„Plattdeutsch ist wirklich cool!“

Im Blickfeld: Die Sängerin, Schauspielerin und Künstlerin Beate Prahl


Parchim… Diese westmecklenburgische Stadt unweit von Schwerin gerät oftmals aus dem Fokus, wenn es um kulturelle und sportliche Veranstaltungen im Nordosten geht. Dabei hat zum Beispiel der Frauen-Volleyball, der Frauen-Fußball oder das Landestheater einen ausgezeichneten Ruf. Die Volleyballspielerin Martina Schmidt, Olympia-Zweite 1980 und beim SC Traktor Schwerin aktiv, wurde dort geboren. Ebenso Fußballspielerin Stefanie Weichelt, U 19-Europameisterin 2002. Jasmin Sehan, die 2013 mit der DFB-Auswahl zur U 17-Europameisterin 2013 avancierte, kickte bei den Parchimer Fußball-Frauen und reifte dort zu einer großartigen Fußballspielerin.

Beate Prahl (Foto: Sina Uhlenbrock)In der beschaulichen Kreisstadt geboren wurde auch eine beeindruckende Schauspielerin: Beate Prahl. Die facettenreiche Künstlerin mit den vielen Talenten war unter anderem schon beim „Polizeiruf 110“, bei „Wilsberg“, beim „Großstadtrevier“ zu sehen und zu hören. An der Fritz-Reuter-Bühne in Schwerin hatte sie viele Jahre lang ein festes Engagement und auch heute noch ist sie regelmäßig in Gastauftritten zu sehen.

Wie es zurzeit bei der vielseitigen Schauspielerin aussieht, verriet sie im Interview. Marko Michels sprach mit ihr über ihren Weg zum Theater, ihr Interesse für die „Plattsnacker“, ihre Ambitionen als Sängerin, neue Herausforderungen und die baldigen Schlossfestspiele.

„Plattdeutsch ist wirklich cool!“

Marko Michels: Frau Prahl, Sie sind so ungemein vielseitig, waren schon in den verschiedensten Bereichen, sogar als „Haar-Virtuosin“, in Aktion. Wie kamen Sie zur Schauspielerei?

Beate Prahl: Nun ja, ich bin ein „Theaterkind“, da ist es wohl nicht so abwegig. Entweder saß ich nach der Schule in der Maske und habe Perücken frisiert, bis ich dann auch schon mal an den Schauspielern „Hand anlegen durfte“, oder ich habe bei den Proben zugeschaut… Ich verehrte die alte Garde der Schauspieler und träumte davon, selbst auf den „Brettern“ zu stehen. Ich bin dann aber doch zunächst in die Fußstapfen meiner Mutter getreten. Diese war damals Chefmaskenbildnerin am Mecklenburgischen Landestheater Parchim. Dann kam die Wende und somit kam alles anders. Mein Kindheitstraum ließ mich aber nie ganz los.

Damals war ich zwar schon Jungunternehmerin, mit einem eigenen Studio für Fitness und Gesundheit, trat jedoch zusätzlich mit dem Parchimer Theater in Kontakt. Sie hatten damals noch Leute für das Musical: „Elvis – the King of Rock`n Roll“ zum Singen und Tanzen gesucht. Man arbeitete ein bisschen mit mir und auf einmal bekam ich auch noch gleich eine richtige Rolle. Dann schrieb man mir weitere Szenen dazu und ich fand mich – damals ja noch als Laie – zwischen den ganzen Profi-Schauspielern wieder. Tja und ab jenem Zeitpunkt war es dann gänzlich um mich geschehen.

MM: Oft sind Sie in Produktionen der Fritz-Reuter-Bühne zu erleben, was eigentlich etwas für die reifere Generation und nicht gerade „sexy“ ist… Wie sind Sie eigentlich zu den „Plattsnackern“ gelangt? Was ist für Sie „das Faszinierende“ am Plattdeutschen?

BP: Genau genommen sind Sie zu mir gelangt. Katja Mickan, die damalige Direktorin der Bühne, hatte mich schon in dem eben genannten Musical entdeckt. Es folgten noch zwei weitere Produktionen, bevor ich mich dann endgültig für die künstlerische Laufbahn entschied. Glauben Sie mir, „sexy“ erschöpft sich auf Dauer auch. Die Gewichtung in der Spielplanbestückung ist vielleicht etwas anders. Tatsächlich wird dort aber die ganze Bandbreite gespielt – nur in einer anderen Sprache, die mir bis dato noch fremd war.

Das empfand ich als besonders reizvoll. Ich besuchte parallel die Staatliche Hochschule für Musik und Theater Rostock und hatte ja noch mein Unternehmen abzuwickeln. Da blieb keine Zeit für einen Sprachkurs oder ähnliche Dinge. Was meinen Sie, wie viele kleine Heldentode ich damals auf der Bühne gestorben bin, wenn ein Kollege einmal das Stichwort etwas veränderte und unvorhersehbare Dinge passierten… Ich konnte ja noch nicht „auf Platt“ improvisieren und dennoch stieg ich gleich mit großen Rollen ein.

Plattdeutsch ist wirklich cool! Inzwischen liebe ich diese Sprache. Sie hat so etwas Ehrliches, Bodenständiges. …Auf den ersten Blick vielleicht etwas ruppig, aber auch unglaublich charmant. Versuchen Sie, auf Plattdeutsch zu schimpfen! Da kann man keinem wirklich böse sein. „Platt“ gehört zu den Minderheitensprachen, die ja schon wieder teilweise an den Schulen unterrichtet werden. Ich finde diese Sprachförderung ohnehin als eine tolle Sache. Irgendwie hat das ja auch etwas mit den eigenen Wurzeln zu tun.

Worauf Sie allerdings in Ihrer Frage anspielen, ist für mich eher eine Frage des Geschmackes. Wie in jedem anderen Theater auch, dürfen Sie bei der Spielplanbestückung natürlich nicht ihr Publikum aus den Augen verlieren. Denn für wen machen wir letztendlich Theater? Die einen mögen lieber Konzerte, die anderen eher das Schauspiel. Es ist wie überall, die Vorlieben sind unterschiedlich. Man sollte aber immer aufgeschlossen gegenüber dem Neuen und „Unbekannten“ sein!

MM: Auch als Sängerin sind Sie große Klasse… Wie sind dort Ihre Ambitionen?

BP: Tatsächlich wird es bald wieder ein eigenes musikalisches Bühnenprogramm geben. Wir stecken mitten in der Arbeit. Zusammen mit dem Akkordeonisten Gerhard A. Schiewe konnten wir jetzt auch die Texterin Heidrun Hoss gewinnen, die mit ihren unglaublich poetischen Texten viele Songs bereichern wird. Ebenso werden weitere Gast-Musiker an Bord sein, aber mehr möchte ich jetzt noch nicht verraten.

MM: Welche Herausforderungen – gerade im schauspielerischen Bereich – warten auf Sie noch in diesem Jahr?

BP: Ab Ende Oktober wird man mich wieder bei den „Plattsnackern“ sehen können. In dem Stück des englischen Komödien-Autors Ray Cooney „Leiw nah Stunnenplan“ (Anmerkung: Original „Taxi,Taxi“!) – Hört sich doch gar nicht so unsexy an! Oder?!
Dann läuft gerade der Kinofilm „beinahe negativ“ (Winner Spirit of StarLite Award 2014/USA, Regie: Sascha Fehrentz) auf dem „Portsmouth International Film Festival“ (Großbritannien), bei dem wir ebenfalls in sechs Kategorien nominiert sind. Darunter auch eine Nominierung für mich als „Best Supporting Actress“.

Naja, und dann hoffe ich, dass wir auch bald unser neues Bühnenprogramm präsentieren können.

MM: Das Mecklenburgische Staatstheater wird ständig mit Kürzungsplänen der Politik konfrontiert. Welche Bedeutung hat für Sie die Kultur in den gesellschaftlichen Zusammenhängen?

BP: Allgemein ist es ja immer alarmierend, wenn Politiker finanzielle Kürzungen in Kultur und Bildung in Erwägung ziehen. Denn Kultur ist Leben, genau wie Bildung. Ein ungebildeter Mensch bleibt wohl eher vor den heimischen Medien sitzen, als sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen und Veranstaltungen zu besuchen – da ist es egal, was er sich anschaut, es sollte ihm gefallen und sein Leben bereichern. Hans Marchwitza, ein deutscher Schriftsteller, hat einmal gesagt: „Kultur ist jeder zweite Herzschlag unseres Lebens“. – Das ist doch eine tolle Aussage.

MM: Sommerzeit ist in Schwerin Schlossfestspielzeit… In diesem Jahr wird „Nabucco“ auf dem Alten Garten präsentiert. Sehen Sie inhaltliche Bezüge zur Gegenwart?!

BP: Verdi bezeichnete seine Arbeit an „Nabucco“ als Galeerenarbeit. Das ist nun mehr als 170 Jahre her und die Arbeit in der Kunst/Kreativität ist, wenn man sich die Gegenwart anschaut, nicht leichter geworden. Das sagt doch vieles, oder?

MM: Anderes Thema: die Fußball-WM in Brasilien… Sind Sie diesbezüglich auch interessiert? Wer sind Ihre Favoriten?

BP: Oh je, kalt erwischt. Ich bin grundsätzlich ein interessierter Mensch, nur habe ich leider überhaupt keine Ahnung von Fußball. So es die Zeit zulässt, schaue ich mir schon das eine oder andere Spiel an… Allerdings gingen die teilweise erschreckenden Meldungen aus Brasilien zur WM-Vorbereitung auch nicht spurlos an mir vorüber.

MM: Vielen Dank, dann weiterhin alles erdenklich Gute und maximale Erfolge für Sie – persönlich und beruflich!

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