Interview mit CAPITOL-Theaterleiter Dirk Mattenklott
„Das CAPITOL ist ein Geschenk !“
Frage: Das CAPITOL als historisches Lichtspieltheater und als moderne Kino-Erlebniswelt begeistert seit mehr als 70 Jahren viele Generationen von Film-Fans. Im Dezember 2006 feierte das CAPITOL den „70.“. Es wurde eine informative Chronik herausgegeben, in der auch festgehalten wurde, dass bereits 1817 mit der damaligen Gaststätte „Tonhalle“ an gleicher Stelle die Keimzelle für das am 21.12.1936 eröffnete CAPITOL entstand.
Ist es ein besonderes „Geschenk“ als passionierter Kino-Macher in einer so traditionsreichen Stätte arbeiten zu können ?
D.Mattenklott: Ja, natürlich ist es ein Geschenk, aber man sollte nicht vergessen, dass das Haus – mit seinem besonderen Charme, seiner Historie, mit seinem besonderen „Etwas“ – das eigentliche Geschenk ist. Gerade zum 70.Jubiläum forschten wir intensiv zur Geschichte des CAPITOL. Wir fanden heraus, beispielsweise, dass das CAPITOL unter der kurzzeitigen amerikanischen Besatzungsmacht als Flüchtlingsheim diente. Die folgende russische Besatzungsmacht nutzte das Gebäude dann auch noch für die Flüchtlinge aus den früheren deutschen Ostgebieten, aber erst mit den Russen wurde aus dem CAPITOL wieder ein Kino !
Ansonsten hatten wir ja zum Eröffnungsjubiläum einen Aufruf gestartet, mit der Bitte, uns als Kino-Betreiber Dokumente, Unterlagen oder Fotos zum CAPITOL aus den früheren Jahrzehnten zur Verfügung zu stellen und die Resonanz war überwältigend. Die früheren Film-Vorführer der 1960er und 1970er Jahre gründeten sogar einen Filmclub im CAPITOL, der sich regelmäßig einmal im Monat trifft. Viele Unterstützer für das CAPITOL gibt es ebenfalls. Auch nach dem Jubiläum 2006 werden wir die historische Forschung zur Geschichte des CAPITOLs und der Vorgänger-Gebäude an gleicher Stelle fortsetzen.
Frage: Die Geschichte des CAPITOL verlief wechselvoll. Zwischen 1937 und 1945 wurde es für NSDAP-Propagandaveranstaltungen genutzt, 1946 vereinigten sich hier KPD und SPD in M-V zur SED, Parteiveranstaltungen der SED waren hier, aber vor allem gab es – auch in schwierigen Zeiten – stets niveauvolle Filmabende. Seit 15 Jahren findet nun auch das ungemein erfolgreiche Filmkunstfest im CAPITOL statt mit bekannten Gästen wie Götz George, Hannelore Elsner oder Bruno Ganz.
Was waren für Sie – im historischen wie persönlichen Rückblick, ob erlebt oder erlesen – die Höhepunkte im CAPITOL ?
D.Mattenklott: Seit dem Betreiberwechsel 2005 haben sich auch für mich die Ereignisse überschlagen. Wir haben viele, viele kulturelle Veranstaltungen organisiert. Heinz-Rudolf Kunze war hier, Michael Verhoeven ebenso, nicht zu vergessen Esther Schweins, Götz Alsmann oder Detlev Buck. Und es gab eine Menge schöner Momente mit den vermeintlich „unnahbaren“ Prominenten, die sich eigentlich sehr bodenständig und menschlich zeigten! Götz Alsmann schwärmte z.B. von der Akustik des Hauses. Götz George oder Mario Adorf meinten unisono, dass wir alles tun sollten, um dieses schöne Haus zu erhalten. Heinz-Rudolf Kunze, sonst manchmal ein schwieriger Zeitgenosse, war vom CAPITOL begeistert und zeigte sich während seiner Lesung total entspannt. Sogar seinen neuesten Song stellte er vor.
Detlev Buck nutzte das CAPITOL zu einer persönlichen Danksagung. Als sein Film „Hände weg von Mississippi“ in Schwerin erstmals gezeigt wurde, luden er und sein Produzent Martin Rohrbeck zahlreiche Vertreter der beiden Dörfer am Schaalsee, in denen der Film gedreht wurde, zur Schweriner Premiere ein und meinten zu den eingeladenen Gästen: „Ohne euch wäre der Film so nie zustande gekommen !“ Das sind die Momente, die mich selbst berühren …
Ansonsten ist aber das jährliche Filmkunstfest der absolute Highlight im Veranstaltungskalender des CAPITOL. Dort gibt es ungemein wertvolle cineastische Kunst. Man trifft die Stars von heute und stellt be- wie entgeistert fest: Das sind ja alles Menschen wie du und ich. Dieses Treffen von Kunst, Filmschaffenden und Publikum ist in seiner „Art“ schon einzigartig !
Frage: Seit 2004 finden verstärkt auch kulturelle Veranstaltungen, wie Lesungen, kleine Theater-Aufführungen oder Konzerte im CAPITOL statt. Wird hiermit bewußt an die Tradition des Lichtspieltheaters angeknüpft ?
D.Mattenklott: Ja, natürlich wollen wir das einmalige Flair des Hauses für die verschiedensten Veranstaltungen, wie Konzerte, Lesungen, Theater-Aufführungen, nutzen. Es ist zwar ein knochenharter Job, denn neben den kulturellen Veranstaltungen gehen ja auch die Filmvorführungen weiter, aber für mich gilt: Entweder man liebt diesen Job oder man hasst ihn. Ich kann für mich sagen, dass ich meinen Job (fast) über alles liebe. Es ist ein unglaublich tolles Gefühl, wenn ich nach einer gelungenen Veranstaltung, nach einem gelungenen Filmabend, nach Hause gehen kann und weiß, dass sich die Gäste, das Publikum bei uns wohl fühlten bzw. bestens unterhielten !
Frage: Das 12.Internationale Mecklenburger Blues-Festival hat 2007 im CAPITOL seine Heimstätte gefunden. Von welchen Musikern, die auftreten werde, sind Sie persönlich begeistert ? Sind Sie neben der Film-Kunst auch ein Anhänger des Blues bzw. Jazz ?
D.Mattenklott: Ich bin ein aufgeschlossener Mensch mit vielseitigen Interessen. Als der Veranstalter uns fragte, ob wir das Mecklenburger Blues- und Jazz-Festival 2007 veranstalten wollten, sagten wir spontan: Ja ! – Nach dem Abend kann ich sagen: Auch dieses Festival war ein Erfolg für das Publikum wie für das CAPITOL.
Frage: Das CAPITOL als eine der bedeutendsten kulturellen Einrichtungen der Landeshauptstadt M-V`s. Welche Ziele haben Sie noch für das CAPITOL. Gibt es bestimmte Veranstaltungen, die Sie auch gern ins CAPITOL „holen“ würden ?
D.Mattenklott: Wir haben in den letzten zwei Jahren unseren Gästen eine abwechslungsreiche Veranstaltungspalette geboten. Die wollen wir weiter entwickeln und eventuell noch ausbauen. Man darf nicht vergessen: Die kulturelle „Veranstaltungsschiene“ ist erst im Aufbau. Unsere Film-Angebote haben wir seit 2005 mit der Einführung der Filmkunstreihe ja bereits ergänzt und damit deutlich verbessert. Ähnliches gilt für die kulturellen Veranstaltungen. Auch für konstruktive Kritik hat das CAPITOL-Team stets offene Ohren !
Die Fragen stellte Marko Michels. (Fotos: M. Michels, Veranstalter)
Veranstaltungen im CAPITOL im September 2007 (Auswahl):
> Die Landeshauptstadt Schwerin präsentiert vom 25. September bis 02. Oktober die interkulturelle Woche unter dem Motto „Teilhaben Teil werden“. Das Capitol zeigt von Montag, den 24.09. bis Freitag, den 28.09. jeweils um 10.00 Uhr den Film „Yes I Am“.
> Der Schriftsteller Wladimir Kaminer liest am 25.09.2007 ab 20.30 Uhr aus seinem Buch „Mein deutscher Schrebergarten“ im CAPITOL.
> Am Mittwoch, 26.09.2007, präsentiert das CAPITOL in der Reihe „Damenwahl“ den Film „Stellungswechsel“ in einer Vorpremiere.
> Ab Sonntag, 30.09.2007, präsentieren die „Intruder Hardrock-Bar“ und das CAPITOL den Film „Full Metall Village“.
Weitere Infos mit Veranstaltungstipps zum CAPITOL findet man unter: www.das-capitol.de.
