Rotspon vom Martensmann

Lübecker Martensmann zu Gast beim Schweriner Petermännchen

In Schwerin fließen zwar leider noch nicht „Honig und Milch“ – und „gebratene Tauben“ fliegen auch nicht durch die Luft – aber dafür schenkte man am 7. November etwas aus: Der „Rotspon“, Rotwein aus einem Holzfass, wurde an das Schweriner Volk verteilt. Und weder Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow, noch Stadtpräsident Stephan Nolte, noch Schwerins Finanz-Dezernent Dieter Niesen mußten deshalb in die Stadtkasse greifen.

Der Lübecker Martensmann hatte wieder einmal beschlossen, dem „Kollegen Petermännchen“ in der Landeshauptstadt M-V einen Besuch abzustatten – und wann kann man so etwas besser tun, als am ersten November-Wochenende, wenn draußen ohnehin alles grau und trist ist. So ein Becher „Rotspon“ vertreibt dabei die schlimmsten Herbst-Depressionen.

Zumal: Das Schweriner Schloßparkcenter lud nicht zuletzt zum verkaufsoffenen Sonntag ein und wo treffen sich Einheimische und Gäste anno 2010 nun einmal am liebsten. Nicht etwa im Schloss oder im Theater, sondern im Center am Marienplatz. Wenn es schon heißt „Martensmann meets Petermännchen“ – dann geht es eben vom Schlachtermarkt sowie Marktplatz sofort zum „SPC“.

Die „Tradition“ zieht dabei gegenüber der „Moderne“ den Kürzeren. Hat die „Übergabe“ des „Rotspon“-Fasses schon eine mehr als 700-jährige Tradition, so ist das Schloßparkcenter gerade einmal 12 Lenze alt. Dabei begab sich einst der Martensmann zum Herzog zu Mecklenburg, um ihn und seine Untertanen als Ausdruck der „unverbrüchlichen“ Freundschaft zwischen Lübeck und Schwerin mit Wein zu beglücken.

Der Name „Rotspon“ entstand, nachdem die reichen Lübecker Kaufleute das „geschmackvolle Getränk“ im Mittelalter aus Frankreich importierten und es im eigenen Keller „reifen“ ließ. Dabei bedeutet „Spon“ im Niederdeutschen „Holzspan“ und „Rotspon“ bedeutet daher „Rotwein aus einem Holzfass“. Das Mittelalter ist aber längst vorbei, Großherzöge regieren in Schwerin auch nicht mehr – und daher musste der Martensmann dieses Mal seinen „Rotspon“ an ungekrönte, aber demokratisch legitimierte Oberhäupter in einer armen Stadt überreichen (Wobei: Auch Lübeck hat gegenwärtig vor allem nur Marzipan-Taler im Stadtsäckel). Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow und Stadtpräsident Stephan Nolte und deren aktuelle Schweriner Untertanen nahmen das Geschenk gern entgegen.

Wie die gegenwärtige Spardiskussion beweist und auch die Forderungen aus dem Innenministerium M-V zusätzlich belegen, schenkt ja der Stadt Schwerin ansonsten niemand etwas. Im Gegenteil. Schwerin soll sparen. Da ist es gut, wenn alle Martensmänner oder sogar Martensfrauen dieser Welt noch etwas Hochprozentiges gratis im Gepäck haben. So konnte neben „Schwein am Spiess“, zahlreichen mittelalterlich dekorierten Ständen, viel mittelalterlicher Musik und aktuellen Politikern, Gauklern, Rittern und Leuten „wie du und ich“ ein abwechslungsreicher Martensmarkt genossen werden.

Das Wiederaufleben der „Rotspon-Tradition“ hat das „Nach-Wende-Schwerin“ übrigens einem gereiften roten Politiker zu verdanken. Der damalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Björn Engholm, hatte 1990 die Initiative dazu „gestartet“ und 1991 wurde diese dann Realität. Während der SPD-Politiker heute im Ruhestand den „Rotspon“ genießen kann, dürfen Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow und Stadtpräsident Stephan Nolte den edlen Tropfen ganz aktiv seinem Verwendungszweck zuführen. Und beide werden bestimmt denken: Da hatte ein Sozi sogar einmal eine gute Idee! Dann zum Wohle, ob mit oder ohne „Rotspon“!

Der „Martensmarkt 2010“ vom 5. bis 7.November war aber nicht der einzige kulturelle Höhepunkt der letzten Wochen in Schwerin ..

Viel Zuspruch bei der 10.Schweriner Museumsnacht
Die 10. Schweriner Kunst- und Museumsnacht Ende Oktober avancierte wieder einmal zu einem großen Erfolg. Mehr als 1.500 Kunstinteressierte waren unterwegs, um die vielfältigen Angebote in den zehn teilnehmenden Museen, Galerien und Kunstvereinen zu erleben

„Quadro Nuevo“ begeisterten im Speicher
Ein restlos ausverkaufter Speicher bot dem  musikalischen Quartett „Quadro Nuevo“, das den eigenen Musikstil als eine Mischung aus „Tango, Valse Musette, Flamenco, liebevoll entstaubte Filmmusik und ein fast schon verklungenes Italien “ charakterisiert, ebenfalls Ende Oktober eine perfekte Kulisse

Capitol zwischen Hurvinek & Spejbl, Pianomania und Josef Liefers
Während am 6.November noch Hurvinek & Spejbl ihre Prager Lebensweisheiten auf der Bühne des Capitol-Saales 1 zum Besten gaben, kann frau/man noch bis zum 10.November den preisgekrönten Film „Pianomania“ ebenfalls im Lichtspieltheater in Schwerin besuchen. Zur  Premiere in Schwerin spielte die Rostocker Pianistin Janka Simowitsch gekonnt und brillant am Steinway-Konzert-Flügel.

Ein brillantes Konzert und bestimmt unvergessliches Konzert mit Jan Josef Liefers folgt im traditionsreichen Kino am 8.November. Dessen Frau Anna Loos hatte ja auf der Schweriner Freilichtbühne vor einigen Wochen ein Konzert der Extraklasse geboten – vor ausverkauften Rängen.

TheaterThekenNacht mit Auszeichnung
Die TheaterThekenNacht des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin, die am 12. November 2010 zusammen mit dem Verein „Theke e. V.“ zum achten Mal veranstaltet wird, ist nun auch Preisträger im bundesweit ausgetragenen Innovationswettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“. Bei dieser künstlerischen Nacht verwandeln sich die Kneipen, Restaurants und Bars der Stadt als perfekte Spielstätten und Bühnen für Ballett-Tänzerinnen, Schauspieler, Sänger und Musiker, die ihr Programm in nunmehr 21 Lokalitäten zeigt. Im November 2010 treten circa 50 Künstlerinnen und Künstler auf – ein Rekord. Mehr als 2000 Kultur-Interessierte werden erwartet. Ein besonderes „Schmankerl“: Lutz Locke von der Deutschen Bank in Schwerin zeichnet am 12. November um 21 Uhr im Schweriner Stadtkrug diese besonderen Aufführungen während der Pause als „Ausgewählten Ort 2010“ aus.

Damit ist die Theater-Theken-Nacht ganz offiziell einer von 365 Preisträgern, die jedes Jahr von der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ und der Deutschen Bank unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten prämiert werden. Und dann denken tatsächlich einige Verantwortliche in Schwerin ganz unverantwortlich „ans kulturelle Sparen“ …

Für Leseratten
Noch bis zum 20. November finden die 15. Schweriner Literaturtage statt – am 9.November liest dabei Peter Ensikat.

Marko Michels

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