Die UNIVERSUM Champions Night in Schwerin am 17. Juli 2010

WM-Kämpfe von Jürgen Brähmer und Susi Kentikian

Arely Mucino & Susi KentikianDie Spannung steigt: Nur noch wenige Tage bis zur UNIVERSUM Champions Night in Schwerin, die das hoch karätigste Programm bietet, das die Landeshauptstadt MV jemals im Profi-Boxsport erlebt hat. Eine Doppel-WM, ein WM-Ausscheidungskampf und weitere viel versprechende Kämpfe, u.a. mit Marcel Meyerdiercks, werden für Spannung innerhalb und außerhalb des Boxringes sorgen. Den Hauptkampf des Abends werden die Weltmeisterin der WBA, WBO und WIBF, Susi Kentikian, und die starke Arely Mucino aus Mexiko bestreiten. Das ZDF wird den Fight auch ab 22.00 Uhr live übertragen, aber was ist schon eine TV-Live-Übertragung, wenn man den Kampf auch hautnah in der Sport- und Kongreßhalle erleben kann. Lokalmatador Jürgen Brähmer will hingegen seinen WBO-Gürtel gegen den Spanier Alexandro Lakatus verteidigen. Vielleicht sorgt er im Boxring für eine Revanche im Hinblick auf die erlittene Halbfinal-Niederlage der DFB-Mannschaft bei den Fußball-WM gegen „Espana“?!

Jürgen Brähmer & Alexandro LakatusEinen „Kracher“, einen WM-Ausscheidungskampf, gibt es auch im Cruisergewicht zwischen Alexander Alekseev (Russland) und Denis Lebedev (Russland).
Doch zuvor stellten sich die Boxsportlerinnen und Boxsportler beim Publikumstraining im Sieben-Seen-Center in Schwerin-Krebsförden dem interessierten Publikum vor – und machten dabei „so richtig Appetit“ auf mehr Box-Kost. Außerdem wurde das Angenehme, das Training vor vielen Fans, mit dem Nützlichen, einer Spenden-Aktion für eine gute Sache, verbunden. T-Shirts der Boxerinnen und Boxer konnten käuflich erworben werden und der Erlös kam u.a. der Jugend-Abteilung des BC Traktor Schwerin zugute.

Michael TimmInterview mit dem Box-Trainer Michael Timm aus Schwerin zur UNIVERSUM Champions Night am 17. Juli 2010 in Schwerin, über seinen Schützling Jürgen Brähmer, über die Box-Queen Susi Kentikian und die Highlights seiner boxsportlichen Laufbahn:

„Havanna 1984 war ein Höhepunkt in meiner Karriere…“

Frage: Kurz vor dem WM-Kampf … Wie verlief die Vorbereitung, das Sparring, von Jürgen?

Michael Timm: Wir haben natürlich das Hauptaugenmerk darauf ausgerichtet, dass Jürgen möglichst viele Sparringsrunden absolvierte. Er hat durchgängig im Wechsel zwischen sechs und zehn Runden Sparring geboxt. Dabei steigerte ert sich immer weiter. Wir haben zudem eine taktische Linie für den Kampfabend entwickelt und Jürgen hat sich voll reingekniet, um das letztendlich auch umzusetzen. Alles in allem: Die Vorbereitung verlief ausgezeichnet, ich bin von der Motivation und Einstellung meines Schützlings richtig begeistert. So hat Jürgen  78 Runden voll durchgepowert. Aber: Training und Wettkampf sind zwei Paar Schuhe. Am 17. Juli kommt es darauf an, das er sich an die „Marschroute“ hält. Lakatos ist unbequem und erfahren. Aber Jürgen ebenfalls!

Frage: Schwerin als deutsche Box-Hochburg steht für Tradition und Erfolge. Was verbinden Sie mit dem Box-Standort Schwerin?

Michael Timm: Tja, wir wissen ja alle, dass Schwerin einst eine der  besten  Boxstaffeln der Welt hatte – und da wollen wir auch wieder hinkommen. In der derzeitigen Situation ist es natürlich schwer, aber wir möchten mit unseren Kampfabenden und unseren Boxern, wie Jürgen Brähmer, Marcel Meyerdiercks, aber auch mit den anderen, wie Susi Kentikian oder Alexander Alekseev, dazu beitragen, dass die Leistungsträger und Box-Fans weiterhin in Mecklenburg-Vorpommern  auf ihre Kosten kommen, und dass der Boxsport hier weiter unterstützt wird. Das alles dient dazu, dass das Leistungszentrum Schwerin wieder eine Hochburg im Amateur-Boxsport werden kann.

Frage: Sie selbst feierten ja ebenfalls zahlreiche internationale Erfolge als Aktiver. So wurden Sie unter anderem 1985 Europameister im Halbmittelgewicht und Weltcup-Dritter. Durch den Olympia-Boykott der meisten Länder des real existierenden Sozialismus blieb Ihnen ein Olympia-Start 1984 versagt. Bei den Alternativ-Wettkämpfe  für jene Athleten, die in Los Angeles nicht dabei sein konnten – die Boxer hatten ihren Wettbewerb in Havanna – holten Sie Bronze. Team-Kollege Torsten Schmitz erkämpfte gar Gold – der einzige Sieg für einen Nicht-Kubaner. Trauern Sie manchmal der versagten Olympia-Teilnahme hinterher? Wie war damals die Atmosphäre beim Turnier?

Susi Kentikian im Sieben Seen CenterMichael Timm: Die Box-Entscheidungen in Havanna bei den so genannten „Wettkämpfen der Freundschaft“ waren schon ein ganz besonderer Wettbewerb. In der damaligen DDR-Staffel mit dabei gewesen zu sein, war ein super Erlebnis, ein echter Höhepunkt in meiner Karriere. Wir konnten uns damals mit den besten Boxsportlern der Welt messen – und das waren anno 1984 ja die Kubaner. Aber es waren nun einmal eben nicht die Olympischen Spiele. In dem Jahr, 1984, hatte es mich übrigens gar nicht so gewurmt, dass ich – obwohl qualifiziert – aufgrund des Olympia-Boykotts nicht in Los Angeles teilnehmen durfte. So richtig bedrückt war ich dann, als ich die Spiele 1988 in Seoul vor dem Bildschirm intensiv verfolgte, da war ich schon verdammt traurig, dass ich selber so eine einzigartige olympische Atmosphäre nicht erleben konnte.
Nichtsdestotrotz: Das Leben geht ja bekanntlich weiter, und wir haben andere sportliche Höhepunkte gefeiert. Irgendwann muss man mit den Negativ-Erlebnissen abschließen, man kann ja nicht von Trauer leben. Ansonsten ist es schön zu wissen, dass man jahrelang mit dazu beigetragen hat, dass Schwerin eine der erfolgreichsten Box-Staffeln der Welt hatte, dass man selber mit dazu gehörte. Das alles erfüllt mich schon mit Stolz.

Frage: Zurück zur aktuellen Champions Night … Im Hauptkampf ist Susi Kentikian zu erleben. Was zeichnet Susi aus Ihrer Sicht aus?

Michael Timm: Susi hat sich natürlich auch von ganz unten beharrlich, mit großem Fleiß und großer Hingabe nach oben gearbeitet. Sie hatte als Amateurin in  Hamburg  angefangen. Es war in der leichten Gewichtsklasse zunächst sehr schwer, so populär zu werden. Aber sie hat sich durchgekämpft, durchgebissen. Und: Dass der Frauen-Boxsport in Deutschland so im Fokus der Öffentlichkeit steht, dazu hat Susi ebenfalls ungemein beigetragen. Zu Recht feiert sie nun die verdienten Erfolge. Da freue ich mich ganz besonders für Susi, denn sie hat immer engagiert und ehrgeizig für ihre Ziele gekämpft. Wer an sich und seine Ziele glaubt, hat am Ende auch Erfolg. Nicht zuletzt heißt es treffend: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Susi war und ist eine Boxerin mit einem wirklichen Kämpfer-Herzen, sie gibt nie auf. Es ist schön, dass Susi den Hauptkampf am 17. Juli bestreiten wird.

Frage: Bei Traditionstreffen mit den aktiven Mitstreitern von einst: Kribbelt es bei Ihnen noch manchmal in den Fäusten?

Michael Timm: Da muss ich ganz ehrlich sagen: Nein. Im Box-Geschäft ist man so hart als Trainer beschäftigt, dass man gar nicht das Bedürfnis hat, wieder „als Aktiver“ in den Ring zu steigen. Dazu hätte ich wohl gar keine Kraft mehr. Ich investiere meine ganze Energie in die Sportler und freue mich, wenn diese ihre Erfolge feiern können.

Dann weiterhin maximale Erfolge – nicht nur rund um den Boxsport!

Marko Michels

Fotos: Box-Training im Sieben-Seen-Center in Schwerin (Michels)

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