksam genug sind. Ich schaue zum Beispiel in die Presse und lese über Fußball in der dritten Liga, welche Probleme unter anderem der Zeugwart hat und dieses über eine ganze Seite…

Verstehen sie mich nicht falsch, ich sehe gerne Sport, egal welchen. Nur bitte in den richtigen Relationen! Es wird Profisport mit Nachwuchssport verglichen – in der Abrechnung der erbrachten Leistung.

Und gefördert werden Sportarten, die Weltmeister, deutsche Meister und ähnliches hervorbringen sollen. Seltsamerweise können jedoch viele Sportarten, die eine intensive Förderung erhalten bzw. erhielten, nicht die entsprechenden Erfolge vorweisen – im Gegensatz zu denen, die nicht oder kaum unterstützt werden… Legalisiert wird das dann, dass diese erst hinterher gefördert werden. Dieses Prinzip kann jedoch nicht richtig sein.

Ein Beispiel für das Denken um den Sport gleich noch hinterher: „Wie können wir den Fechtsport in MV unterstützen?“ war die Frage in der Diskussionsrunde um die Verleihung des „Grünen Bandes“. Der Direktor des Sportgymnasiums antwortete sofort, dass ein Lehrer fehlen würde. Wir sprechen hier jedoch von einem Vollzeit-Job, 27 Stunden, der dann allerdings nebenbei das Fechten unterrichten sollte. Ich persönlich bin im Jahr circa an 34 Wochenenden unterwegs. Jeden Tag ab 14.00 Uhr in der Fechthalle, von dort gehe ich erst um 20.00 Uhr. Wer bitte soll das „nebenbei“ erledigen?

– Da bleibt nur die sportive Hoffnungen, dass immer mehr Sport-Fans in M-V erkennen, dass der Sport in M-V und darüber hinaus mehr ist, als Profi-Fußball, Profi-Boxen oder Formel 1!

Weiterhin maximale Erfolge für den Fechtsport in Schwerin bzw. in ganz M-V und viel Kraft für Ihr Engagement auch im kommenden Jahr!
Marko Michels

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