Interview mit Carmen Brussig
Das olympische und paralympische Jahr hat auch im Judo-Sport natürlich längst begonnen. Die Wettbewerbe in London werden dabei der Höhepunkt des Judo-Jahres 2012 sein. Für die deutschen Athletinnen und Athleten ist es dabei ein Ansporn, an die großen Erfolge der olympischen Vergangenheit anzuknüpfen. Bisher konnten deutsche Judoka zwischen 1964 und 2008 zahlreiche Medaillen gewinnen. Es gab 5 x Gold, 7 x Silber und 20 x Bronze.
Blick in die judosportliche M-V-Historie – eine kleine Auswahl …
Die Judo-Fans in Mecklenburg-Vorpommern haben natürlich auch ein großes Interesse an den olympischen Judo-Entscheidungen, denn Judo und M-V – das ist mittlerweile fast so etwas wie eine erfolgreiche Tradition bei hochkarätigen internationalen Meisterschaften.
Während Ramona Brussig (PSV Schwerin), die paralympische Silbermedaillengewinnerin 2008 sowie Goldmedaillen-Gewinnerin 2004, zuletzt 2011 WM-Dritte und Europameisterin, zusammen mit ihrer Schwester Carmen (ebenfalls PSV Schwerin), 2008 paralympische Bronzemedaillengewinnerin, 2011 Vize-Weltmeisterin und EM-Dritte, bereits für die Paralympics 2012 qualifiziert sind, gab es bei Olympia vor 24 Jahren aus Schweriner Sicht viel Grund zum Jubeln.
Der 1964 in Schwerin geborene Torsten Oehmigen, nach der Heirat Torsten Brechot, der für den SC Dynamo Hoppegarten startete, wurde bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul Bronzemedaillen-Gewinner im Halbmittelgewicht. Bereits vor Seoul`88 war Torsten Brechot schon auf der Judo-Matte erfolgreich, wie sein erster Platz bei den Junioren-EM 1983 und sein WM-Silber von 1985 beweisen.
Aber der Schweriner Brechot hatte zudem einen erfolgreichen Vorgänger. Andreas Preschel, drei Jahre früher als Torsten Brechot in Schwerin geboren und ebenfalls in Hoppegarten aktiv, wurde 1983 Weltmeister im Halbschwergewicht in Moskau.
Weitere bekannte Judoka aus M-V sind – nur drei Beispiele von vielen – der viermalige Europameister Günter Krüger aus Pasewalk, Andreas Paluschek aus Rostock, der Junioren-Europameister 1980 und EM-Dritter 1985 wurde, oder Roland Borawski aus Schwerin, der 1989 EM-Gold erkämpfte. Aktuell sorgt aus Schweriner Sicht ebenfalls Susi Zimmermann für viel judosportliche Furore. So gewann Susi 2011 in San Salvador ihre dritte Weltcup-Medaille, nachdem die Landeshauptstädterin 2010 WM-Silber im Team in Antalya erkämpfte.
Doch nun gilt es für Ramona und Carmen Brussig in London 2012, maximale Erfolge zu erreichen!
Nachgefragt bei Carmen Brussig, Jahrgang 1977, vom PSV Schwerin
„Eine Medaille möchte ich schon haben …“
Frage: Die Spiele in London, zunächst die Olympics ab 27. Juli (bis 12.August), dann die Paralympics ab 29. August (bis 9.September), rücken immer näher. Wie ist bei dir der Stand der Vorbereitung vier Monate vor Beginn der Paralympics? Alles „im grünen Bereich“?
Carmen Brussig: Im Moment laufen die Vorbereitungen – sportlich gesehen – gut. Natürlich wäre es besser, wenn man sich voll und ganz auf die Paralympics vorbereiten könnte, aber arbeiten und Geld verdienen ist nun einmal ebenfalls wichtig! Dass man hier und da ein paar Probleme hat, ist völlig normal, die muss ohnehin jeder in seinem Alltag bewältigen.
Frage: Vor vier Jahren gab es für deine Zwillingsschwester Ramona, die 2004 in Athen bereits Gold erkämpfte, Silber und für dich Bronze. Welche besonderen Erinnerungen verbindest Du mit Peking 2008? Was waren damals für Dich – sowohl sportlich als auch organisatorisch – die Höhepunkte der Paralympics 2008?
Carmen Brussig: Jetzt freue ich mich über meine bronzene Medaille. Damals war ich enttäuscht, dass ich gleich meinen ersten Kampf verloren hatte und so „nur“ noch Bronze zu erkämpfen war. Der Höhepunkt war für mich persönlich, vor so einem großen Publikum zu kämpfen. Und da ich den Kampf dann um Platz drei noch gewann, war es umso schöner!
Frage: Du startest für den PSV Schwerin, wohnst aber in der Schweiz. Lebst es sich im „Lande von Wilhelm Tell“ besser als im „Land der Fischer und Bauern“, also in Mecklenburg?
Carmen Brussig: Ich lebe nun seit zehn Jahren in der Schweiz, und ich könnte es mir nicht mehr vorstellen, nach Deutschland zurück zu kehren. Ich denke, man kann sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz gut leben. Es kommt immer darauf an, was man daraus macht.
Frage: Welche Wettkämpfe hast du eigentlich in diesem Jahr schon bestritten? Gibt es noch weitere Turniere bzw. Trainingslager bis London?
Carmen Brussig: Ich habe in Finnland an den Pajulathi Games und an den German Open mit Trainingslager teilgenommen. Im Mai werden wir dann zu den US Open reisen. Gerade bin ich aus Japan zurückgekommen. Dort haben wir uns drei Wochen vorbereitet.
Frage: Deine Schwester, du, die Neubrandenburger Triathletin Anja Dittmer, der Rostocker Ruderer Felix Drahotta oder die Schweriner Seglerin Franziska Goltz haben das Ticket für London schon sicher. Gute Chancen haben auch Stabhochspringerin Martina Strutz (Neubrandenburg), Speerwerfer Mark Frank (Rostock), die Läuferinnen Jana Schmidt (Rostock) und Vanessa Low (Schwerin), der Triathlet Sebastian Rank, die Rostocker Ruder-Flotte um Marie-Louise Dräger bzw. Stephan Krüger, die Neubrandenburger Kanuten um Martin Hollstein, die Heiligendammer Sportschützin Katrin Quooß, die Neubrandenburger Leichtathleten Ralf Bartels bzw. Julia Mächtig sowie das Schweriner Rad-Ass Stefan Nimke.
Verfolgst Du das Sportgeschehen und die Resultate bei den Kolleginnen und Kollegen anderer Sportarten auch ein wenig?
Carmen Brussig: Nicht wirklich, ich versuche mich nur auf mich zu konzentrieren. Natürlich auch auf meine Schwester Ramona!
Letzte Frage: Welche Bedeutung hat für Dich ganz persönlich die Teilnahme an den Paralympics 2012? Was sind Deine Ziele für London?
Carmen Brussig: Die Spiele sind immer nur alle vier Jahre. Schon die Teilnahme bedeutet mir sehr viel. Es möchte jeder in London gewinnen, die Konkurrenz ist groß, aber eine Medaille möchte ich schon haben.
Dann alles Gute für die weitere paralympische Vorbereitung und dann in London!
M. Michels
Info: Carmen Brussig wurde 2006 zweifache Weltmeisterin (Team, Einzel), 2007 zweifache Europameisterin (Team, Einzel), Einzel-Weltmeisterin 2007, WM-Dritte mit dem Team 2007, Paralympics-Dritte 2008, Vize-Europameisterin 2009, WM-Dritte 2010, EM-Dritte 2011 und Vize-Weltmeisterin 2011.