Die Landeshauptstadt von M-V zwischen BUGA, „Zauberflöte“ und „Sorbas“
Mozarts „Zauberflöte“ begeisterte und begeistert die Zuschauer aus Nah und Fern während der Schloßfestspiele 2009 auf dem Alten Garten in Schwerin. Bereits zwei Drittel der Vorstellungen sind künstlerische Vergangenheit und die Kritiken waren sehr gut.
Zwar spielte das Wetter nicht wie gewünscht mit, dafür spielte die Mecklenburgische Staatskapelle unter der musikalischen Leitung von Judith Kubitz und Martin Schelhaas um so besser.
Mit der Ersten Kapellmeisterin Judith Kubitz unterhielt sich Schwerin-News …
„Routine stellt sich nie ein …“
> Frage: Ihre Einsätze verlangen nicht nur höchsten künstlerischen wie geistigen Einsatz, sondern dürften auch an die körperliche Substanz gehen – oder ?
– Judith Kubitz: Es sind ja letztendlich nur fünf Tage in der Woche und wir sind ja ein Duo, das die musikalische Leitung inne hat.
> Frage: Ihr Weg führte Sie aus Bautzen, der Stadt mit der besonderen DDR-Vergangenheit, hinaus in die Welt. Sie studierten in Paris und in London, hatten Auftritte jenseits der deutschen Grenzen. Würden Sie behaupten, dass Sie alles „richtig gemacht“ haben, ihre Ziele nicht nur träumten, sie auch realisierten ?
– Judith Kubitz: Habe ich „alles richtig“ gemacht? Das ist eine Frage, die ich erst viel später wirklich einmal, wenn überhaupt, beantworten kann. Man kann nie vorher sagen, das ist nun richtig, das ist falsch. Wir alle müssen unseren Weg gehen, wohin er führt, wird sich nun einmal erst in der Zukunft zeigen. Blicke ich auf die letzten Jahre zurück, so ergibt sich schon ein Sinn für mein Leben, für meinen Lebensweg.
Es ging ja schon damit los, dass ich zu DDR-Zeiten äußerste Probleme hatte auf die Erweiterte Oberschule, heute Gymnasium, zu kommen. Dann erhielt ich keine Zulassung zu meinem anfangs gewünschten Studium der Mathematik und Physik. Es hieß dann, dass ich einen Studienplatz nur erhalten könnte, wenn ich explizit eine Aufnahmeprüfung dafür erfolgreich meistere. Ich hatte schon ein ausgeprägtes Interesse für die Naturwissenschaften, wollte in diesem Bereich eigentlich auch studieren. In der DDR gab es dabei entsprechende Spezialisierungen und Förderungen.
Anfangs hatte ich mich darauf eingelassen, wollte mich hier selbst verwirklichen, ohne darüber nachgedacht zu haben, dass gerade für Tätigkeiten im Forschungsbereich auch ein Maß von politischem Opportunismus gefordert wurde. Darauf wollte ich mich nicht einlassen und insofern war die Musik für mich eine Alternative.
Dann kam die Wende, schon wieder eine ganz andere Kehrtwendung, die mit der Chance verbunden war, auch ins Ausland gehen zu können. Paris war eher „Zufall“, London, mit seiner renommierten Hochschule, wählte ich schon gezielt. Mein Aufenthalt dort dauerte drei Jahre.
Ich erhielt dann folgend eine Anstellung am Staatstheater in Kassel.
Als ich anfing, zu studieren, hätte ich es mir das alles nicht erträumen können.
> Frage: In einem Interview mit einer regionalen Tageszeitung verrieten Sie, dass Sie – ich formuliere mal salopp – „Miesepeter“ nicht sonderlich leiden mögen. Wie sieht es dann mit den „Schönfärbern“ aus – haben diese bei Ihnen „mehr Chancen“ ?
– Judith Kubitz: Ich mag Menschen, die einerseits sehr realistisch sind, andererseits sich auch für ihre Aufgaben begeistern können. Ich mag keine Destruktivität. Für mich stellt sich die Frage, welche Grundhaltung treibt mehr vorwärts, mit welcher Grundeinstellung ist man produktiver. Ich bin davon überzeugt, dass man – wenn man alles eher negativ, skeptisch sieht – die Herausforderungen des Lebens nicht meistern kann. Man sollte schon optimistisch und auch mit gesundem Enthusiasmus an seine Aufgaben herangehen, ohne dabei den kritischen Blick verlieren zu müssen. Wir Deutschen neigen ja zu „Schwarzmalerei“.
> Frage: Mozarts „Zauberflöte“ hat unter anderem auch eine Botschaft, nämlich, dass wahre Liebe alle Widerstände überwindet, dass ein fester Wille die Kraft „gebähren“ kann, mit jedem Problem fertig zu werden. Ein naiver Glaube blickt man sich in der Welt um ?
– Judith Kubitz: Ich hoffe doch, trotz aller immensen Probleme und Schwierigkeiten, die wir gegenwärtig haben, dass es noch genügend Liebe gibt, die Berge versetzen will. Für mich geht es in dieser Oper nicht um die eine konkrete Grundbotschaft. Fester Wille ist nötig, um Ziele zu erreichen und mehr Liebe, nicht nur zu sich selbst, würde unserer heutigen Gesellschaft gut tun.
“Die Zauberflöte“ ist eine der lebhaft diskutiertesten Opern von Mozart. Ich genieße die Arbeit mit ihr jedes Mal.
> Frage: Über einen langen Zeitraum mit immer den gleichen Personen das immer gleiche Werk zu konzertieren: Gibt es da nach der dritten Vorstellung Routine ? Muß der Zuschauer der 12.Vorstellung vielleicht auch tolerieren, dass eine Judith Kubitz den Dirigentenstab ein wenig „schleifen“ läßt ? Und: Verläuft die Zusammenarbeit mit den Musikern und Ihnen immer reibungslos, insbesondere zur „Zauberflöte“ ?
– Judith Kubitz: Nein, man nutzt sich nicht ab. Die einzelnen Parts bei den Solisten sind ja dreifach besetzt, es sind jedes Mal ganz andere personelle Kombinationen, die auch unterschiedlich miteinander korrespondieren. Der Umgang ist ein anderer, die Übergänge sind unterschiedlich. So bald man sich in der Routine sicher wähnt, kann Überraschendes, Unvorhergesehenes passieren. Mal angenommen, ein Sänger kann aus irgendeinem Grund nicht weiter singen. Das sehe ich ja nicht. Hier muß man blitzschnell reagieren.
Routine bedeutet ja alles ist abgesprochen, alles wird schon laufen. Bereits Kleinigkeiten können den gesamten Ablauf, wenn auch nur in Nuancen, verändern. Der Einsatz eines Sängers kann sich nur leicht verzögern und schon ändert sich die künstlerische Abfolge. Aber Mozart hilft und fordert uns zugleich. Mozart mit seiner Energie und seiner Kraft … Ja ich muß offen gestehen, ich empfinde eine große Kraft aus seinen Werken beim Dirigieren. Der Zugang zu Mozarts Werken erfordert immer wieder neue Wege, ist immer wieder eine Herausforderung. So kann sich Routine auch nicht einstellen.
Zur Zusammenarbeit mit den Musikern: Es kann nur begrenzt kooperativ und basisdemokratisch ablaufen. Einer muss am Ende entscheiden und das ist in der letzten Instanz der Dirigent. Meine Aufgabe ist es, die Musikerinnen und Musiker von meiner Interpretation zu überzeugen, zu begeistern und über alle Vorstellungen immer wieder neu zu motivieren.
> Frage: Wenn am Ende der letzten Vorstellung der „Zauberflöte“ der Applaus „verklungen“ ist, werfen Sie dann erst einmal Ihren Stab in die Ecke und trinken ein Glas Rotwein oder geht es sofort mit dem Flieger in Richtung Urlaub ?
– Judith Kubitz: Nach der letzten Vorstellung am 31.Juli wird erst einmal ausgiebig gefeiert. Das gehört ganz einfach auch dazu, wenn man eine relativ lange Zeit unter unterschiedlichsten Bedingungen miteinander gearbeitet hat.
Bei mir konkret geht es gleich weiter. Meine erste Arbeit an Beethovens IX. steht an, worauf ich mich sehr freue. Urlaub gibt es für mich erst Ende August, aber den werde ich auch sehr genießen.
Dann maximale Erfolge in den verbleibenden „Zauberflöten“ in Schwerin, immer optimale Bedingungen in den verbleibenden Einsätzen und für Ende August erholsame Tage !
_____
Franziska Kapuhs, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit am Mecklenburgischen Staatstheater, zu den Schloßfestspielen in Vergangenheit und Gegenwart
„Noch ausreichend Karten für die Schloßfestspiele 2009 vorhanden …“
… Rechtzeitiger Karten-Erwerb sichert jedoch die besten Plätze !
> Frage: 15 Vorstellungen der „Zauberflöte“ gab es zwischen dem 16.Juni und 19.Juli auf dem Alten Garten vor dem Schweriner Schloss. Zwei Drittel aller Aufführungen sind damit schon wieder Vergangenheit. Wie lautet ein erstes Resümee hinsichtlich Besucherzahlen und Besucher-Zufriedenheit ? Gab es „Wetter-Probleme“ ?
– Franziska Kapuhs: Die Resonanz auf die Schlossfestspiele war überaus positiv. Die Zuschauer zeigten sich begeistert, die Kritiken waren durchgehend gut. Auch mit dem Besuch der bisherigen Aufführungen sind wir sehr zufrieden. Allerdings gab es auch einige Wetter-Kapriolen. Eine Vorstellung musste wegen eines Wolkenbruchs leider abgebrochen werden.
> Frage: Wieviele Mitwirkende aus wie vielen Nationen – einschl. Mecklenburgische Staatskapelle, Solisten und Komparsen – hat der erste Teil der Schloßfestspiele 2009, also Mozarts „Zauberflöte“ ?
– Franziska Kapuhs: Insgesamt wirken – aufgrund der Mehrfachbesetzungen – 160 Künstlerinnen und Künstler aus 16 Nationen an der „Zauberflöte“ mit. Pro Aufführung kommen 135 Mitwirkende zum Einsatz.
> Frage: Blicken Sie auf die Schloßfestspiele seit 1993 zurück: Welche Aufführungen hatten den größten Zuspruch ?
– Franziska Kapuhs.: Den größten Zuschauer-Erfolg hatten wir 2001 mit „Nabucco“. Es gab allerdings auch 29 Vorstellungen. 70000 Zuschauer kamen damals zum Alten Garten.
> Frage: Gab es in den letzten 16 Jahren schon Vorstellungen, bei denen aufgrund ausgiebigen Regens „Land unter“ und damit „Vorstellung unter“ angesagt war ?
– Franziska Kapuhs: Es kommt zwar äußerst selten vor, dass tatsächlich eine Vorstellung abgebrochen oder abgesagt werden muß, aber gegen Petrus Launen sind die Schloßfestspiele in Schwerin auch nicht gefeit. Im Jahr 200 mußte eine Vorstellung der „Musketiere“ wegen eines Wolkenbruchs abgebrochen werden. Einem Sturm fiel eine „Turandot“-Aufführung 2002 zum Opfer. Und den Wolkenbruch in diesem Jahr erwähnte ich ja schon.
> Frage: Im Theater-Foyer kann vor jeder Aufführung eine Foto-Ausstellung zur Geschichte von Mozarts „Zauberflöte“ besucht werden. Wie ist hier die Resonanz ? Lohnt sich ein Besuch …
– Franziska Kapuhs: Eine Stunde vor jeder Vorstellung, ab 20.00 Uhr, sowie in der Pause, ca. gegen 21.30 Uhr, kann die Ausstellung besucht werden, die einen umfassenden Einblick in die Vorstellungsgeschichte der „Zauberflöte“ in Schwerin gewährt. Der Besuch der Ausstellung erfolgt über den Haupteingang des Großen Hauses. Viele Zuschauer nutzen das Angebot und äußerten sich sehr positiv.
> Frage: Gibt es für die Vorstellung zur „Zauberflöte“ bis zum 31. Juli noch Karten ?
– Franziska Kapuhs: Die gibt es noch – für alle Vorstellungen. Aber, wenn man noch gute Karten haben möchte, sollte man nicht zu lange warten. Karten sind telefonisch unter 0385-5300123 erhältlich.
> Frage: Nach der „Zauberflöte“ ist vor „Sorbas“. Sind noch Umrüstungen an der Bühne notwendig und sind auch für Alexis Sorbas alias Gojko Mitic noch genügend Eintrittskarten zu haben ?
– Franziska Kapuhs: Auch hier sind noch ausreichend Karten vorhanden. Am 8.August ist Premiere und dann ist „Sorbas“ bis 30.August jeweils mittwochs, donnerstags, freitags, samstags und sonntags auf dem Alten Garten zu erleben. Das Bühnenbild wird natürlich komplett anders, eben so der Bühnenaufbau.
Es wird eine logistische Meisterleistung sein, innerhalb einer Woche – Ende der Vorstellungen der „Zauberflöte“ am 31.Juli, Premiere zu „Sorbas“ am 8.August – das alles neu zu gestalten …
Dazu viel Erfolg !
_____
Übrigens: Eine Menge zusätzlicher Events gab es in den letzten Wochen für das Mecklenburgische Staatstheater …
Generalintendant Joachim Kümmritz (Foto) feierte seinen 60. und Ballett-Direktor Peter Urbich seinen 50. ! – Herzlichen Glückwunsch ! +++ Ballett-Tänzerin Daniela Brümmer – 17 Jahre am Schweriner Ballett-Ensemble – beendet ihre Ballett-Tänzerinnen-Karriere, hat aber für „Sorbas“ einen Gastvertrag. +++ Auch Jelena-Ana Stupar, Barbara Melo Freire, David Ziegler und Björn Helget verlassen das Schweriner Ballett-Ensemble. +++ Hohe Anerkennung: Die Ballettcompagnie des Mecklenburgischen Staatstheaters war zum dritten Mal beim „Internationalen Festival des antiken griechischen Theaters“ auf Zypern dabei und wurde begeistert gefeiert. +++ Theater-Pädagogin Christina Geißler gab Meisterkurse in Moskau … +++ Beleuchtungsmeister Jürgen Rickmann geht in den Ruhestand, seit 1966 am Staatstheater in Schwerin ! Alles Gute ! +++ Erste Stifter-Gala war großer Erfolg. +++ Konrad-Ekhof-Preis an Lars Scheibner verliehen +++ Mueßer Kasperiade, Märchen im (Schloss-)Garten und Puppen im Park weitere Veranstaltungen des Staatstheaters …
Die Fragen stellte: Marko Michels.
F.: Silke Winkler (5), SN-News (1), M.M. (4)