Schwierige Finanz-Situation für das „Track Cycling Team MV“

Nachgefragt bei Olympiastützpunkt-Trainer Ronald Grimm

Im Jahr 2013 wurde schon mächtig in die Pedalen getreten. Bereits im Februar fanden die Bahnradsport-Weltmeisterschaften in Minsk statt, bei denen Großbritannien (5 x Gold, 2 x Silber, 2 x Bronze), Deutschland (3 x Gold, 3 x Silber, 2 x Bronze), Australien (2 x Gold, 2 x Silber, 4 x Bronze) und Frankreich (2 x Gold, 2 x Bronze) dominierten.

Super dabei war die 26-jährige Miriam Welte. Die gebürtige Kaiserslauterin, die für das „Track Cycling Team MV“ startet, wurde Teamsprint-Weltmeisterin mit Kristina Vogel und Vize-Weltmeisterin im 500 Meter-Zeitfahren. Für Miriam waren es damit – nach dem Teamsprint-Olympiagold mit Kristina Vogel im vergangenen Jahr – die Medaillen Nummer sechs und sieben bei Elt- und Europameisterschaften seit 2008.

Edelmetall für Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1972 und 2012

Auch in der Vergangenheit sorgten Radsportlerinnen und Radsportler aus M-V, mit M-V-Background oder mit M-V-Bindungen national und international für Furore. Der gebürtige Rostocker Günther Schumacher erkämpfte zweimal Olympia-Gold mit dem bundesdeutschen Bahn-Vierer 1972/1976. Der Herzberger Steffen Blochwitz belegte 1988 in Seoul mit dem DDR-Bahnvierer den Silber-Platz, ein jahr später wurde er in der selben Disziplin in Lyon Weltmeister. Einige Jahre später, im Jahr 2000 in Sydney, errang der gebürtige Rostocker Jan UlrichOlympia-Gold in der Straßen-Einzel-Entscheidung und im Zeitfahren, sorgte später jedoch für weniger erfreuliche Schlagzeilen.

Nicht zu vergessen ist Andre Greipel (ebenfalls in Rostock geboren), WM-Dritter im Straßen-Einzel 2011 und Olympionike 2012, der im kommenden September die Straßen-Radsport-WM in der Toskana anstrebt. Weitere ehemalige Olympioniken sind die gebürtige Wismarer Bahnradsportlerin Katrin Meinke (2000) und der gebürtige Grevesmühlener Radrennfahrer Jens Voigt (2000, 2004 und 2008).

Große Traditionen im Land hat auch das Kunstradfahren. So wurde Helmut Pittermann mit Horst Schroedter 1959, 1962, 1963 sowie 1965 Vize-Weltmeister und 1966 WM-Dritter im Zweier-Kunstradfahren.

Überragend ist jedoch der gebürtige Hagenower und jetzige Wahl-Schweriner Stefan Nimke: vier Medaillen bei Olympischen Spielen zwischen 2000 und 2008, davon Teamsprint-Gold 2004, und fünfzehn Medaillen bei WM/EM von 1997 bis 2013, davon 7 goldene Titel.

Zur aktuellen Situation beim „Track Cycling Team M-V“ und allgemein zum Bahnradsport in M-V fragte Marko Michels bei Olympiastützpunkt-Trainer Ronald Grimm (verantwortlich für den Bundeskader) nach

„Sonst müssen unsere besten Sportler abwandern…“

Frage: Die Saison 2012/13 bringt neue, nicht nur sportliche  Herausforderungen mit sich. Gerade das international äußerst erfolgreiche „Track Cycling Team M-V“ und seine Aktiven haben finanzielle Mehrbelastungen. Wie ist die Situation konkret? Weitere Sponsoren sind doch sicherlich willkommen?!

Ronald Grimm:  Das stimmt. Durch die Regularien der UCI (des internationalen Radsportverbandes) sind wir gezwungen,  an internationalen Qualifikationsrennen zum Weltcup teilzunehmen. Dort werden Punkte vergeben. Anfang September wird aufgrund der Platzierungen bei diesen Rennen durch die UCI eine Liste der Sportler erstellt, die an den Weltcups teilnehmen können.

Zur Weltmeisterschaft sind nur die namentlich benannten Sportler zugelassen, die an mindestens zwei der drei Weltcuprennen teilnehmen und entsprechend viele Punkte im UCI-Ranking erhalten haben. Das bedeutet für uns ein Anstieg der Kosten um circa 300 Prozent! Das ist derzeit durch unsere Sponsoren nicht abzudecken. Wir sind also bestrebt, den Sponsoren-Pool zu erweitern. Sollte uns das nicht gelingen, müssen wir unseren besten Sportlern empfehlen, für andere Teams zu starten. Denn nur über die kostenstarke Qualifikation ist eine internationale Karriere möglich …

Frage: Die Nachwuchsarbeit im hiesigen Radsport ist bundesweit anerkannt und wird sehr gelobt. Gibt es genügend junge Talente in M-V, die sich für den Radsport interessieren?

Ronald Grimm:  Das ist sehr differenziert zu betrachten. Wir haben mit Henry Ober und Johannes Keuchel zwei Sportler in der Juniorenklasse, die sich für die Junioren-WM anbieten und sehr gute Chancen haben, sich dafür zu qualifizieren. Auch in der Breite der Kader, die zum Bundesstützpunkt nach Schwerin wechseln, sind wir sehr gut aufgestellt. Aber es gibt für mich immer ein Motto, das heißt „Schnell fahren, kommt von schnell fahren!“.

Wenn ich im Training nicht die Möglichkeit habe, schnell zu fahren, nützen mir die besten Talente nichts! Bei den Witterungsbedingungen, die wir im Frühjahr des laufenden Jahres hatten, ist ein „schnelles“ Fahren eine reine Glücksspiellotterie! Wir benötigen in der Perspektive unbedingt eine Halle mit Radrennbahn! Die Weltcups liegen im Winter, die Qualifikation des Nachwuchses im Frühjahr. Wie sollen wir perspektivisch unsere vorhandenen Nachwuchsfahrer auf ein internationales Niveau ohne Halle bringen?

Frage: Die Bahnradsport-WM 2013 war aus deutscher Sicht sehr erfolgreich. Wie beurteilen Sie dort die Chancen der deutschen Radsportlerinnen und Radsportler bei kommenden internationalen Herausforderungen?

Ronald Grimm:  Wir sind im Kurzzeit-Bereich auf der Bahn sehr gut, auch im Hinblick auf den Nachwuchs, aufgestellt. Aber nach wie vor gibt es bei den weiblichen Sportlerinnen Nachhole-Bedarf, sowohl im Elite- als auch im Nachwuchs-Bereich, um höchsten internationalen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Ausnahmen sind hier natürlich Kristina Vogel und Miriam Welte.

Vielen Dank

Veranstaltungstipp im April: Täve Schur zu Besuch in Schwerin

Angesichts der großen (Erfolgs-)Tradition im Radsport „Made in Meck-Pomm“ ist es daher nicht verwunderlich, dass am 27. April auch eine radsportliche Legende in M-V vorbei schaute. Täve Schur besucht die Landeshauptstadt und tritt im Schweriner Schleswig-Holstein-Haus auf. Dabei wird Gustav-Adolf „Täve“ Schur, der im Februar junge 82 wurde, natürlich über seine sportliche Laufbahn berichten. Außerdem wird der Film „Täve 80“ aus dem Jahr 2011 gezeigt.

Täve Schur gewann zweimal, 1955 und 1959, die Friedensfahrt (das härteste Amateur-Radrennen der Welt), erkämpfte zweimal den Weltmeister-Titel im Straßen-Einzel (1958 in Reims sowie 1959 in Zandvoort), wurde Vize-Weltmeister im Straßen-Einzel (1960 auf dem Sachsenring bei Hohenstein-Ernstthal) und konnte zwei Olympia-Medaillen erringen. In Melbourne 1956 belegte das gesamtdeutsche Team mit Täve Schur in der Mannschafts-Wertung Platz drei, in Rom 1960 konnte das gesamtdeutsche Team sogar den zweiten Platz mit Täve Schur im Mannschafts-Zeitfahren holen.

Noch heute gehört Täve neben bspw. Boxsportler Max Schmeling, den Tennis-Assen Steffi Graf und Boris Becker, Formel 1-Ikone Michael Schumacher oder dem Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer zu den großen deutschen Sportler-Persönlichkeiten, die auch international einen angesehenen Ruf haben.

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