Interview mit der Opernsängerin Deborah Sasson

„In Schwerin war ich schon dreimal …“  – Eine amerikanische Power-Frau, mit Stimme sowie Anmut, über ihre Karriere, über künftige Projekte und ihre Konzerte in M-V

Deborah SassonEine der bekanntesten Amerikanerinnen hierzulande gastierte  in Mecklenburg-Vorpommern: Eine begnadete  Sängerin, ja ein globaler Star gab sich die Ehre – Deborah Sasson kam mit dem „Phantom der Oper“ nach Wismar und ging als „Künstlerin der Herzen“ – so begeistert waren die Mecklenburgerinnen und Mecklenburger von ihrem Auftritt.

Nachgefragt bei Deborah Sasson …

„Nach Mecklenburg-Vorpommern komme ich immer wieder gern …“

Frage: Frau Sasson, gerade hatte Sie mit dem „Phantom der Oper“ einen erfolgreichen Auftritt in Mecklenburg-Vorpommern, am Theater Wismar. Wie gefiel Ihnen das Wismarer Publikum ? Konnten Sie auch ein wenig die Welt-Kultur-Erbe- und Hansestadt Wismar erkunden ?

Deborah Sasson bei Deborah Sasson: Das Wismarer Publikum war einfach spitze ! Das ist nicht nur so einfach dahergesagt, aus Höflichkeit oder Freundlichkeit, sondern es ist ein aufrichtiges Kompliment. So eine Vorstellung, wie das „Phantom der Oper“, ist ja immer ein gegenseitiges Nehmen und Geben zwischen den Künstlern und den Zuschauern. Aber in Wismar war das Publikum ganz besonders herzlich, es ging bei der Vorstellung richtig mit. Es war ein unvergesslicher Abend für das Ensemble und für mich. Ansonsten: Ich kenne Wismar sehr gut. So hatte ich u.a. schon einmal zu Weihnachten – bei Dreharbeiten für die NDR-Schaubude – einen Auftritt. Wismar ist eine wirklich wunderschöne Stadt, der historische Marktplatz ist ganz toll.  Leider hatten wir Ende Januar nur wenig Zeit, um noch eine „Sightseeing-Tour“ zu unternehmen. Aber ich bin bestimmt mal wieder in Wismar.

Frage: Sie hatten ihren Auftritt an einem Wochenende (24.Januar 2010), das ganz im Zeichen der Amerikanerinnen stand. Zunächst holte sich Skifahrerin Lindsey Vonn ihre Führung im Gesamt-Weltcup zurück, ihre Landsfrau Kelly Cae Hogan begeisterte als „Senta“ in Wagners „Fliegendem Holländer“ am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin und eine der Protagonistinnen der Benefiz-Konzerte zugunsten der Opfer des Erdbebens in Haiti, Madonna, sorgte dafür, dass die amerikanische Spendenbereitschaft rekordverdächtige Ausmaße annahm. Sind Amerikanerinnen echte Power-Frauen mit Einsatz und Leidenschaft ? Wie ist da Ihre Meinung ?

Deborah Sasson:
Tja, Power haben Amerikanerinnen immer 😉 Aber ich glaube, dass es „Power-Frauen“ auf beiden Seiten des Atlantiks gibt, also auch in Deutschland. Sich durchsetzen zu können, leidenschaftlich für eine Sache zu sein, ist sicher nicht eine alleinige amerikanische Eigenschaft. Natürlich ist es schon so, gerade bei mir: Um eine Karriere so lange meistern zu können, bedarf es schon genügend Durchsetzungs- wie Durchstehungsvermögen. Man muß schon viel Liebe, viel Hingabe zu seinem Beruf, ja seiner Berufung entwickeln, sonst könnte der Erfolg nicht dauerhaft sein. Und das gelang mir bisher sehr, sehr gut.

Frage: Sie wurden in Boston geboren, bei Ihnen hörte der Alterungsprozess mit 20 jedoch auf. Sie haben anscheinend  einen „Jungbrunnen“ gefunden. Treiben Sie viel Sport ? Essen Sie nur Salatblätter ? Oder was ist das Geheimnis Ihrer ewigen Jugend ? … Übrigens: In Ihrer Geburtsstadt fand ja die „Boston Tea Party“ 1773 statt, der „Auslöser“ für den nordamerikanischen Unabhängigkeitskampf gegen die britische Kolonialmacht. Sind Sie deshalb – „genetisch bedingt“ – auch eine „Rebellin“ und Kämpferin ?

Deborah Sasson und Gunther EmmerlichDeborah Sasson:
Na ja, meine Mutter ist Irin und mein Vater Italiener. Insofern wurde ich zwar in den Staaten, in Boston geboren, aber meine Wurzeln sind europäisch. Und die Leidenschaft und das Temperament der Irinnen und Italiener sind ja sowohl berühmt als auch berüchtigt. Da meine „Wiege“ jedoch in Amerika stand, habe ich dieses Ideal vom „amerikanischen Traum“ fest in mir. Ich bin davon überzeugt, dass – wenn man seinen Weg konsequent, beharrlich und optimistisch verfolgt – die Hoffnungen und Wünsche auch in Erfüllung gehen.

Was die „jugendliche Frische“ betrifft: Erst einmal ein Dankeschön für das Kompliment. In der Tat lebe ich gesund, treibe regelmäßig Sport. Sport ist ein ganz wichtiger Ausgleich für mich – körperlich wie psychisch. Ich habe sogar einen Trainer, der früher Olympionike und Weltmeister im Judo war. Regelmäßig Sport treiben – das ist mein „Jungbrunnen“ …

Frage:
Wenn man in der damaligen DDR Amerikanerinnen und Amerikaner „live“ erleben wollte, so gab es nur einen Amerikaner und zwei Amerikanerinnen, die freiwillig in den Ostteil Deutschlands kamen. Einerseits den Schauspieler und Sänger Dean Reed, andererseits die Turnerin Brandy Johnson oder eben Sie. Mit Gunther Emmerlich verbindete Sie bereits vor dem Fall der Berliner Mauer eine Freundschaft. Wie kam es zum Kontakt mit Gunther Emmerlich ? Sie traten ja u.a. 1988 in seiner DDR-Show auf. Konnten Sie damals  ein wenig vom Leben in der DDR mitbekommen ?

Deborah SassonDeborah Sasson: Ja, eine Amerikanerin in Ostberlin ist noch um einiges „exklusiver“, spektakulärer als „ein Amerikaner in Paris“. Mein damaliger Mann, der Tenor Peter Hofmann, war ja eng mit Gunther Emmerlich befreundet, Gunther hatte ein Gastspiel in New York und so kam die „West-Ost-Verbindung“ zustande. Gunther war mir gleich sympathisch, er ist wirklich ein ganz lieber Zeitgenosse. Wir, Peter, Gunter und ich, waren ja  vom „gleichen Fach“ und so gab es natürlich schon damals jede Menge Gesprächsstoff über die musikalischen Vorlieben, Auftritte, Engagements, usw. Tja und letztendlich bin ich dann in seiner „Showkolade“ aufgetreten. Es war ein echtes Erlebnis, Damals, 1988, vor dem Fall der Mauer war ja die Bewegungsfreiheit noch nicht so groß, aber ich konnte mir schon einiges anschauen. Vieles war für mich ziemlich gewöhnungsbedürftig – auch die leeren Geschäfte. Ich hatte große Mühe meine Ost-Mark loszuwerden und in einem Bekleidungsgeschäft gelang es mir. Was ich mir kaufte ?! Tatsächlich Unterwäsche ! Sogar von sehr guter Qualität ! Nachdem die Grenzen geöffnet waren, bin ich dann regelmäßig in den neuen deutschen Bundesländern gewesen. Mit Gunther habe ich seit mehr als 20 Jahren gemeinsame Auftritte, so u.a. an der Carnegy-Hall in New York 2008.

Frage:
Bereits als Teenagerin sangen Sie in einer High-School-Band, Ihr erstes Engagement hatten Sie an der Metropolitan Opera in New York, zuvor studierten Sie unter anderem klassischen Gesang. Sie sind künstlerisch ungemein vielseitig und haben ständig neue Ziele. Wie sehen Sie Ihre künstlerische Karriere: Gab es manchmal Augenblicke, an denen Sie sich sagten: „Hätte ich mich doch lieber für ein andere musikalische Richtung entschieden …“. Wäre eine Pop- oder Rock-Karriere nicht auch etwas für Sie gewesen ?

Deborah Sasson:
Nein, Rock und Pop, das wäre dann doch nichts für mich. Ich habe letztendlich eine klassische Stimme, eine typische Opern-Stimme. Ich liebe zwar Pop- und Rockmusik, aber das poppige und rockige Singen überlasse ich dann doch den  anderen. Wenn mir jedoch eine Ballade einer Rock-Band sehr gut gefällt, mache ich schon ein klassisches Arrangement daraus. Am Anfang meiner Karriere hatte ich übrigens ein Angebot als Schauspielerin in einer „Daily Soap“ im TV  mitwirken zu können. Ich musste mich entscheiden: Entweder ich nahm den gut bezahlten Job als Schauspielerin an oder ich blieb meiner Berufung als klassische Sängerin treu. Letztendlich siegte mein Herz – und ich entschied mich für das Dasein als Sängerin. Ich hatte Musik studiert und liebte ganz einfach die Klassik zu sehr. Das habe ich nie bereut – im Gegenteil !

Frage:
Das „Phantom der Oper“, mit dem Sie zurzeit auf Tour sind, hält sich nicht sehr eng an die Webbersche Vorlage. Das „neue Phantom“ ist zwar mitreißend und begeisternd, einige Kritiker meinen jedoch auch, es sei oberflächlich, nicht sehr tiefgründig. Wie lautet Ihre Meinung ? Das Mecklenburger Publikum war ja von der Vorstellung sehr angetan …

Theater WismarDeborah Sasson: Ich glaube unser „Phantom“ liegt deutlich näher am Buch von Gaston Leroux. Unsere künstlerische Interpretation gibt mehr Einblicke in die Psyche, in das Denken, ja in die Gedankenwelt von Erik, dem „Phantom“. Und Christine befindet sich zwischen zwei Männern, die sie begehren. Beide lieben sie, doch ihr Herz gehört Raoul. Das erkennt letztlich auch Erik an und geht daran zugrunde. Es ist eine Tragödie um leidenschaftliche und enttäuschte Liebe. Wir haben jedoch versucht, in die  Tragödie auch leichtere, optimistische Szenen zu integrieren. Letztendlich ist die Atmosphäre beim „Pantom der Oper“ schon sehr speziell und unglaublich. Ich war ja selbst schon auf vielen Bühnen dieser Welt, doch steht man hinter der Bühne, gerade in einem sehr traditionsreichen Opernhaus, so gibt es auch ein beklemmendes Gefühl bei mir. Dann denke ich mir: „Hier haben schon viele Genies gesungen, ob deren Geist auch noch hier umherirrt ?!“ 😉

Frage:
Wie sehen Ihre nächsten Herausforderungen aus ? Haben Sie schon wieder neue Pläne ?

Deborah Sasson: Wir haben ja 60 Vorstellungen mit dem „Phantom der Oper“ durch ganz Deutschland und darüber hinaus. Und irgendwann muß sich auch eine amerikanische Power-Frau erholen. Es wird also nach dem „Phantom“ eine kleine Pause geben. Aber bereits Anfang April ist ein Projekt in Planung: So werde ich meine erste deutschsprachige CD aufnehmen. Auf dieser werden deutsche Balladen, Pop-Songs und Lieder zu hören sein. Ja, mir ist nie langweilig und es gibt immer etwas zu tun.

Letzte Frage:
Wann wird man Sie wieder in Mecklenburg-Vorpommern erleben können, speziell in Schwerin ?

Deborah Sasson: Nach Mecklenburg-Vorpommern komme ich immer wieder gern. In Schwerin hatte ich schon drei Auftritte, auch ein Weihnachtskonzert. Mit dem „Phantom“ bin ich nun leider außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns … Aber ich werde bald mal wieder hier gastieren – versprochen !

Dann alles erdenklich Gute für Sie, maximale Erfolge auf allen Bühnen dieser Welt und stets traumhafte Parts !

Die Fragen stellte: Marko Michels

Fotos Deborah Sasson: Deborah Sasson/privat (Foto von Deborah Sasson mit Gunther Emmerlich: Schneider-Press/mit freundlicher Genehmigung.)

– Nächste Termine mit dem „Phantom der Oper“: 9.Februar ab 20.00 Uhr in der Stadthalle in Deggendorf, am 11.Februar ab 19.30 Uhr in der Alten Oper in Erfurt, am 12.Februar ab 20.00 Uhr im Kultur- und Kongreßzentrum in Gera oder am 13.Februar ab 20.00 Uhr im Kulturhaus in Gotha.

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