Kormoran als Sündenbock für menschengemachte Probleme

NABU kritisiert Populismus der stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden.

Zur Kritik der stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden im Schweriner Landtag, Beate Schlupp, welche die Wahl des Kormorans zum Vogel des Jahres 2010 als „gezielte Provokation“ bezeichnet hat, erklärt der NABU-Landesvorsitzende Stefan Schwill:
„Für den Kormoran haben wir uns entschieden, weil dieser Fischfresser – der noch vor kurzer Zeit in Deutschland unmittelbar vor der Ausrottung stand – heute wieder zu tausenden geschossen und als ‚Schädling‘ verfolgt wird. Er ist zum Sündenbock für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Fischereiwirtschaft geworden, die vielfältige – zumeist aber menschengemachte – Ursachen haben“.

So werden durch die Nährstoffüberlastung große Teile der Unterwasservegetation vernichtet, übermäßiger Bootsverkehr zerstört zudem Schilfgürtel von Seen und Flüssen. Beides führt dazu, dass Fische ihren Lebensraum verlieren. Auch das künstliche Einsetzen bestimmter Fischarten – z.B. Graskarpfen – in Seen kann zu massiven Beeinträchtigungen der Lebensräume führen. Durch Begradigung und Anstau von Fließgewässern werden Wanderwege für zahlreiche Fischarten zerschnitten. So erreichen z.B. Jungaale aus den Meeren viele Binnengewässer nicht mehr. Hinzu kommt die massive Überfischung von Jungaalen – sogenannten Glasaalen – in den Ozeanen.

Lediglich in Fischteichanlagen mit ihrer hohen Konzentration an wirtschaftlich bedeutsamen Fischen kommt es regelmäßig zu begründeten Konflikten zwischen Fischereiwirtschaft und Kormoranen. Anders sieht das in natürlichen Gewässern aus, in denen sich die Kormorane vor allem von den häufigen, gleichzeitig wirtschaftlich unbedeutenden Fischarten wie Blei, Plötze oder Rotfeder ernähren. Das haben Nahrungsrestanalysen bei Kormoranen auch in Mecklenburg-Vorpommern mehrfach bewiesen.

„Ich fordere die Befürworter von Abschüssen auf, endlich stichhaltige und nachprüfbare Belege für wirtschaftlich relevante Kormoranschäden in den Binnen- und Küstengewässern vorzulegen“, so Schwill weiter. „Populistische Behauptungen – ob von Anglern, Fischern oder wie jetzt Politikern – sind mir entschieden zu wenig.“

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