Multikulturell – sportlich – freundschaftlich

Multikulturelles Sportfest in Schwerin mit regem Zuspruch

Sport kann vereinen, Brücken bauen und Freundschaften befördern. Oder wie der deutsche Mediziner und Psychologe Alexander Mitscherlich noch treffender meinte: „… Je mehr Sport, desto bedeutungsvoller ist seine sozialisierende Funktion, das heißt seine Mitwirkung daran, das Leben dieser Gesellschaft erträglicher zu machen.“ Genau all das wurde gerade am 25. September in Schwerin wieder deutlich. Zur Eröffnung der Interkulturellen Wochen in der Landeshauptstadt wurde auf dem historischen Marktplatz auch ein multikulturelles Sportfest gefeiert, auf dem sich Vereine, Sportler und Verbände insbesondere aus Schwerin, Rostock und Wismar präsentierten.

„Sport baut Brücken, ja er fördert den Zusammenhalt, bildet die Grundlage für neue Freundschaften und hilft, Vorurteile abzubauen. Bei den Wismarer Boxsportlerinnen und Boxsportlern wird Integration nicht nur verbal geäußert, bei uns wird sie gelebt. Ohne aufrichtiges Miteinander wären unsere boxsportlichen Erfolge, insbesondere beim Nachwuchs, gar nicht möglich!“, meint nicht nur Wismars Box-Legende Fiete von Thien, dessen Team auch für vorbildliche Integrationsarbeit ausgezeichnet wurde.

Aber warum funktioniert gerade im Sport die multikulturelle Gesellschaft … Warum klappt vieles, was im Sport möglich ist, im Alltag der Menschen nicht? Warum stößt der multikulturelle Gedanke in der Praxis immer noch auf enge Grenzen, insbesondere in den Köpfen der Menschen?

Hierzu hat Dimitri Avramenko, der Integrationsbeauftragte der Stadt Schwerin, eine klare Meinung:
„Im Sport ist vieles verständlicher und die Regeln sowie die Ziele sind klar und deutlich definiert. Am Ende eines Wettstreites gibt es etwas zu gewinnen. Damit das gelingt, muss das ganze Team, egal mit welchem kulturellen Ursprung jedes einzelnen in der Mannschaft, gut funktionieren. Und nach 90 Minuten Spiel, wie im Fußball, wird entweder gefeiert oder getrauert, aber immer zusammen. Für viele Menschen unserer Gesellschaft gehört auch Sport, und insbesondere der Breitensport zum Alltag. Da die multikulturelle Gesellschaft dort funktioniert, spiegeln sich diese Erfahrungen sehr oft auch im normalen Alltagsleben wieder. Allerdings ist unser Leben viel komplexer und vielseitiger. Und je mehr Unterschiedlichkeiten dabei vorhanden sind, um so größer sind die zu bewältigenden Herausforderungen. Diesbezüglich sind wir schon bei Integration, die sich aus meiner Sicht als eine dauerhafte gesellschaftliche und politische Aufgabe darstellt, an deren Bewältigung nicht nur Zuwanderer und Menschen mit Migrations-Hintergrund mitwirken, sondern die gesamten Mitglieder der Aufnahmegesellschaft, u.a. Institutionen, Ämter, Einrichtungen und die einheimische Bevölkerung …“

Es gilt also die Köpfe und Herzen der Menschen zu gewinnen, ganz gleich ob jene der „Einheimischen“ oder jene „der neuen Einheimischen“. Was wäre der deutsche Sport ohnehin ohne seine Athletinnen und Athleten „mit Migrationshintergrund“?

Ohne einen Miro Klose (geboren im polnischen Opole)  und dessen Tore wäre Deutschland wahrscheinlich 2002 nicht Vize-Weltmeister und zweimal WM-Dritter 2006/2010 geworden. Deutschland müsste noch immer auf die erste Turnmedaille der Damen seit der Wiedervereinigung warten – dank einer Oksana Chusowitina (geboren im usbekischen Buchara) und ihrem Sprung-Olympiasilber 2008 muß das Land von Turnvater Jahn dieses allerdings nicht.

Einen Amateur-Box-Weltmeister 2009 hätte es für den Deutschen Boxsportverband ebenfalls nicht gegeben … Jack Culcay-Keth, der Champion im Weltergewicht, wurde in Ekuador geboren. Und im Trampolinspringen wäre Deutschland auch noch goldlos – aber eine Anna Dogonadze, geboren in Mzcheta/Georgien, gewann olympisches Gold 2004! Nur vier Beispiele von vielen!

Und was wären außerdem Hansa Rostock, die Handballer von Post Schwerin, die Boxer vom Wismarer Hanse-Team oder die Handballerinnen  der TSG Wismar ohne ihre „Ausländer“ und/oder die „Landsleute mit Migrationshintergrund“ …

Deutschland würde sich erst ohne die neuen Deutschen abschaffen, was mäßig erfolgreiche ehemalige Finanzpolitiker ja ganz unsportlich und unqualifiziert bestreiten.

Schwerin gab an diesem 25. September jedenfalls einen schönen Blick auf das, was überall – nicht nur im Sport – sein könnte: Ein schönes, friedvolles, erfolgreiches und ausgelassenes Miteinander. Zwischen Schachspiel, Bowling, Tischtennis, Tanzsport, Boxen, Turnen, Akrobatik, Streetbasketball oder Gymnastik ging es interkulturell und sportlich hoch her …

M. Michels

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