Politischer Blick auf Schwerin und Berlin

Das Jahr 2013 aus Sicht einer Landespolitikerin …


2013 – das war und ist ein Jahr der großen politischen Jubiläen. Willy Brandt, Bundeskanzler von 1969 bis 1974, wäre in diesem Jahr 100 geworden. Sein Amtsvorgänger Kurt-Georg Kiesinger, Kanzler von 1966 bis 1969, starb vor 25 Jahren. Konrad Adenauer, der alte politische Fuchs und erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, trat vor 50 Jahren, im Jahr 1963, zurück und gab – mehr unfreiwillig – „den Kanzler-Stab“ an den „Vater des westdeutschen Wirtschaftswunders“, an Ludwig Erhard, weiter. Der spätere „Kanzler der Einheit“, Helmut Kohl, schaffte es hingegen vor 40 Jahren, 1973, den Parteivorsitz der CDU zu übernehmen – er sollte dieses Amt bis 1998 innehaben.

Im gleichen Jahr, 1973, nahm eine gewisse Angela Dorothea Kasner, ihr Physik-Studium in Leipzig auf, das sie fünf Jahre später beenden sollte und mittels „politischer Quanten-Pysik“ wurde sie dann als Angela Merkel 31 Jahre später die erste Bundeskanzlerin Deutschlands und löste damit Gerhard Schröder ab, der 1998 Helmut Kohl ablöste. Und auch der fünfte Bundeskanzler der Bundesrepublik, Helmut Schmidt, feiert 2013 ein kleines großes Jubiläum – der Hanseate wird einen Tag vor dem heiligen Abend 95.

2013 – Jahr der Bundestagswahl

Nun geht es aktuell-politisch darum, dass Deutschland endlich eine neue Bundesregierung erhält. Die Koalitionsvereinbarungen zwischen CDU, CSU und SPD sind gestalteten sich zäh. PKW-Maut, Kita-Ausbau, Mütter-Rente, Energiewende, Rentenreform, Sozialreformen, Ausbau der Infrastruktur, Bildungsoffensive oder Schuldenbremse – viele Begriffe schwirrten durch die Verhandlungen in Berlin. Dazu gibt es bereits – ausdiskutiert in den Hinterzimmern – das obligatorische Postengeschacher, wobei selbst die SPD-Nummer eins, Sigmar Gabriel, dabei schon deutlich wurde: „Gelegentlich versuche ich auch noch Leute zu benennen, die Ahnung von der Sache haben.“

Durchbruch am 27. November? Am frühen Morgen des 27.November gab es aus Berlin einen „politischen Durchbruch“ zu vermelden – der Koalitionsvertrag von CDU, SPD und CSU „steht“. „Nur“ die SPD-Mitglieder müssen diesen noch „absegnen“ – vor Weihnachten ein politisches Vabanque-Spiel.

M-V-Landtagsvizepräsidentin Beate Schlupp (CDU) im Interview. Marko Michels sprach mit der Politikerin über das Wahl-Jahr 2013 mit dem Triumph der Union, über ihr Amt als Landtagsvizepräsidentin und die Arbeit am Koalitionsvertrag in Berlin
 
„Eine Antwort mit Paukenschlag …“

Frage: Das Wahl-Jahr 2013 war ein unspektakuläres. Die Union triumphierte erwartungsgemäß bei der Bundestagswahl, die Schweriner SPD-CDU-Koalition bot auch nichts Spektakuläres und das politische Leben in Deutschland floss so dahin. Wenigstens knirscht(e) es ein wenig bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin…
Wie beurteilen Sie das politische Jahr 2013 zwischen Schwerin und Berlin?

Beate Schlupp: Wenn ein Jahr – politisch betrachtet – für die Medien unspektakulär verlaufen ist, dann hat die Politik im Großen und Ganzen alles richtig gemacht. Spektakulär sind für die Medien, wenn man ehrlich ist, doch nur Skandale. Der Bürger erwartet jedoch, dass Parlament und Regierung durchaus vorhandene Konflikte intern diskutieren und dann mit tragbaren Kompromissen in die Öffentlichkeit gehen.

Für mich allerdings war das Ergebnis der Bundestagswahl aus CDU-Sicht durchaus spektakulär. In einer Zeit, in der zunehmend die Frage gestellt wird, ob es überhaupt noch echte Volksparteien gibt, war das eine Antwort mit Paukenschlag. Und dass unter diesen Vorzeichen die Koalitionsverhandlungen ein hartes Stück Arbeit werden, dürfte dann auch die Medien mit diesem Jahr versöhnen: Nun haben sie viel Raum für Spekulationen und Mutmaßungen und die dürfen dann ruhig auch ein wenig spektakulär sein.

Frage: Sie sind mittlerweile Landtagsvizepräsidentin – auch nicht gerade ein Amt, in dem „frau“/man viel bewegen kann. Sind Sie – politisch betrachtet – mit sich und Ihrem Amt zufrieden?

Beate Schlupp: Um in der Politik etwas zu bewegen, braucht man Mehrheiten. Das erfährt aktuell gerade die SPD auf Bundesebene, denn um in die Position zu kommen, etwas bewegen zu können, bedarf sie der Zustimmung ihrer Basis zum Koalitionsvertrag. Auf meinem Fachgebiet, der Agrarpolitik, gelingt es mir zunehmend besser, meine Vorstellungen in konkrete Entscheidungen einfließen zu lassen.

Als Vizepräsidentin empfinde ich die Leitung der Plenarsitzungen als wirklich fordernd, denn bei durchaus sehr emotional geführten Debatten einerseits den argumentativen Schlagabtausch zuzulassen, aber dabei die ins persönlich gehenden Bemerkungen entsprechend zu sanktionieren und die Grenze zwischen Beidem in einer Augenblicksentscheidung zu ziehen, ist sehr anspruchsvoll.

Zudem wirke ich in meiner Funktion sehr öffentlich, quasi als Schnittstelle zwischen Parlament und Bevölkerung, etwas was mir sehr wichtig ist. Dabei gibt es keine Routine und ich werde jeden Tag neu gefordert. Auch wenn ich mich schon – so sehe ich das zumindest – ganz gut eingearbeitet habe, ist da natürlich noch Luft nach oben. Von daher arbeite ich daran, jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Kurzum: Ich bin genau an der Stelle, an der ich sein möchte.

Frage: In der Landeshauptstadt begann schon der Weihnachtsmarkt und auch die traditionelle Veranstaltung „Advent im Hof“ ist bereits in Sichtweite, aber „am politischen Hofe“ in Berlin schlepp(t)en sich die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD so dahin. Endgültig scheint auch jetzt, am 27.November, noch nichts, weil einiges unter Finanzierungsvorbehalt steht.
Was sollte – aus Ihrer persönlichen Sicht – unbedingt im neuen Koalitionsvertrag verankert sein? Was müsste sich, ebenfalls aus Ihrem persönlichen Blickwinkel, in Deutschland zum Positiven 2014 ändern?

Beate Schlupp: Da ich den Verlauf der Koalitionsgespräche nur in den Medien verfolge, habe ich zumindest aus der Berichterstattung heraus den Eindruck, dass sich die Verhandlungspartner – und hier explizit die SPD – im Umsetzen ihrer im Parteiprogramm formulierten Forderungen „verzetteln“. Ich hätte mir gewünscht, dass jeglicher Verhandlung ein Grundsatzpapier vorangestellt worden wäre, in dem die Leitlinien der Entwicklung Deutschlands in den nächsten vier Jahren verankert sind. Alle danach zu verhandelnden Einzelpunkte hätten dann in Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit und ihre Relevanz für diese Leitlinien überprüft werden sollen.

Für mich ist es wichtiger, dass der Koalitionsvertrag ein in sich schlüssiges Konzept wird, mit dem Deutschland in den nächsten vier Jahren vorankommt als bestimmte Einzelpunkte dort wieder zu finden. Ein gutes Konzept lässt im Übrigen Spielraum, Dinge auch nachträglich zu regeln, obwohl sich dazu keine Aussagen im Koalitionsvertrag finden.

Das Schweriner Schloss (Foto: M. Michels)Frage: Zu M-V… Viele Schlagzeilen vernimmt der politisch interessierte  Bürger ja nicht aus dem Schweriner Schloss – lediglich Landwirtschaftsminister Backhaus sorgt für Unterhaltung. Ist die derzeitige Landesregierung schon in vorweihnachtlicher (Urlaubs-)Stimmung oder wird noch „ein wenig geklotzt“?

Beate Schlupp: Bis zu den Feiertagen haben wir noch drei Sitzungswochen und einige Themen vor uns. Wir befinden uns mitten in den Beratungen zum Doppelhaushalt für die Jahre 2014/2015. Diese Beratungen sind sehr zeitintensiv und werden erst im Dezember abgeschlossen sein. Und auch wenn davon nicht unbedingt sehr viel nach „außen“ dringt, so kann ich versichern, dass wir lange und durchaus kontroverse Debatten führen.

Was die „Unterhaltung“ durch Herrn Minister Dr. Backhaus angeht: Kein Politiker wünscht sich diese mediale Aufmerksamkeit. Im Gegenteil: Jeder von uns fragt sich, wie er mit solcher Berichterstattung umgehen würde und ob und wie er seine Familie davor schützen könnte. Denn es wird ja nur allzu gern vergessen, dass nicht nur der Politiker selbst – der das als Person des öffentlichen Lebens damit leben muss – sondern in besonderer Weise auch die Familie von solcher Berichterstattung betroffen ist. Dass der Minister das – durch ein gemeinsames Interview mit seiner Frau – durchaus befördert hat, steht dabei für mich auf einem anderen Blatt.

Frage: Weihnachten als Politikerin… Wie darf man sich das als „normaler Bürger“ vorstellen. Gibt es da die neueste Angela-Merkel-Biografie mit Gerhard-Schröder-Widmung auf dem Gabentisch oder verläuft alles „zwischen Frühstück und Gänsebraten“?

Beate Schlupp: Zu Weihnachten genieße ich die Ruhe zu Hause und gönne mir eine Auszeit von der Politik. Darauf nimmt meine Familie auch bei der Geschenke-Auswahl Rücksicht. Zur Unterhaltung gönne ich mir dann gern den einen oder anderen Klassiker wie zum Beispiel die „Feuerzangenbowle“ oder die Miss-Marple-Krimis mit Margaret Rutherford. Für die meisten wahrscheinlich schrecklich langweilige Feiertage – für mich der Gipfel der Erholung.

Vielen Dank! Dann weiterhin maximale Erfolge in der Politik, wirklich ruhige Weihnachtsfeiertage, einen optimalen Jahreswechsel und alles erdenklich Gute für 2014 …
Marko Michels

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