Im Blickfeld: Die wirtschaftliche Entwicklung der Region

Nachgefragt bei der IHK zu Schwerin

Das Jahr 2014 war wirtschaftlich betrachtet eher ein schwieriges. Die Weltwirtschaft schwächelt weiterhin. Die Wachstumslokomotiven China und Deutschland sind längst nicht mehr so „in Fahrt“, die Finanz- sowie Schuldenkrise bzw. die strukturelle Krisen in den meisten europäischen Ländern sind längst nicht überwunden, die Schwellenländer a la Indien, Brasilien oder Russland haben immense Probleme und dazu gibt es weltweit mehr als 40 Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen.

Noch ist die deutsche Wirtschaft robust genug, um gegen den allgemeinen Trend eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Zwar mit deutlichen Einbußen, aber mit Zuwächsen… Während Bundes- und Landesregierungen gerade die großen Unternehmen und Banken „umgarnen“, kommen die kleineren bzw. mittelständischen Unternehmen oft nur in politischen Sonntagsreden vor. Das eigentliche Rückgrat der deutschen Wirtschaft – der Mittelstand – wird von der aktuellen Wirtschaftspolitik eher stiefmütterlich behandelt. Dabei hat dieser mit ziemlich realen Problemen zu kämpfen, mit den Russland-Sanktionen etwa, mit der mangelnden Nachfrage in den krisengebeutelten Ländern in Südeuropa oder mit den mangelnden Fachkräften in den Bereichen Handwerk, Ingenieurwissenschaften, Elektronik, spezialisierten Naturwissenschaften wie Bio-Chemie oder Informatik.

Wie es genau um die Firmen und Unternehmen der Region bestellt ist, das wollte Marko Michels wissen und hat dazu bei Andreas Kraus, Pressesprecher der IHK zu Schwerin, nachgefragt.

„Gehen von einer weiterhin stabilen Wirtschaftslage aus …“

Frage: „Handwerk hat goldenen Boden!“, lautet ein altes Sprichwort. Nur der Gold-Preis sinkt weltweit… Gilt das auch für die Entwicklung der hiesigen mittelständischen Betriebe oder ist noch alles „im grünen Bereich“?

Andreas Kraus: Gerade die jüngste Konjunkturumfrage der IHK zu Schwerin unter ihren insgesamt 25.000 zugehörigen Unternehmen in Westmecklenburg zeigt, dass wir in unserer Region seit mehreren Monaten eine sehr stabile Wirtschaftslage verzeichnen können. Auch die Investitionsabsichten der Unternehmen sind nicht eingebrochen. Allerdings sind die Erwartungen vieler Betriebe trotz der gegenwärtig robusten Lage etwas eingetrübt. Gründe dafür sind sicher auch internationale Krisen- und Konfliktherde, die möglicherweise auch negative Auswirkungen auf betsehende Geschäftsbeziehungen haben könnten.

Hinzu kommen die neuen sozialen Maßnahmen, die von der Bundesregierung beschlossen wurden, auf die Firmen ab Januar 2015 zu. Auch dieses wird zu finanziellen Mehrbelastungen der Unternehmen führen.

Frage: Bei diversen Jubiläen und Festivitäten loben Bundes- und Landespolitiker stets die Rolle des Mittelstandes hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung. Darüber hinaus hat man aber häufig den Eindruck, dass sich die Politik nur marginal um die wirklichen Probleme der Firmen kümmert…
Wie beurteilen Sie die politischen Rahmenbedingungen in der Region für die Entwicklung der mittelständischen Betriebe?

Andreas Kraus: Die Wirtschaftsstruktur in Westmecklenburg ist nach wie vor sehr kleinteilig. Mit Ausnahme weniger „Global Player“ finden sich hier zahlreiche kleine und mittelständige Unternehmen (KMU). Diese bilden in ihrer Summe die gegenwärtige Wirtschaftskraft auch in unserer Region. Ein wesentliches Ziel der Landesregierung und auch der Wirtschaftskammern im Land besteht darin, die wirtschaftliche Basis zu befördern und weiter zu entwickeln, denn die Wertschöpfung in den Unternehmen des Landes ist die Grundlage für Beschäftigung, Wohlstand und weiteren Fortschritt.

Sicher werden Großinvestitionen medial immer präsenter vermarktet. Die mittelständischen Unternehmen sind jedoch unser Kerngeschäft. Es gibt sehr gute Beratungs- und Förderinstrumente für diese Zielgruppe.

Frage: Russland forderte mit seiner Expansionspolitik in jüngster Vergangenheit den Westen heraus, der vorher russische Sicherheitsinteressen außer Acht ließ. Die Folge sind nun gegenseitige Sanktionen, die beiden Seiten massiv schaden. Inwieweit sind die Unternehmen in der Region davon betroffen?

Andreas Kraus: Die erwähnte kleinteilige Struktur unserer Wirtschaft hat auch Vorteile. Wir sind weniger anfällig bei Krisen. Dennoch können Sanktionen auch unsere Unternehmen hart treffen. Bislang sind diese Sanktionen insgesamt eher moderat ausgefallen und treffen die Unternehmen in Westmecklenburg kaum. In der gegenwärtigen Krise liegt aber auch die Chance, sich neue Märkte zu erschließen, um etwaige Ausfälle durch neue Partner zu kompensieren.

Frage: Ein „ewig gleiches“ Diskussionsthema ist jenes vom Fachkräftemangel, von dem allerdings nur ganz spezielle Bereiche betroffen sind. Es werden ja nun nicht gerade Kunsthistoriker, Soziologen, „Beamte“ oder Friseurinnen „händeringend“ gesucht – oder?

Andreas Kraus: Die Situation auf dem Fachkräftemarkt ist schon sehr angestrengt. Grundlage dafür bilden die demografische Entwicklung und die Problematik der Abwanderungen junger Menschen aus unserem Bundesland. Auch in diesem Punkt versuchen viele Partner, darunter die IHK zu Schwerin, die Agentur für Arbeit und das Wirtschaftsministerium MV, dieser Situation entgegen zu wirken. Die Wirtschaft sucht in vielen Bereichen Auszubildende und bereits ausgebildete Fachkräfte. Groß angelegte Werbeaktionen des Landes, der Hochschulen und der Wirtschaft, wie zum Beispiel der Pendleraktionstag, zeigen Wirkung. Zudem werden auch ausländische Jugendliche für unseren Wirtschaftsstandort begeistert. Mit dem Stichtag 1. September 2014 befanden sich 175 Jugendliche aus insgesamt 22 Staaten in einer Ausbildung in den IHK-Unternehmen Westmecklenburgs.

Übrigens: In diesem Jahr gestaltete sich das Saldo zwischen Abwanderungen und Zuzügen für MV erstmals positiv! Deshalb gewinnt das Land auch außerhalb seiner Grenzen an Attraktivität.

… Vielleicht auch eine Anmerkung zur Begrifflichkeit „Fachkräfte“ und den gesuchten Fachkräften. Es ist in der Tat so, dass die Firmen nicht in allen Bereichen höchst qualifizierte Menschen, zum Beispiel Geisteswissenschaftler, „händeringend“ suchen. Die Unternehmen hierzulande benötigen sehr gut ausgebildete Facharbeiter im produktiven und handwerklichen Bereich und Schulabsolventen, die auch ausbildungsfähig sind. Es werden dabei nicht nur die klassischen Facharbeiter gesucht, sondern durchaus auch gering Qualifizierte, die jedoch eine entsprechende Ausbildungen in den neuen Dienstleistungsbereichen vorweisen können.

Frage: Ein Blick in die „Kristallkugel“: Wie sieht die wirtschaftliche Prognose der IHK zu Schwerin für das Jahr 2015 aus?

Andreas Kraus: Wir gehen – trotz mancher Widrigkeiten infolge der angespannten internationalen Lage – von einer weiterhin stabilen Wirtschaftslage in Westmecklenburg aus. Wichtig sind optimale Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen. Zentrale Punkte hierfür sehen wir in der schnellen Realisierung der Autobahn A14, der Fehmarn Belt Querung und der damit einhergehenden Hinterlandanbindungen, des Gleisbogens bei Bad Kleinen sowie die Vertiefung der Hafeneinfahrt Wismar.

Der Ausbau der Infrastruktur und die Vermarktung unserer Region bieten die besten Grundlagen für eine weiterhin erfolgreiche Entwicklung. Dafür werden wir uns weiter intensiv einsetzen.

Letzte Frage: Wie sind eigentlich die Kooperationen zwischen der IHK und der Handwerkskammer in der Region?

Andreas Kraus: Die ist seit zwei Jahren sehr eng. Zwischen der IHK und der Handwerkskammer Schwerin gibt es nämlich seit dem Jahr 2012 einen Kooperationsvertrag, der auch aktiv und äußerst erfolgreich gelebt wird. Bereits vorher gab es eine vertrauensvolle und fachlich fundierte Zusammenarbeit.

Gemeinsame Veranstaltungen, die Erarbeitung von Positionen und Strategien für wirtschaftsrelevante Themen in Westmecklenburg bis hin zu gemeinsamen Sitzungen der Präsidien und Geschäftsführungen gehören zum täglichen Geschäft. Seitens der Unternehmerschaft erhalten wir großen Zuspruch für diese gute Zusammenarbeit.

Vielen Dank

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