Seit über 120 Jahren ausgetragen: Die UCI-Bahn-Weltmeisterschaften

Auch in Mecklenburg-Vorpommern hat der Radsport Tradition

Die besten Bahnradsportler der Welt werden sich vom 18. bis 22. Februar wieder messen. Da nämlich finden die diesjährigen Weltmeisterschaften im neu errichteten nationalen Velodrom von Saint Quentin en Yvelines bei Paris statt.
Rückblickend hat dieser internationale Vergleichskampf schon einige Jährchen auf dem Buckel. Die ersten Bahnrad-Weltmeisterschaften fanden nämlich bereits 1893 (in Chicago) statt. Damals noch von einer der Vorläuferorganisationen des Weltverbandes UCI (Union Cycliste Internationale) ausgerichtet. Die letzten Welttitelkämpfe wurden indes in Cali ausgetragen. Dort, in der drittgrößten Stadt Kolumbiens, waren die deutschen Athleten mit viermal Gold und viermal Silber am erfolgreichsten – insbesondere dank deutscher Frauen-Power durch Kristina Vogel (Gold im Teamsprint, Sprint und Keirin) und Miriam Welte (Gold im 500 Meter-Zeitfahren und mit Kristina Vogel im Teamsprint).

Deutsche Bahnradsportler mit imposanter WM-Bilanz

Deutschen Bahnradsportler und -sportlerinnen mischten bei Weltmeisterschaften sogar regelmäßig vorne mit. Die Bilanz in allen Disziplinen zusammen lautet 378 x Edelmetall – darunter 121 x Gold – so viel wie kein anderes Land. Der diesjährige Gastgeber Frankreich kommt auf 358 x Edelmetall (darunter sogar 133 x Gold). Erfolgreich sind auch die Italiener (247 x Edelmetall, 75 x Gold), die Niederländer (239 x Edelmetall, 82 x Gold), Großbritannien (223 Medaillen, 95 x Gold), Australien (205 Medaillen, 69 x Gold) und Russland (mit UdSSR, 199 x Edelmetall, darunter 74 x Gold).

MV und Schwerin mit guter Radsport-Tradition

Zwei Schweriner Rad-Asse - Stefan Nimke und Tobias Wächter. (Archivfoto: M. Michels)In puncto Bahn-Radsport sowie im Radsport insgesamt kann sich auch unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern einer gewissen Tradition erfreuen. Vor allem, wenn man an die Erfolge des Wahl-Schweriners Stefan Nimke, u.a. Teamsprint-Olympiasieger 2004, zweifacher Weltmeister im Teamsprint (2010, 2011) sowie vierfacher Weltmeister im 1000 Meter-Zeitfahren (2003, 2009, 2011, 2012) denkt.

Und in der Landeshauptstadt selbst wird schon seit beinahe 130 Jahren geradelt. So wurde im Jahr 1886 der „Schweriner Radfahrverein“ unter maßgeblicher Initiative von Karl Gundlach, einem Kaufmann, gegründet. Zwei Jahre später, am 23./24.Juni 1888 feierte der Verein mit der „Vereinigung der Mecklenburgischen Radfahrer“ sein Stiftungsfest. Unter anderem gehörten Radsport-Veranstaltungen bzw. -Darbietungen auf dem Hochrad zum Repertoire dieses Vereines. Im Jahr 1896, dem Jahr der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit in Athen, erhielt der „Schweriner Radfahrverein“ sogleich innerstädtische Konkurrenz: Es gründete sich der Radfahr-Verein „Greif zu“. Der organisierte Radsport in Schwerin begann also Ende des 19.Jahrhunderts seinen Siegeszug. 1972 schließlich begab sich der gebürtige Schweriner Dieter Gonschorek auf die „olympischen Straßen“. Die Krönung waren jedoch zweifellos die sechs Weltmeistertitel und die vier Olympiamedaillen des ’78 in Hagenow geborenen Stefan Nimke.

Weitere erfolgreiche Radsportler aus MV waren der gebürtige Rostocker Günter Schumacher (u.a. Olympiasieger mit dem Bahn-Vierer 1972/1976), der gebürtige Rostocker Jan Ullrich (z.B. Amateur-Weltmeister 1993, Tour de France Sieger 1997 und Olympiasieger 2000), der gebürtige Grevesmühlener Jens Vogt (Rekordteilnehmer der Tour de France) der gebürtige Rostocker Andre Greipel (WM-Dritter 2011 im Straßen-Einzel und mehrmaliger Tour de France Etappensieger).

 

Frankreich und die Bahnrad-Weltmeisterschaften – Ein Rückblick in Zahlen

Die Französische Republik hat überdies beste Erfahrungen mit der Austragung von Weltmeisterschaften im Bahnradsport. So fanden die UCI Track Cycling World Championships bislang vierzehnmal im Land der Trikolore statt.

Zwischen 1900 und 1933

Im Jahre 1900 dominierten in Paris die französischen Gastgeber mit dreimal Gold, einmal Silber, dreimal Bronze. Willy Arend aus Deutschland wurde dort Dritter im Profi-Sprint. Sieben Jahre später, „an gleicher Stelle“, wiederholte das französische Team die Medaillen-Ausbeute von dreimal Gold, einmal Silber, dreimal Bronze. Für die deutsche Mannschaft belegten im Profi-Sprint Henri Mayer und Walter Rütt die Plätze zwei und drei. 1922 waren die Holländer mit einmal Gold, einmal Silber bestens dabei und 1924, wieder in Paris, jubelte Frankreich über einmal Gold, zweimal Silber, einmal Bronze.

Neun Jahre danach sicherte sich Frankreich erneut die „Pole Position“ im Medaillenspiegel mit einmal Gold, zweimal Silber. Für Deutschland gab es zweimal Bronze bei den Profis im Sprint (Albert Richter) und bei den Stehern (Erich Metze).

Die französischen WM nach 1945

Nach dem zweiten Weltkrieg war dann Paris 1947, 1952 und 1958 Schauplatz der WM im Bahnradsport. 1947 erkämpfte Italien als erfolgreichste Nation zweimal Gold, einmal Silber und 1952 avancierte „Team Italy“ erneut zur stärksten Bahnrad-Nation mit einmal Gold, dreimal Silber, einmal Bronze. Aus deutscher Sicht erkämpfte Walter Lohmann einmal Silber bei den Profi-Stehern. 1958 waren Frankreich und die Sowjetunion mit jeweils zweimal Gold, einmal Silber die Top-Nationen. Für Deutschland-Ost erkämpften Lothar Meister (Gold) und Heinz Wahl (Silber) bei den Amateur-Stehern.

Im Jahr 1964 (Paris) konnte sich hingegen Belgien wieder einmal die führende Position mit zweimal Gold, dreimal Silber, einmal Bronze erkämpfen. Deutschland-West triumphierte mit dem Bahn-Vierer (Lothar Claesges, Karl Link, Karl-Heinz Henrichs, Ernst Streng). Die deutsche Medaillen-Bilanz ergänzte Karl-Heinz Marsell mit Bronze bei den Profi-Stehern.

Von Marseille 1972 nach Lyon 1989

1972 ging es dann weltmeisterlich nach Marseille – mit wiederum überragenden Belgiern, die zweimal Gold, einmal Silber, einmal Bronze erradelten. Die (WEst-)Deutschen holten immerhin Gold bzw. Silber durch Horst Gnas bzw. Jean Breuer bei den Amateur-Stehern und Bronze durch Dieter Kemper bei den Profi-Stehern.

Acht Jahre später lud Besancon die weltbesten Bahnradfahrerinnen und Bahnradfahrer ein. Australien schaffte als einzige Nation zweimal Gold und Deutschland-West freute sich über vier Medaillen: Gold durch Wilfried Peffgen bei den Profi-Stehern, Bronze durch Heinz Betz bei den Profi-Punktefahrern, Bronze durch Josef Kristen bei den Amateur-Punktefahrer und Bronze durch Claudia Lommatzsch im Frauen-Sprint.

Im „Wende“-Jahr 1989 hieß Lyon die Bahnrad-Welt willkommen und „GDR“ räumte noch einmal tüchtig ab. Zwar wurden die Italiener mit dreimal Gold, dreimal Silber, zweimal Bronze die Nummer eins, aber nur ganz knapp dahinter folgte Deutschland-Ost mit dreimal Gold, dreimal Silber, einmal Bronze. Goldige Momente aus (ost-)deutscher Sicht erlebten 1989 Jens Glücklich (1000 Meter-Zeitfahren), Bill Huck (Sprint) und Steffen Blochwitz, Carsten Wolf, Thomas Liese sowie Guido Fulst mit dem Bahn-Vierer. Weitere Medaillen errangen aus deutschem Blickwinkel Michael Hübner (Silber im Sprint), Jens Lehmann (Silber in der Einzelverfolgung), Steffen Blochwitz (Bronze in der Einzelverfolgung), Petra Rossner (Silber in der Frauen-Einzelverfolgung) und Torsten Rellensmann (Deutschland-West, Bronze bei den Profi-Stehern).

Bordeaux 1998 und 2006

In Bordeaux 1998 „hamsterten“ die Französinnen und Franzosen die Medaillen, die auf sechsmal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze kamen. Deutschland war zudem hervorragend vertreten – mit einmal Gold, dreimal Silber, viermal Bronze durch Jens Fiedler (Gold im Keirin), Andreas Kappes (Silber im Punktefahren), Sören Lausberg, Stefan NImke bzw. Eyk Pokorny (Bronze im Teamsprint), Christian Lademann, Daniel Becke, Robert Bartko bzw. Guido Fulst (Silber mit dem Bahn-Vierer), Robert Bartko (Bronze in der Einzelverfolgung), Andreas Kappes bzw. Stefan Steinweg (Bronze im Madison) und Judith Arndt (Bronze in der Frauen-Einzelverfolgung).

Bei den vorerst letzten Bahn-Weltmeisterschaften in Frankreich, im Jahre 1998 ebenfalls in Bordeaux, setzten die Holländer mit dreimal Gold, einmal Silber maßgeblich die sportlichen Akzente. Deutschland erkämpfte einen kompletten Medaillen-Satz – Gold durch Robert Bartko (Einzelverfolgung), Silber durch Christine Mucke (Frauen-Keirin) und Bronze durch Stefan Nimke (Sprint).

Mal schauen, wer nun bei der WM-Auflage 2015 am besten in die Pedale treten wird…

Marko Michels/red

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