Kino im Filmbüro M-V in Wismar

DEFA-Film „Der Dritte“ vor interessiertem Publikum …

Logo/Filmbüro M-VFilme mit Qualität und Niveau bietet die lose Reihe „Kino im Filmbüro M-V“ mit Sitz in Wismar an der Bürgermeister-Haupt-Strasse.
So war dort Anfang April der DEFA-Streifen „Der Dritte“ mit Jutta Hoffmann zu sehen …

Film-Plakat Ein Juwel in Repertoire der DEFA ist zweifellos der Film „Der Dritte“, einen dokumentarisch angelegten, bewußt in Schwarz-Weiß und in Farbe gedrehten Spielfilm über die DDR-Alltags-Tristesse. Regisseur Egon Günther und Hauptdarstellerin Jutta Hoffmann, die am 3.März Geburtstag feierte (!), gelang mit ihrem Film ein realistischer Beitrag über das Leben in der DDR: Zwischen „erwünschter Planerfüllung“ in umweltverseuchenden Betrieben, ödem DDR-TV, grauen DDR-Plattenbauten, geschmacksverirrten Wohnzimmer-Tapeten und „bunten (Liebes-)Hoffnungen und Wünschen der „DDR-Bürger“.

Jutta Hoffmann als verklemmte, hoffende und engagierte Mitt-Dreißigerin, eine Ostdeutsche auf einem eher unspektakulären Lebensweg ist auf der Suche nach der ganz großen Liebe, der leider nicht in Erfüllung geht.

Ein Physik-Lehrer mit festen Karriere-Aussichten, ohne Gewissen und ohne Überzeugungen, und ein blinder Klavierstudent erweisen sich schnell als „Flops“, erst der „Dritte“, der Arbeitskollege vom „Chemiewerk II“, erweist sich als „Treffer“.

Davor wird in Rückblenden die Entwicklung von Margit Fließer (verkörpert von Jutta Hoffmann) gezeigt: Ihr Trauma nach dem Tod der Mutter, ihr Lebensabschnitt als Diakonieschülerin, ihr Studium an der Arbeiter- und Bauern-Fakultät, ihre Tätigkeit als Mathematikerin in einem Chemiewerk und ihr reales Leben in der real existierenden sozialistischen Tristesse, wo übrigens auch hervorragend und leidenschaftlich geliebt werden konnte bzw. durfte.

Zwischen Kirche, „Genossen“ und qualmenden Schornsteinen, die Umweltzerstörung im schlechtesten Sinne, „verantworteten“, gelingt es der sympathisch und natürlich spielenden Hoffmann als Margit Fließer ihre persönlichen Freiräume zu schaffen – ohne den sie umgebenden Staat übertrieben wahrzunehmen bzw. ernst zu nehmen.

Mit ihrer „Flamme“ vom Chemiewerk Hrdlitschka (Rolf Ludwig) wagt sie sogar die Ehe. Hier endet der Film der bereits zweifachen Mutter. Aber beim „Happy End“ wurde eben auch bei der DEFA schnell „abjeblendt“.

Und so erfährt der Zuschauer nichts von den Vorzügen einer „realsozialistischen Ehe“ – leider …

Fazit: Der Film mit der hervorragenden Darstellerin Jutta Hoffmann gibt einen realistischen Einblick in die realsozialistische Arbeits- und Lebenswelt und vermittelnd verstörend wie kleinbürgerlich-miefig und letztendlich auch subtil reaktionär und konservativ die DDR-Gesellschaft war, dem ersten und hoffentlich letzten „Arbeiter- und Bauern-Staat“ auf deutschem Boden.

Für ihre Darstellung in „Der Dritte“ von Regisseur Egon Günther (Drehbuch: Günther Rücker / nach dem Roman „Unter den Bäumen regnet es zweimal …“ von Eberhard Panitz) wurde Jutta Hoffmann auf dem Filmfest in Venedig 1972 mit dem Darstellerpreis als beste Schauspielerin ausgezeichnet.

Kino-Saal des Filmbüros M-VNächste cineastische Höhepunkte im Kino-Saal des Filmbüros M-V in Wismar sind am 26.April das „Kulinarische Kino“ mit dem Schwerpunkt Großbritannien und am 15.Mai der Film „Someone beside you“.
Gemeinsam mit dem Verein „Das Boot“, dem Gesundheitsamt der Hansestadt Wismar und dem Filmbüro wird Mitte Mai ein Themenabend mit Filmvorführung, Infoständen von Selbsthilfegruppen und Hilfsangeboten stattfinden.
Filmbüro M-V/Haus 1Anschließend gibt es dann eine Publikumsdiskussion zum Film.

Marko Michels

Fotos: Logo Filmbüro M-V, M.M. (1)

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