Schweriner Judo-Traditionen

Nachgefragt bei Susi Zimmermann

Das Judo-Jahr 2012 war wahrlich ein ereignisreiches: Europameisterschaften in Tscheljabinsk, olympische sowie paralympische Wettkämpfe in London oder die verschiedenen Weltcup-Wettbewerbe, zuletzt in Rom und in Istanbul.

Seit 1964 olympisch– der Judosport

Seit 1964 ist Judo nun im olympischen Wettkampfprogramm (Ausnahme 1968/Frauen seit 1992) und bislang konnten 22 Länder Olympiasiegerinnen und Olympiasieger im Judo stellen. Am erfolgreichsten war bislang das Mutterland dieser Sportart Japan, aus dem bis 2008 insgesamt 32 Olympiasiegerinnen und Olympiasieger kamen. Dahinter folgen mit Abstand Frankreich und Korea (je 10), Russland (einschließlich Sowjetunion/7), China (6),  Kuba und Deutschland (je 5) bzw. die Niederlande (4).

Aus deutscher Sicht triumphierten bei Olympia zwischen 1964 und 2008 Udo Quellmalz (1996/Halbleichtgewicht), Frank Wieneke (1984/Halbmittelgewicht), Ole Bischof (2008/Halbmittelgewicht), Dietmar Lorenz (1980/Klasse ohne Gewichtslimit) und Yvonne Bönisch (2004/Leichtgewicht).

Judo und MV – eine Erfolgsgeschichte

Die Judo-Fans in Mecklenburg-Vorpommern hatten natürlich auch ein großes Interesse an den olympischen und paralympischen  Judo-Entscheidungen, denn Judo und M-V – das ist mittlerweile fast so etwas wie eine erfolgreiche Tradition bei hochkarätigen internationalen Meisterschaften.

Ramona Brussig (PSV Schwerin), die paralympische Silbermedaillen-Gewinnerin 2008 sowie Goldmedaillen-Gewinnerin 2004, zuletzt 2011 WM-Dritte und Europameisterin, konnte dabei zusammen mit ihrer Schwester Carmen (ebenfalls PSV Schwerin), 2008 paralympische Bronzemedaillengewinnerin, 2011 Vize-Weltmeisterin und EM-Dritte, zweimal Gold auf der paralympischen Judo-Matte in London erobern – eine einzigartige Leistung der Zwillingsschwestern.

Judosportliche Erfolgsbeispiele aus MV

Bei Olympia gab es vor fast einem Vierteljahrhundert aus Schweriner Sicht ebenfalls viel Grund zum Jubeln. Der 1964 in Schwerin geborene Torsten Oehmigen, nach der Heirat Torsten Brechot, der für den SC Dynamo Hoppegarten startete, wurde bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul Bronzemedaillen-Gewinner im Halbmittelgewicht. Bereits vor Seoul`88 war Torsten Brechot schon auf der Judo-Matte erfolgreich, wie sein erster Platz bei den Junioren-EM 1983 und sein WM-Silber von 1985 beweisen.
Brechot hatte zudem einen erfolgreichen Vorgänger. Andreas Preschel, drei Jahre früher als Torsten Brechot in Schwerin geboren und ebenfalls in Hoppegarten aktiv, wurde 1983 Weltmeister im Halbschwergewicht in Moskau.

Weitere bekannte Judoka aus M-V sind – nur drei Beispiele von vielen – der viermalige Europameister Günter Krüger aus Pasewalk, Andreas Paluschek aus Rostock, der Junioren-Europameister 1980 und EM-Dritter 1985 wurde, oder Roland Borawski aus Schwerin, der 1989 EM-Gold erkämpfte.

Frauen-Judo im Jahr 2012

EM in Tscheljabinsk:
Bei den internationalen Meisterschaften im Frauen-Judo 2012 waren zunächst bei den Europameisterschaften in Tscheljabinsk die rumänischen, russischen und französischen Damen ganz stark. Russland stellte mit 2 x Gold, 1 x Silber vor Rumänien mit 2 x Gold und Frankreich mit 1 x Gold, 2 x Silber, 3 x Bronze das erfolgreichste Team. Die deutschen Judo-Frauen holten immerhin 4 x Bronze.

Olympia mit starken Japanerinnen und Französinnen:
Die olympischen Judo-Wettbewerbe bei den Frauen in London bewiesen dann, dass Frauen-Judo mittlerweile weltweit äußerst beliebt ist. Vierzehn Länder errangen olympische Medaillen, davon sieben Länder jeweils einmal Gold. Besonders erfolgreich war bei Olympia das japanische Frauen-Team mit jeweils 1 x Gold, Silber und Bronze (Gold durch Kaori Matsumoto in der Klasse bis 57 Kilogramm).

Dahinter folgen Kuba mit 1 x Gold, 1 x Silber (Gold durch Idalys Ortiz in der Klasse über 78 Kilogramm), Frankreich mit 1 x Gold, 4 x Bronze (Gold durch Lucie Decosse in der Klasse bis 70 Kilogramm), Brasilien mit jeweils 1 x Gold sowie Bronze (Gold durch Sarah Menezes in der Klasse bis 48 Kilogramm) und die USA ebenfalls mit 1 x Gold sowie Bronze (Gold durch Kayla Harrison in der Klasse bis 78 Kilogramm). Kerstin Thiele erreichte aus deitscher Sicht den Silber-Rang in der Klasse bis 70 Kilogramm.

Paralympics mit Doppel-Gold durch die Brussig-Zwillingsschwestern aus Schwerin:
Zwei Wochen später, bei den paralympischen Events im Frauen-Judo, konnte die deutsche Mannschaft durch Carmen und Ramona Brussig die „Pole Position“ belegen (Gold für Carmen in der Klasse bis 48 Kilogramm und Gold für Ramona in der Klasse bis 52 Kilogramm). Insgesamt erkämpften 12 Länder paralympische Medaillen im Frauen-Judo in London, davon holten fünf Länder eine oder mehr Goldmedaillen. Hinter Deutschland kommt China auf Platz zwei mit 1 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze und auf Platz drei rangiert Spanien mit 1 x Gold, 2 x Bronze.

Im Fokus – Die gebürtige Schweriner Judoka Susi Zimmermann / Die Weltcups in Rom und in Istanbul

In den letzten Jahren sorgte aus Schweriner Sicht ebenfalls Susi Zimmermann (JC 90 Frankfurt/Oder), Jahrgang 1989,  für viel judosportliche Furore. So gewann Susi 2011 in San Salvador ihre dritte Weltcup-Medaille, nachdem die Landeshauptstädterin 2010 WM-Silber im Team  in Antalya erkämpfte.

Susi nahm nun im September/Oktober an den Weltcup-Wettbewerben in Rom und in Istanbul teil. Während es in Rom für die gebürtige Landeshauptstädterin, Jahrgang 1990, nicht so optimal lief – für die deutschen Judo-Frauen gab es „in der ewigen Stadt“ zweimal Silber durch Annika Heise (bis 78 Kilogramm) und Jasmin Külbs (über 78 Kilogramm) – konnte die Wahl-Frankfurterin in Istanbul einen respektablen siebenten Rang in der Gewichtsklasse bis 52 Kilogramm erreichen.

Beim Weltcup in Istanbul stellte das deutsche Frauen-Team sogar die erfolgreichste Mannschaft mit 1 x Gold (Elisabeth Greve, bis 70 Kilogramm), 3 x Silber (Johanna Müller, bis 57 Kilogramm, Claudia Ahrens, bis 63 Kilogramm, Iljana Marzok, bis 70 Kilogramm) und 3 x Bronze (Miryam Roper, bis 57 Kilogramm, Jasmin Delorme, bis 78 Kilogramm, und Julia Tillmanns, ebenfalls bis 78 Kilogramm). Dreizehn Länder errangen in der türkischen Metropole Weltcup-Medaillen (davon sieben Länder auch Gold) im Frauen-Judo – hinter dem deutschen Team folgt die Türkei mit 1 x Gold, 3 x Silber, 1 x Bronze sowie Frankreich und Slowenien mit jeweils 1 x Gold bzw. Bronze.

Wie beurteilt nun Susi Zimmermann die Resultate, speziell die eigenen? Nachgefragt bei der gebürtigen Schwerinerin

„Rio wäre großartig …“

Frage: Susi, Sie waren nun bei den Weltcups in Rom und in Istanbul aktiv. Wie lautet Ihr Resümee?

Susi Zimmermann: Es ist noch ein hartes Stück Arbeit, um mich nach meiner einjährigen Verletzungspause ganz nach oben zu kämpfen. Doch ich bin gewillt, alles zu tun, um meine Ziele zu erreichen.

Frage: Wie verlief Ihr Judo-Jahr 2012 insgesamt? Welche Highlights gab und gibt es für Sie noch?

Susi Zimmermann: Im Jahr 2012 gab es leider nur ganz wenige judosportliche Einsätze  für mich. Ich hatte mich bereits 2011 schwer am Ellenbogen verletzt. Nach einer Operation und düsteren Prognosen bin ich jetzt wieder so weit, um im Wettkampf-Geschehen eingreifen zu können. Nun gilt es, die kommende Saison vorzubereiten und am Wochenende die Meisterschaft mit meinem Bundesliga-Team nach Leipzig zu holen.

Frage: Haben Sie auch die olympischen und paralympischen Judo-Wettkämpfe in London intensiv verfolgen können? Wer beeindruckte Sie dort am meisten?

Susi Zimmermann: Ich habe die Olympischen Spiele mit einem lachenden und einem weinenden Auge verfolgt. Lachend, weil es mich angespornt hat in vier Jahren in Rio selbst dabei zu sein, und weinend, weil es für London noch nicht gereicht hat.
Am meisten beeindruckt hat mich die Leistung von meiner Mannschaftskameradin (Bundesliga) Kerstin Thiele. Sie war auf den Punkt fit und hat starke Gegnerinnen besiegt. Sie hat es allen gezeigt und verdient die Silbermedaille gewonnen – und das auf eine sehr sympathische und bescheidene Weise.

Frage: Ist Rio 2016 jetzt Ihr großes Ziel?

Susi Zimmermann: Rio wäre großartig. Es wird sich zeigen, ob ich in der Lage bin, ein Comeback auf der Judomatte hinzulegen.

Frage: Und wie sieht Ihr Leben neben der Judo-Matte zurzeit aus?

Susi Zimmermann: Ich habe im Oktober mein Studium zum Bachelor of Arts in Wettkampf- und Leistungssport abgeschlossen und bin nun Bundesfreiwilligendienstleistende am Olympiastützpunkt in Frankfurt (Oder). Nebenbei arbeite ich bei einem schwedischen Modeunternehmen. Wenn doch einmal Zeit ist, fahre ich gerne mit Freunden weg. Ruhe, gutes Essen und ein Buch lassen mich Kraft tanken, um wieder angreifen zu können.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Sie! Maximale Erfolge neben und auf der Judo-Matte!

Marko Michels

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