Mit Tradition und neuen Zielen: Der SV Mecklenburg Schwerin

Nachgefragt bei Friedrich Diestel

Nachdem vor 19 Monaten der Traditionsverein SV Post Schwerin in die Insolvenz musste, befürchteten viele Handball-Fans der Region, dass die Landeshauptstadt M-V auf lange Zeit ohne Herren-Handball auskommen, sich lediglich mit den Spielen der Handball-Damen des SV Grün-Weiß Schwerin trösten müsste.

Und das, wo es es zahlreiche großartige Handball-Persönlichkeiten aus Schwerin gibt und gab. Erinnert sei nur an Helga Obschernitzki-Haase, die bis 1952 bei der BSG Empor Schwerin erfolgreich Handball spielte, dann zur noch erfolgreicheren Eisschnellläuferin avancierte und 1960 in Squaw Valley sogar Eisschnelllauf-Olympiasiegerin wurde. Oder Wolfgang Braun (1944 in Schwerin geboren), der bei den Olympischen Spielen 1972 mit der bundesdeutschen Auswahl Rang sechs belegte (Die DDR wurde seinerzeit Vierter.). Oder Holger Schneider, der ehemalige Spieler und Trainer der Post-Handballer. Er nahm zweimal – 1988 in Seoul und 1992 in Barcelona – mit der DDR-Mannschaft und mit der gesamtdeutschen Auswahl an Olympischen Spielen teil. Ein weiterer Schweriner Handball-Nestor, Hannes Eichhorn, wurde ebenso wie Wolfgang Braun gerade junge 70.

Friedrich Diestel ((Foto: Marko Michels)Wie bewertet nun der Geschäftsführer des SV Mecklenburg Schwerin, die Handball-Situation in Schwerin und in ganz M-V? Friedrich Diestel über die Ambitionen, die sportliche Entwicklung und die Nachwuchsarbeit des SV Mecklenburg Schwerin sowie über die Rostocker Handball-Nachbarn.

„Wollen keinen Stillstand…“

Frage: Seit Ende August 2013 läuft die Saison 2013/14 in der dritten Herren-Handball-Liga. Der SV Mecklenburg Schwerin ist zurzeit (Anfang März 2014) Elfter von sechzehn Teams.
Wie bewerten Sie den Leistungsstand des SV Mecklenburg Schwerin? Wie beurteilen Sie die Perspektiven Ihres Teams?

Friedrich Diestel: Zunächst handelt es sich bei dem SV Mecklenburg Schwerin nicht um einen neuen oder sogar Nachfolge-Verein. Lediglich der Namenszusatz „Post“ wurde durch „Mecklenburg“ ersetzt. Tradition, Erfahrungen und Werte werden im Sinne der Vereinshistorie weitergeschrieben.

Wir haben in die Saison 2013/2014 ein sehr gutes Team in Liga drei gesetzt. Dabei konnten wir auf erfahrene Spieler wie Johannes Prothmann, Ingo Heinze und Stephan Riediger setzen sowie auf eine ganze Reihe sehr gut ausgebildete junge Akteure, bei denen anfangs nicht ganz klar war, welche Rolle sie sportlich spielen werden. Heute kann ich sagen, dass dieses Team sein Potential sehr weit, aber nicht komplett, ausgeschöpft hat. Wir sind allerdings auf einem richtigen Weg und werden das Saisonziel Klassenerhalt auch schaffen.

Frage: Welche „Baustellen“ gibt es noch im Team des SV Mecklenburg Schwerin? Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Friedrich Diestel: Das Team besteht nicht nur aus dem sportlichen Kader. Und genau da liegen unsere Baustellen. Die wichtigste Aufgabe ist die Schaffung von nachhaltigen und professionellen Strukturen. Dazu gehören eine funktionierende Geschäftsstelle, ein aktiver Vertrieb und eine konsequente Sponsoren-Akquise. Sportlich müssen wir über die Qualität jedes einzelnen Spielers insbesondere unsere Konstanz in den Griff bekommen. Der Leistungsunterschied zwischen Heim- und Auswärtsspielen ist deutlich zu hoch.

Frage: Mal einen Blick über den Schweriner (Handball-)Tellerrand hinaus… Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Herren-Handballsportes in M-V, speziell beim HC Empor Rostock?

Friedrich Diestel: Ich pflege mit dem HC Empor Rostock aktuell ein sehr gutes Verhältnis. Erst kürzlich haben wir mit Paul Porath – einem „Rostocker Jung“ –  mit dem Doppelspielrecht für unsere erste Mannschaft ausgestattet. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir das ausbauen.

Die weitere Entwicklung kann ich bzw. möchte ich nicht beurteilen. Dafür bin ich zu weit weg. Der Wirtschaftsraum Rostock ermöglicht es zumindest, dass die selbstgesteckten und kommunizierten Ziele erreichbar sind. Der restliche Handball in M-V steht im bundesweiten Vergleich unterrepräsentiert da. Stralsund wird sicher den Weg in Liga drei schaffen. Danach stehen mit Loitz, Bad Doberan, Neubrandenburg und Usedom sehr starke Vereine in Liga vier, denen es zu wünschen ist, dass diese den Weg in die dritte Liga schaffen. Perspektivisch halte ich es für möglich, dass Mecklenburg-Vorpommern in den Ligen eins bis drei vertreten ist.

Frage: Haben Sie eigentlich auch einen Blick für das Geschehen im Frauen-Handballsport, insbesondere beim SV Grün-Weiss Schwerin?

Friedrich Diestel: Ja, auch wenn es oftmals nur „beim Blick“ bleibt. Ich verfolge die Arbeit im Verein und die sportliche Entwicklung natürlich sehr genau. Ich schaffe es aber leider kaum, mir auch die Spiele anzusehen. Auch hier kann ich für mich festhalten, dass die Verantwortlichen der beiden Vereine ein sehr faires Nebeneinander pflegen.

Letzte Frage: Wie ist es eigentlich um den Handball-Nachwuchs beim SV Mecklenburg Schwerin bestellt?

Friedrich Diestel: Unsere heutige erste Mannschaft besteht bis auf zwei Ausnahmen ausnahmslos aus Schweriner Nachwuchskräften. Teilweise haben wir bis zu vier A-Jugendspieler im Kader, wobei mit Marc Hünerbein und Fabian Kaleun zwei davon ständig im Kader sind. Dieses Bild ist ein sehr positives.

Im Mini-Bereich haben wir teilweise bis zu 70 Kinder, welche Handballer werden wollen. Auch das stimmt für die Zukunft optimistisch. Mit den Ergebnissen der übrigen Jahrgänge sind wir im Verein nie zufrieden. Wir wollen keinen Stillstand und setzen zukünftig noch mehr auf eigene Kräfte.

Vielen Dank, weiterhin bestes handballsportliches Engagement und eine positive Saison für den SV Mecklenburg Schwerin!
Marko Michels

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