Silke Gajek, Grüne Spitzenkandidatin, über das Wahljahr 2011

„Mit den Bündnisgrünen im Landtag kommen neue, innovative und nachhaltige Ideen zum Tragen …“

Kaum ist das neue politische Jahr begonnen, gibt es wieder die ewig gleichen politischen Grabenkämpfe. Neuer Streit um alte Dinge. Stimmungshochs und Stimmungstiefs. Schöne Statistiken und neue Hoffnungen. Neue Skandale und alte Freuden. Glückliche Momente und schlimme Katastrophen.

Doch wie sieht die Grüne Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2011 in M-V, Silke Gajek, Schwerin und die Welt zum Jahresbeginn 2011?

Silke Gajek: Das alte Jahr ist noch so jung und nichts ist mehr wie es war. Diskussionen und Themen über die wir noch vor zwei Wochen heftig gestritten haben, liegen jetzt in den Schubladen.

Die Katastrophe in Japan zeigt, wie verletzlich unsere technikfixierte Welt ist. Klar ist, dass für uns Grüne die Zwischen- und Endlagerdebatte wieder brandaktuell ist. Und dies nicht immer nur im Umfeld der Castor-Transporte. Ich persönlich bin sprachlos und tief bewegt. Leider lernen die Menschen immer nur aus Katastrophen.

Frage: Wie beurteilen Sie, Frau Gajek, ohne Blick durch die grüne Brille die Lage in Schwerin, MV und Deutschland?

Silke Gajek: So ganz kann ich die grüne Brille wahrscheinlich nicht abnehmen, aber ich werde sie mal auf die Nasenspitze rücken. Auch wenn 2011 mit vielen negativen Schlagzeilen beginnt, ich freue mich auf dieses Jahr. Es wird auf jeden Fall spannend und ich hoffe, dass wir MV ein gutes Stück in Richtung Zukunft bewegen können. Die angesprochenen Schlagzeilen, geraten in unserer schnelllebigen, medialen Welt in oft atemberaubendem Tempo wieder von den Titelseiten.

Gerade die schrecklichen Ereignisse in Japan haben wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist gerade in einem hoch technologisierten Land nachhaltige Energiepolitik zu betreiben, dabei sind die erneuerbaren Energien ein hervorragender Wirtschaftsfaktor für unser Bundesland.

Das Thema Atomausstieg war für mich immer brandaktuell. Auch wenn in unserem Bundesland kein Atomkraftwerk steht, so ist doch das Zwischenlager in Lubmin eine aktuelle Frage. Zum heutigen Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob in Lubmin zukünftig zusätzlicher atomarer Müll gelagert werden soll. Wir werden dafür kämpfen, dass Lubmin nicht zu einem Endlager wird. Wir wollen nicht das strahlende Mecklenburg-Vorpommern werden!

Für Schwerin freut es mich, dass sich der Widerstand vor Ort organisiert hat und wir mit friedlichen Mahnwachen und Demonstrationen über einen längeren Zeitraum präsent sind. Es haben sich Frauen und Männer, aber insbesondere auch Jugendliche gegen die schwarz-gelbe Atompolitik positionieren und dies lautstark. Das ist ein großer Schritt in Richtung einer selbstverantwortlichen Zivilgesellschaft.

Frage: Schwerin erscheint anderthalb Jahre nach der BUGA wieder „grau in grau“, was nicht nur am längst erfolgten Tauwetter liegen dürfte. Was könnte, was müsste aus Ihrer Sicht in der Stadt 2011 besser werden? Vielleicht noch ein fünftes Center am Marienplatz?

Silke Gajek: „Grau in grau“ ist Schwerin selten. Lediglich drei Tage Regenwetter könnten dazu führen…. Sicher wird ein zweites Center am Marienplatz die Infrastruktur unserer Landeshauptstadt nachhaltig verändern. Aber ich würde das Hauptaugenmerk nicht so sehr auf den Konsum richten. In Schwerin stehen wir vor den stadtplanerischen Herausforderungen Lebensqualität und wirtschaftliche Entwicklung zu vereinbaren.

Besonders das Thema Waisengärten liegt mir schwer im Magen. Schon heute liegt der erste Teil der Gärten brach und die Räumungsarbeiten für das neue Baugebiet laufen. Über den Beschluss der Stadtvertretung, hier ein großes Baugebiet zu genehmigen bin ich nicht glücklich. Ich persönlich finde es äußerst schade, dass gewachsene Strukturen wie die Waisengärten einfach weggeplant werden. Die Argumentation mehr Einwohner nach Schwerin zu holen, halte ich in diesem Zusammenhang übrigens für verkürzt. Wir haben noch viele andere attraktive Baugebiete.

Und der Wunsch immer höher, schneller, weiter ist sehr zweischneidig. Schwerin ist eine wunderschöne Stadt. Mit dem Schloss, den Seen, unserer einmaligen Altstadt können wir eigentlich überall angeben! Wieso tun wir es dann nicht und lassen unsere Innenstadt von gesichtslosen Centern zubauen?

Frage: Ihre Partei ist im Stimmungshoch, zumindest noch: Bundesweit liegen die Grünen bei 20 Prozent, bei der letzten Umfrage in M-V liegen die Bündnisgrünen bei 6 Prozent. Wie bewerten Sie die strategische Lage der Grünen gerade in M-V vor der Landtagswahl im September?

Silke Gajek: Die Umfragewerte stimmen uns positiv, wobei es sich hier eindeutig um Stimmungsbilder nicht um Wahlen handelt. Aber immer mehr Wählerinnen und Wähler haben erkannt, dass Umweltschutz, Bildungsgerechtigkeit und direkte Demokratie wichtige Elemente unserer Gesellschaft geworden sind.

Unser Land braucht starke GRÜNE, um die Zukunftsfragen richtig beantworten zu können. Die letzten Jahre haben es gezeigt: Klimaschutz schafft Arbeitsplätze in unserem Bundesland und weltweit

Frage: Sie sind ja nicht nur Politikerin, sondern auch bei KISS e.V. sozial engagiert. Da hätte ich zwei Fragen: Wie erleben Sie die (soziale) Stimmung im Land? Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage in M-V?

Silke Gajek: Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die soziale Schere immer mehr öffnet. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es große regionale Unterschiede gibt und wohl auch Stimmungen. So können Frauen und Männer, Familien und Kinder in Städten wesentlich unkomplizierte Kultur, Bildung und Sport in Anspruch nehmen.

Darüber denken wir Städter jedoch oft gar nicht nach. Schauen wir in den ländlichen Bereich haben wir große Probleme: Kinder sind lange unterwegs, um in die Schule zu kommen; von Sport, Kino oder Musikunterricht sprechen wir hier nicht. Ältere Menschen, deren Kinder beispielsweise woanders Arbeit gefunden haben, leben isoliert und kommen kaum zum nächsten Laden.

Wir brauchen Rahmenbedingungen, in denen soziale Gerechtigkeit kein Schlagwort ist, sondern diese regionalen Unterschiede ausgleichen. Dafür werde ich im Wahlkampf einstehen! Zu nennen ist hier die Stärkung regionaler Kreisläufe und die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Gesundheits- und Pflegebereich, aber auch bei den Erneuerbaren Energien, selbstverständlich nicht im Niedriglohnsektor. Mit den Bündnisgrünen im Landtag kommen neue, innovative und nachhaltige Ideen zum Tragen.

Frage: Ihre Prognose für die Landtagswahl 2011?

Silke Gajek: Sieben Prozent!

Dann maximale Erfolge 2011!

Die Fragen stellte Marko Michels

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