Linken-Kommunalpolitikerin Anja Janker im Interview

Anja Janker über die Finanzlage Schwerins, die Liebenswürdigkeit der Landeshauptstadt, positive Entwicklungen, Wahl-Ziele und das persönliche politische Engagement

„Die größten Sorgen bereitet mir die finanzielle Situation in Schwerin …“

Frage: Kaum ist das neue politische Jahr begonnen, gibt es wieder die ewig gleichen politischen Grabenkämpfe. Neuer Streit um alte Dinge. Stimmungshochs und Stimmungstiefs. Schöne Statistiken und neue Hoffnungen. Neue Skandale und alte Freuden. Wie sehen Sie Schwerin und „die Welt“ im jungen Jahr 2011?

Anja Janker (Foto: Privat)Anja Janker: Als Kommunalpolitikerin versuche ich, das Beste für unsere Einwohner zu erreichen und lasse mich nicht von den bundespolitischen Personal-Querelen in der täglichen Arbeit hemmen. Man muss nicht auf jeden Zug aufspringen und denken, bei allem mitmischen zu müssen. Ich persönlich gebe auch nicht soviel auf Umfragen, denn am Ende entscheidet sich der Wähler für die Partei und die Volksvertreter, denen er vertraut und von denen er erwartet, dass sie sich in seinem Sinne einsetzen.  Dieses Vertrauen muss man sich aber sowohl als Person aber auch als Partei hart erarbeiten. Dessen müssen sich leider noch viele potentielle Kandidaten bewußt werden.

Frage: Das Jahr ist bereits „alt“ und doch noch so jung, aber schon gibt es negative Schlagzeilen: Dioxin in Lebensmittel, Hartz IV-Streit zwischen Bundesministerin von der Leyen und MV-Sozialministerin Schwesig, Schnee- und Eis-Chaos bei der Deutschen Bahn, Schweriner Schuldenbremsen, Neu-(Des-)Orientierung bei der Bundeswehr, neu-alte Castor-Transporte auch durch M-V.
Wie beurteilen Sie, Frau Janker, „ohne Blick durch die knallroteBrille“ die Lage in Schwerin, MV und Deutschland?

Anja Janker: Als Nicht-Brillenträgerin habe ich weder eine knallrote noch eine andere Brille auf und denke, dass ich die vorhandenen Probleme, die es sowohl auf kommunaler als auch auf landes- und bundespolitischer Ebene gibt, ganz gut einschätzen kann. Wir können als ehrenamtliche Politiker jedoch zwar zu allem eine Meinung haben, aber am Ende sitzen doch ganz andere „Strippenzieher“ in den politischen Ebenen, wenn es um Deutschland im Allgemeinen, aber auch um M-V im Besonderen geht.

Als Beispiel seien die Castor-Transporte genannt, die wir leider nicht verhindern können, aber trotzdem stellen wir uns dem mit größtmöglichem Widerstand entgegen. Sie sind gerne zu unserer Demonstration am 12.02. in Greifswald eingeladen!

Was mir jedoch die größten Sorgen bereitet, ist nach wie vor die finanzielle Situation Schwerins. Erst kürzlich wurde zwar nach langem Ringen der Haushalt verabschiedet, aber da er wieder defizitär ist, ist es fraglich, ob wir die Genehmigung vom Innenministerium bekommen.

Frage: Schwerin erscheint anderthalb Jahre nach der BUGA wieder „grau in grau“, was nicht nur am längst erfolgten Tauwetter liegen dürfte. Was könnte, was müsste aus Ihrer Sicht in der Stadt 2011 besser werden? Vielleicht noch ein fünftes Center am Marienplatz?

Anja Janker: Kann es sein, dass Sie jetzt eine tiefgraue Brille aufhaben? So schlecht sollten wir unser schönes Schwerin nun wirklich nicht machen, das hat es einfach nicht verdient!  Es ist eine lebenswerte Stadt, was wir immer wieder betonen sollten. Durch die BUGA haben alle profitiert, vor allem aber die Schweriner Einwohner selbst. Es wurde so vieles schöner, angefangen beim Schloßgarten, der Promenade und dann natürlich der Beutel. Es wurde ein Stein ins Rollen gebracht, denn das war erst der Anfang. Schritt für Schritt werden die Straßen erneuert, die noch unsanierten Häuser verschönert und neue Wohngebiete geschaffen. Eine Entwicklung ist zu sehen, die natürlich auch Zeit und vor allem Geld braucht.

Manchmal muss man deswegen auch froh sein, wenn sich Investoren finden, um ein Gebiet zu entwickeln. Da sollte man persönliche Vorlieben zurückstellen können, denn ohne Geld stünden heute noch die alten, leer stehenden Häuser samt abbruchreifem Speicher dort. Diesen nicht gerade schönen Anblick habe ich jahrelang aus meinem Bürofenster „genießen“ dürfen.

Frage: Ihre Partei ist stimmungsmäßig zur Zeit nicht gerade „oben auf“ – bundesweit bei 9 Prozent, in M-V bei 15 Prozent … Wo „verorten“ Sie die Linkspartei im Landtagswahl-Jahr 2011? Was für ein Wahlergebnis erhoffen Sie sich für Ihre Partei?

Anja Janker: Ich erhoffe mir natürlich ein möglichst gutes Wahlergebnis, denn schließlich wollen wir mit Helmut Holter den nächsten Ministerpräsidenten stellen. Dieses ist übrigens ein einstimmiger Beschluss des Landesvorstandes. Solche Beschlüsse bringen selbstverständlich aber nur etwas, wenn auch alle geschlossen dahinter stehen.

Frage: Sie sind ja vielfältig engagiert. Wie erleben Sie die (soziale) Stimmung in Schwerin? Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage in M-V und Schwerin?

Anja Janker: Zu dieser Frage habe ich mich teilweise schon geäußert, möchte aber noch ergänzen, dass ich den Eindruck habe, dass vieles im Umbruch ist. Seit vielen Jahren war 2010 zum Beispiel das erste Jahr mit Einwohnerzuwächsen. Ein guter und wichtiger Trend, der sich hoffentlich fortsetzt.

Trotz vielfältiger Probleme steigt aber auch bei unseren Unternehmen der Umsatz, die Aufträge im Handwerk nehmen wieder zu und die Kaufkraft steigt wieder. Ich denke, dass inzwischen auch bei uns das schlimmste Tief überwunden ist.

Frage: Ihre Prognose für das Jahr 2011 aus Sicht einer Schwerinerin?

Anja Janker: Wenn ich Hellseherin wäre, hätte ich im Lotto mitgespielt und wäre inzwischen Millionärin! Nein, Prognosen sind schwierig und neigen dazu, entweder zu große Seifenblasen aufzupusten, die dann ganz schnell platzen oder gleich zu sagen, das bringt nichts und alles ist hoffnungslos. Beides entspricht jedoch nicht meiner Mentalität! Ich wünschte mir, dass alle im Sinne der Schweriner handeln und entscheiden  und nicht so sehr gegeneinander agieren würden. Dann wäre das Arbeiten manchmal produktiver.

Dann maximale Erfolge 2011 – persönlich, beruflich und politisch!

Das Interview führte Marko Michels

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