Nicht am Rande der Gesellschaft – das Erwerbslosenparlament

Dreizehntes Erwerbslosenparlament mit Teilnehmern aus 40 Vereinen und Organisationen im Schweriner Schloss

Mehr als 150 Teilnehmer, die rund 40 Vereine, Organisationen und Verbände repräsentierten, zählte das 13. Erwerbslosenparlament am 29. Oktober 2010 im Schweriner Schloss und auch Gäste aus Politik, Gewerkschaften und weiteren gesellschaftlichen Gruppierungen nahmen die Einladung wahr.

Landtagsvizepräsident Andreas Bluhm erschien in Vertretung der Schirmherrin, Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, und verlas ein Grußwort. Kirchenrat Markus Wiechert bekundete in Abwesenheit die Unterstützung der evangelischen Kirche für das Anliegen des Parlamentes.

Die Gründe für seine Abwesenheit waren auch nachvollziehbar: Die nordelbische, die mecklenburgische und die pommersche Kirche wollen sich zusammen schließen – bis Pfingsten 2012. In Travemünde fand dazu am letzten Wochenende die verfassungsgebende Synode statt. Auch dort gab  es rege Diskussionen und Wortmeldungen, aber insbesondere auf dem Erwerbslosenparlament wurden deutliche Worte gefunden – gerade  in puncto Sozialabbau der gegenwärtigen Bundesregierung.

So wurde eine aktive Arbeitsmarktpolitik von Bund und Land gefordert, eine verstärkte Förderung von Langzeitarbeitslosen und einen  Existenz sichernden Mindestlohn. Scharfe und konstruktive Kritik übte der frühere Arbeitsminister in M-V Helmut Holter. Ironisch äußerte er sich gerade in Richtung des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, der den angeblichen „Aufschwung“ in der Wirtschaf, beim Steueraufkommen und am Arbeitsmarkt im Herbst 2010 für sich reklamierte. Dabei forderte er eine Ablehnung des schwarz-gelben Sparpaketes durch die Landesregierung im Bundesrat. Zugleich war die Meinung von Helmut Holter und weiteren Rednerinnen und Rednern, dass auch mehr Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen genutzt werden sollten.

Bedrückend und ergreifend waren die Wortmeldungen von Betroffenen, die unverschuldet zu Empfängern des so genannten „Hartz IV“ degradiert wurden. Es wurde deutlich, dass die Mehrheit der Arbeitslosengeld II-Empfänger leistungsbereit, qualifiziert und engagiert ist.

Harald Ruschel, der ehemalige Betriebsrat der „Warnow-Wadan-Nordic Yards“-Werft in Rostock-Warnemünde appellierte leidenschaftlich an die Landesregierung, sich auch weiterhin für Fördermittel für die maritime Wirtschaft bei der Bundesregierung einzusetzen. Der stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingo Schlüter schloss sich diesem Appell an und unterstrich die gewerkschaftliche Forderung nach Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes, da Zeitarbeitsfirmen und Personaldienstleister oftmals niedrigste Löhne zahlen, die keineswegs Existenz sichernd seien.

Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass die offiziellen Arbeitsmarktstatistiken wesentlich geschönt sind und keineswegs ein reales Bild vom Arbeitsmarkt vermitteln, da unter anderem Arbeitslosengeld II-Empfänger, Ein-Euro-Jobber, Frührentner, Teilnehmer an qualitativ unterschiedlichsten Qualifizierungsmaßnahmen, prekär Beschäftigte und „Aufstocker“ gar nicht entsprechend statistisch berücksichtigt wurden. So sind circa 190.000 Menschen, darunter etwa 77.000 Langzeitarbeitslose, auf Arbeitsplatzsuche in M-V. Des Weiteren erhielten 13,5 Prozent aller Bewohner hierzulande „Hartz IV“. Zudem weise M-V die höchste Armutsquote in Deutschland auf.

Als politische Gäste waren Helmut Holter, der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Landtag MV, Harry Glawe, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag MV, Michael Roolf, der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag MV, und auch Silke Gajek, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, anwesend.

Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrates MV, machte in ihrer Rede auch auf die bedrückende Situation vieler Migrantinnen und Migranten in M-V aufmerksam.
Der frühere Sozialminister in MV, Klaus Gollert von der FDP, nahm für den Paritätischen Wohlfahrtsverband am Erwerbslosenparlament teil.
Leider war keine aktuelle Ministerin sowie kein aktueller Minister der Landesregierung anwesend. Aber der Anlass ließ ja auch kein positives Blitzlicht-Gewitter erwarten. Am Nachmittag empfing zumindest Ministerpräsident Erwin Sellering einige Vertreterinnen und Vertreter des Erwerbslosenparlamentes.

Das Motto des 13. Erwerbslosenparlamentes „Teilhabe an Arbeit für alle – gegen Armut und gesellschaftliche Ausgrenzung!“ wird hoffentlich für die von Arbeitslosigkeit Betroffenen hoffentlich bald Realität.

Marko Michels

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