Paris, Pegida und die Muslime mittendrin

Leserbrief von Haiko Hasan Hoffmann, Vorsitzender Islamisches Zentrum Schwerin e.V.

Pegida bekommt in Dresden 18.000 Demonstranten zusammen. Eine demagogische Behauptung nach der anderen wird dort als Tatsache unbewiesen und leicht widerlegbar in die Welt gesetzt. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung Deutschlands wird das Unmögliche zugesprochen, dieses Land in ihrem Sinne umzukrempeln. Klare Abgrenzung von Minderheit der Fanatiker im Muslimgewand und friedlicher muslimischer Mehrheit findet dort nicht statt. Menschenverachtende IS-Gräueltaten und Islam werden miteinander verknüpft und somit alle Muslime in Haftung genommen. Sonst nur bei NPD und AfD gebrauchte Parolen sowie NS-Schimpfparolen wie „Volksverräter!“ und „Lügenpresse!“ werden dort salonfähig.

Die Losung „Wir sind das Volk!“ bekommt zum Leidwesen der Bürgerrechtsbewegung, welche einst das DDR-Regime um der Freiheit und Demokratie willen zu Fall brachte und dieses Land öffnete, eine andere schmerzliche Färbung. Willkommen- aber-nicht-bei-uns-Kultur ist die Devise. Vom Blatt abgelesene und folglich gar nicht so recht verinnerlichte Lieder für weiße Weihnacht sollen zur Verteidigung abendländischer Kultur nicht für andere Hautfarben sprechen. Klopfet und euch wird nicht aufgetan ist dort Gegenthese zu Jesus und Verrat am Weihnachtsgedanken. Viele Menschen, von denen gewiss viele keine Rassisten sind, merken das anscheinend nicht, fallen auf die Demagogen herein und sehen sich in ihren Ängsten bestätigt und lassen sich von diesen treiben. Ex-Familienministerin Kristina Schröder (CDU) twittert teils kryptisch pro Pegida. Aus ihrer Bayerischen Schwesterpartei kommt Ähnliches. Karl Martell, Lepanto und Wien kehren da ins Gedächtnis zurück. Fast die gesamte Redaktion von Charlie Hebdo wird in Paris grausam ermordet wegen nicht nur für Muslime hässlicher Karikaturen.

Pegida fühlt sich bestätigt. NPD sucht auch in Schwerin die Nähe zu Pegida/Mvgida. Deutsche Blätter wollen aus Solidarität dieselben hässlichen Karikaturen nachdrucken. Satire wird zum Dogma, die um jeden absatzfördernden und momentane Umsatzschwäche kompensierenden Preis geübt werden müsse, d.h. zum Selbstzweck und zu sich vom Tucholski’schen Credo abkehrenden Beleidigungsschrott verkommt, den in einer lebendigen Demokratie nun einmal hinzunehmen manchen schwerfällt. Des den Sextourismus in Thailand verteidigenden und den Islam als „dümmste“ Religion verunglimpfenden Michel Houellebecqs Buch „Unterwerfung“ mit seiner Vision eines islamisierten Frankreichs erscheint gerade auch bei uns und wird wohl nicht zufällig zum „Bestseller“ werden. Jede Kritik von Muslimen wird als unberechtigt und Zensur und nicht als Meinungsfreiheit empfunden.

Jede Kritik von nichtmuslimischer Seite wird als Aufgabe derselben empfunden. Auf jede Kritik von religiöser Seite in einer areligiösen Umwelt wird allergisch reagiert, allein schon, weil die Kritiker religiös sind. … Da häuft sich etwas an, was aufzeigt, wie fragil der Frieden in unserer Gesellschaft ist. Das ist kreuzgefährlich! Wenn wir nicht aufpassen, werden die Extremen auf allen Seiten die Gewinner sein. Und das wäre das Ende friedlichen Zusammenlebens, das Ende wohltuender Verschiedenheit, das Ende von Demokratie, das Ende von Freiheit. Das wäre das Ende der zivilen und offenen Gesellschaft in all ihren Farben, die wir bitter nötig haben. Das wäre das Ende menschlicher Wärme. Das wäre unser aller Verlust und der Extremen Sieg. Das wäre der Beginn von Pogromstimmung und Radikalisierung der Gesellschaft. Die Einfalltore dazu sind längst weit offen. Wohin das am Ende führte, wissen wir und wäre nicht zum ersten Male böse Erfahrung unserer Geschichte. Gott bewahre uns alle davor!

hhh

Nach oben scrollen