Im Fokus: Die Sportstadt Schwerin vor Olympia

Sportive Highlights in und um Schwerin

Der Countdown für die Olympischen und Paralympischen Spiele in London läuft. Während die Olympics vom 27. Juli bis 12. August stattfinden, folgen die Paralympics vom 29. August bis 9. September.
Sport und Schwerin, das ist seit Jahrzehnten eine Erfolgsstory, gerade in den olympischen Sportarten Leichtathletik, Segeln, Boxsport, Judo, Volleyball, Rudern, Radsport oder Schwimmen – gerade in diesen Disziplinen gab es eine Reihe von internationalen Medaillen.

Schwerinerinnen und Schweriner mit glanzvollen olympischen Erfolgen

Auch die Auftritte der Schweriner Leichtathletinnen und Leichtathleten auf der “olympischen Bühne” waren oftmals von großartigen Erfolgen gekrönt. Den Anfang machte der Speerwerfer Walter Krüger bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom. Für das Speerwerfen wurde der 1932 in Altenpleen geborene Krüger vom russischen Trainer Dimitri Markow entdeckt. Der bis 1954 als Handballspieler bzw. Kugelstoßer aktive Walter Krüger überzeugte mit seiner Speerwurf-Technik in einem Test-Wettkampf, worauf er seine sportliche “Leidenschaft” wechselte.

Ab 1956 startete Walter Krüger dann für den SC Traktor Schwerin im Speerwerfen. Drei Jahre später stellte er seine persönliche Bestleistung mit 79,61 Metern auf. Und im folgenden Jahr, 1960 in Rom, gab es dann Silber hinter dem Russen Wiktor Zybulenko.

Im Diskuswerfen bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal belegte die gebürtige Schwerinerin Gabriele Hinzmann-Trepschek Platz drei. Für eine sportliche Sensation sorgte hingegen Gerd Wessig 1980 in Moskau. Im Hochsprung gewann er nicht nur Gold, sondern “markierte” mit 2,36 Metern einen neuen Weltrekord – ein Novum in der Geschichte des olympischen Hochsprungs der Männer.

In Seoul 1988 wurde Jürgen Schult, nach seinem Weltmeistertitel 1987 und seinem (bis heute bestehenden) Weltrekord von 74,08 aus dem Jahr ’88, ebenfalls Olympiasieger. Der Zehnkampf-Weltmeister von 1987 Torsten Voss musste in Seoul nur dem Rostocker Christian Schenk den “Vortritt” lassen und holte Silber. Auch nach der deutschen Vereinigung 1990 war Jürgen Schult erfolgreich, konnte seinen Olympiasieg zwar leider nicht wiederholen, holte aber Silber 1992.

Die Boxer waren zudem stets eine olympische Medaillen-Bank – goldene Momente gab es durch Jochen Bachfeld (1976), Andreas Zülow (1988) und Andreas Tews (1992).

Aus Schwerin kommen aber auch 23 Athletinnen und Athleten, die in der heutigen Landeshauptstadt M-V auch direkt geboren wurden und bei Olympia starteten. Aus der Stadt der „sieben Seen“ gehören die Ruderer zu den zahlenmäßig stärksten Olympioniken, so Annette Hohn, Philipp Naruhn, Manfred Schneider, Robert Sens, Michael Wolfgramm, der erste Olympiasieger aus Schwerin (neben der gebürtigen Schwerinerin Andrea Pollack und dem SC Traktor-Boxer Jochen Bachfeld) 1976 in Montreal, und Steffen Zühlke. Sie alle erblickten in Schwerin das Licht der (Sport-)Welt.

Im letzten  Jahr wurde Hannes Ocik von der Schweriner Rudergesellschaft U 23-Weltmeister … Anne-Sophie Agarius kann sich zudem olympische Ruder-Hoffnungen machen. Da wachsen eben wieder Talente heran, welche die alten Schweriner Erfolge im Rudern fortsetzen könnten …

Natürlich sind im Heimatort der Serien-Meister im Frauen-Volleyball ebenfalls die gebürtigen Schweriner Volleyball-Spielerinnen am olympischen Netz zahlreich vertreten, so Hanka Pachale, Sylvia Roll, Anke Westendorf – und dazu Robert Kromm, der 2008 in der DVV-Herren-Olympia-Auswahl stand.

Für olympische Regatten im Segelsport – auch das eine Schweriner Traditionssportart – konnten sich bisher folgende gebürtige Schwerinerinnen und Schweriner qualifizieren: Christian Schröder, Herbert Hüttner und Monika Leu – eine kam gerade hinzu.

Hervorragende Gewichtheber „brachte der Storch“ in die Landeshauptstadt: Jürgen Ciezki und Marco Spanehl. Im Leichtathletik-Bereich starteten Nadine Beckel und Gabriele Hinzmann von Schwerin aus in die olympischen Stadien.

Im Schweriner Sport-Sorgenkind Fußball kommt ebenso ein Olympionike „vom Pfaffenteich“. Wolf-Rüdiger Netz wurde 1950 in Schwerin geboren, war dann beim BFC aktiv und wurde mit der DDR-Auswahl Olympiazweiter 1980. Mit Wolfgang Braun (Handball), Andrea Pollack (Schwimmen), Dieter Gonschorek (Radsport) und Torsten Brechot (Judo) komplettieren das „gebürtige Schweriner Olympioniken-Team“. Ein „Exote“ kommt noch hinzu. Alfred Meyer, geboren in Schwerin, nahm 1932 in L.A. an den olympischen Kunstwettbewerben teil.

Die Vergangenheit der Schweriner Olympioniken ist ruhmreich. Hoffentlich gelingt es den Sportlerinnen und Sportlern aus Schwerin, ob hier geboren oder auch nicht, in London 2012 an die früheren Erfolge anzuknüpfen. Ramona und Carmen Brussig (PSV Schwerin) schafften bereits die Qualifikation für die Paralympischen Spiele 2012 – wie auch Rad-Ass sowie Wahl-Schweriner Stefan Nimke, der in London 2012 zum vierten Mal bei Olympischen Spielen startet, und Seglerin Franziska Goltz, die ihre Wiege auch in Schwerin hatte.

Und nun will eine weitere gebürtige Schwerinerin – Martina Strutz, die junge Mecklenburgerin und Vize-Weltmeisterin 2011 – die olympische Erfolgs-Tradition von M-V in der Leichtathletik ebenfalls fortsetzen. Martina startet dabei für den SC Neubrandenburg.

London im Blick haben auch aus Schweriner Sicht die Ruderin Anne-Sophie Agarius (Ersatz-Ruderin) und die paralympische Leichtathletin und gebürtige „Schweriner Deern“ Vanessa Low.

Nachgefragt bei Dirk Pollakowski, Schweriner SSB-Geschäftsführer

„Brauchen uns vor Rostock oder Greifswald nicht zu verstecken …

Frage: Die Olympischen und Paralympischen Spiele in London rücken immer näher: Drei Athletinnen und ein Athlet, die für einen Schwerinerin Verein starten, haben das London-Ticket schon sicher: Ramona und Carmen Brussig (Judo/Paralympics), Stefan Nimke (Bahn-Radsport) und Franziska Goltz (Segeln). Was zeichnet aus Ihrer Sicht die Vier aus? Was erhoffen Sie sich von diesem Quartett in London?

SSB-Geschäftsführer Dirk Pollakowski (Foto: Michels)Dirk Pollakowski: Alle Vier beweisen seit Jahren ihr großes Leistungsvermögen, offenbaren Leistungsbereitschaft und zeigen Trainingsfleiß. Es sind echte Vorbilder – auch für unsere jungen Athletinnen und Athleten. Stefan könnte dabei der erste Mecklenburger sein, der bei vier verschiedenen Olympischen Spielen zumindest eine Medaille gewinnt – eine herausragende Leistung.

Ramona und Carmen Brussig sind seit einem Jahrzehnt sowohl national als auch international große Klasse. Und sehr erfreulich ist, dass nach der Abstinenz 2008 der Segelsport „Made in M-V“ durch Franziska Goltz wieder bei Olympia vertreten ist.

Frage: Am Wochenende starteten knapp 3500 Kinder und Jugendliche in 30 Sportarten bei den 11. Jugendsportspielen in Schwerin. Wie lautet Ihr Resümee aus Schweriner Sicht? Wie ist eigentlich die Nachwuchssituation im Schweriner Sport?

Dirk Pollakowski: Die 11. Jugendsportspiele hatten eine ausgezeichnete Resonanz, es konnten beste Möglichkeiten für die einzelnen Sportarten geboten werden und auch viele Schweriner Kinder und Jugendliche zeigten, wie sportlich sie sind.

Was die Situation beim Schweriner Nachwuchs betrifft … Wir haben ja in Schwerin mehr als 100 Vereine mit mehr als 17.500 Mitgliedern. Darunter sind über 5.000 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Das ist eine ganz respektable Zahl, wenn man an den Geburtenrückgang nach 1990 denkt. Man kann – bei Berücksichtigung dieser Tatsache – schon sagen, dass die Schweriner Vereine mit ihren Angeboten in den letzten Jahren sogar mehr Kinder für eine sportliche Betätigung erreichten.

Es kommen auch immer mehr Eltern zu uns, die daran interessiert sind, dass ihre Kinder bereits im Vorschulalter regelmäßig Sport treiben, denn die neuesten Studien zur Thematik Ernährung zeigen: Es gibt gerade viel zu viele Kinder mit Übergewicht, aber auch Haltungsschwächen in Deutschland. Daher ist es wichtig, dass den Heranwachsenden genügend Angebote unterbreitet werden. Ein Plus in Schwerin ist dabei die gute Kooperation mit der Stadtverwaltung und die kostengünstige Nutzung der Sportanlagen.

Für diese großzügige Unterstützung seitens der Verwaltung werden wir von Nachbarstädten und -Regionen auch beneidet. Des Weiteren gibt es über die Sportjugend des Stadtsportbundes in Schwerin auch die landesweit geförderten Projekte “Gemeinsam Sport in Schule und Verein” und “Bewegte Kinder”, damit schon frühzeitig Kinder sportlich aktiv werden oder das Projekt „Integration durch Sport“, in dem auch Kinder mit Migrationshintergrund eine Teilhabe an der Gesellschaft über den Sport bekommen. Gleichzeitig wird so ein ganz wichtiger Beitrag zu mehr Toleranz und echtem Miteinander geleistet.

Was die Förderung des Nachwuchssportes betrifft, so brauchen wir uns vor Rostock, Greifswald oder Wismar keinesfalls verstecken – ganz im Gegenteil.

Darüber hinaus gibt es viele Veranstaltungen in der Landeshauptstadt, um Kindern den Sport näher zu bringen. So wurde „beneFIT“, bei dem sich die Vereine mit ihren Angeboten präsentierten, ein großer Erfolg. Viele Kinder informierten sich über die Möglichkeiten des Sporttreibens in Schwerin und fanden ihren Weg zu den einzelnen Vereinen.
Auch Events, wie zum Beispiel die „Mini-Fußball-EM“ für die Fußball-Steppkes im Stadion am Lambrechtsgrund Anfang Juni, maßgeblich veranstaltet vom FC Eintracht Schwerin, fand viel Zuspruch.

Frage: Welche weiteren sportlichen Highlights gibt es in Schwerin im Sommer 2012?

Dirk Pollakowski: Der Sportsommer 2012 wird in Schwerin sehr abwechslungsreich. Es gibt viele Angebote für Breiten- und Leistungssportler. Höhepunkte sind beispielsweise am 1. Juli der Schweriner Schloss-Triathlon, am 7. Juli der Fünf-Seen-Lauf, am 12. August das Schweriner Schloss-Schwimmen, am 24./26. August das Drachenbootfestival am 1./2. September die Schweriner Radsport-Tage, am 3./9.9. die Senior Open Tennis, vom 29. Septembere bis 3. Oktober die internationale Deutsche Meisterschaft im Segeln / Laser und am  29./30. September die Schweriner Tischtennistage. Da dürfte für jeden Sportinteressierten etwas dabei sind – und es sind nur einige Beispiele von vielen.

Frage: Wie bewerten Sie die Entwicklung des Sportes in den letzten zwei Jahrzehnten?

Dirk Pollakowski: Die Vereinslandschaft in Schwerin hat sich sehr positiv entwickelt. Anfang der Neunziger gab es in Schwerin 31 Sportvereine mit 8.800 Mitgliedern, heute sind es 105 Vereine mit über 17.500 Mitgliedern, entsprechend vielfältig ist auch die Angebotspalette.

Sportstätten wurden durch die Stadt Schwerin, aber auch viele durch die Initiative von Vereinen saniert, einige konnten neu entstehen, so zum Beispiel die „Arena“ am Lambrechtsgrund. Jüngste Sportstätte ist die durch den ARGUS e.V. gebaute Sporthalle.
Leider wurde die  Laufhalle am Lambrechtsgrund, in diesem Jahr mutwillig durch Brandstiftung zerstört. Diese wieder aufzubauen, hat oberste Priorität.

Frage: Welches sind die nächsten Ziele für den SSB Schwerin?

Dirk Pollakowski: Wir wollen weiterhin immer mehr Schwerinerinnen und Schweriner zum Sporttreiben animieren. Sport hat eine wichtige Ausgleichsfunktion zum beruflichen Alltag, hält gesund, macht in der Gemeinschaft besonders viel Spass und fördert auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Wenn er noch solche integren Persönlichkeiten, wie unter anderem Stefan Nimke oder Ramona bzw. Carmen Brussig, hervorbringt, so entfaltet er zudem eine Vorbildwirkung.

Dann weiterhin beste sportliche Erfolge!

Marko Michels

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