Sportliches Schwerin mit sportlichem Tag

„Autofreier Sonntag“ animierte zu Sport, Spiel und Bewegung

Der Sport stand am 26. September im Mittelpunkt des Schweriner Geschehens. So gab es Volksläufe, Zeitfahrrennen mit dem Rad, Nord Walking, einen Fahrradkorso, Inline-Skating, Seifenkisten-Rennen, Speed-Skating, Staffel-Läufe, weitere Möglichkeiten der sportiven Aktivität und die Sportlerehrung Schwerins für die Jahre 2009/2010.

Zuvor, am 25.September, fand ein multikulturelles Sportfest im Rahmen der „Interkulturellen Woche“ 2010 auf dem Altstädtischen Markt statt.

Der Schweriner Sport ist sehr facettenreich.Schwerin kann dabei, wie zum Beispiel Rostock, Wismar oder Neubrandenburg, auf zahlreiche sportliche Erfolge zurückblicken und sich zu Recht „Sportstadt“ nennen. Gegenwärtig gibt es in Schwerin mehr als 100 Vereine mit knapp 18000 Mitgliedern. Eine Tatsache, die auch Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow herausstellte: „Die Zahl der zu ehrenden Sportlerinnen und Sportler zeigt einmal mehr, dass Schwerin dem Ruf als Sportstadt gerecht wird.“ So könne man mit Stolz, die zahlreichen Nachwuchssportler für ihre internationalen und nationalen Triumphe auszeichnen. Nicht nur nach Meinung von Schwerins sportiver OB sind diese „gemeinsam mit den bereits erfolgreichen Athleten, den Volleyballerinnen Anja Brandt und Berit Kauffeldt sowie und den Radsportlern Stefan Nimke und Tobias Wächter, unsere Hoffungsträger für die olympischen Sommerspiele in London 2012.“

Tobias Wächter als bester Nachwuchssportler geehrt
Der Radsportler Tobias Wächter, gerade doppelter U23-Europameister geworden, erhielt aus den Händen des Sportamtsleiters Ulrich Schmitt den Nachwuchsförderpreis der Landeshauptstadt, der mit 250 Euro dotiert ist. Hervorgehoben wurde während der Sportlerehrung auch, dass sich die sportliche Infrastruktur in der Landeshauptstadt mit Geldern des Konjunkturpaketes verbessert habe.

Rüdiger Mevius und Dirk Kaiser erhielten in diesem Jahr die Schweriner Ehrenurkunde für besondere Verdienste um die Förderung des Sports – sie ist die höchste Auszeichnung der Stadt auf dem Gebiet des Sportes.

Doch Schwerin ist nicht erst seit 2009 und 2010 eine erfolgreiche Sportstadt …

Zwischen Schützenzunft und „Trockenschwimmen“ – Schwerin „entdeckt“ den Sport
Im Jahr 1640 bildete sich in Schwerin eine Schützenzunft, ein Vorläufer eines modernen Sportwesens in der Landesmetropole, und im Zuge der modernen sportlichen Entwicklung im 19. Jahrhundert gründete sich 1859 der Schweriner „Männer-Turn-Verein“. Zuvor seit 1846 fanden in Schwerin auch regelmäßig „Dressur-Wettstreite“ statt.

Weitere Vereinsgründungen in den verschiedensten Sportarten folgten. So waren unter anderem auch 1859 die Denksportler mit dem Schweriner Schach-Club an der Reihe, 1871 entstand mit dem „Ruderclub Paragraph 11“ der erste Ruderverein, 1886 bildete sich der „Schweriner Radfahrverein“, 1892 hatten endlich die Schwerathleten mit dem Schweriner Athleten-Club „Germania“ ihren Verein, 1894 setzte der „Schweriner Segler-Verein von 1894“ die Segel, ab 1903 kickten die Fußballspieler im „Schweriner Fußball-Club von 1903“, fünf Jahre später konstituierte sich der „Schweriner Lawn-Tennis-Club von 1908“, 1920 wurde der „Schweriner Kleinsegel- und Kanu-Verein“ geschaffen und jeweils 1924 erhielten die Motorradsportler sowie die Angler ihre Vereine.

Vielleicht als Randbemerkung: Obwohl Schwerin auch dank der „sieben Seen“ und sonstigen Gewässer für den Schwimmsport geradezu prädestiniert ist, bekamen die Schwimmerinnen und Schwimmer der Landeshauptstadt erst 1913 ihren eigen Verein. Und auch heute scheint organisiertes Schwimmen in Schwerin ein Problem zu sein, wie die aktuelle und nie enden wollende Diskussion um den Bau einer neuen Schwimmhalle beweist. Aber eventuell sind manche Schwerinerinnen und Schweriner ohnehin eher „Trockenschwimmer“.

Seit den 1950ern – eine rasante sportliche Entwicklung in Schwerin
Mit der Gründung des SC Traktor Schwerin 1955 nahm hingegen die Entwicklung nicht nur des Hochleistungssportes eine weitere positive Entwicklung Die Auftritte der Schweriner Athletinnen und Athleten insbesondere auf der “olympischen Bühne” waren beständig von großartigen Erfolgen gekrönt.

Den Anfang machte der Speerwerfer Walter Krüger bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom. Für das Speerwerfen wurde der 1932 in Altenpleen geborene Krüger vom russischen Trainer Dimitri Markow entdeckt. Der bis 1954 als Handballspieler bzw. Kugelstoßer aktive Walter Krüger überzeugte mit seiner Speerwurf-Technik in einem Test-Wettkampf, worauf er seine sportliche “Leidenschaft” wechselte. Ab 1956 startete Walter Krüger dann für den SC Traktor Schwerin im Speerwerfen. Drei Jahre später stellte er seine persönliche Bestleistung mit 79,61 Metern auf. Und im folgenden Jahr, 1960 in Rom, gab es dann Silber hinter dem Russen Wiktor Zybulenko.

Goldene 1970er
Mit Silber ging es dann weiter, zunächst dank der auch in Schwerin aktiven Ruderer Reinhard Gust und Eckhard Martens im Vierer mit, die 1972 in München Platz zwei belegten. Für eine weitere Rudermedaille in der bayerischen Hauptstadt sorgte der 1941 in Schwerin geborene Manfred Schneider. Mit 19 Jahren begann Manfred Schneider bei Dynamo Schwerin zu rudern, und war in den Anfangsjahren vor allem ein guter Einer-Ruderer. In München gewann er mit dem DDR-Achter dann Bronze.

Das olympische Volleyball-Turnier in München stand ganz im Zeichen des Duelles zwischen Japan und Deutschland (Ost). Und zwei Schweriner, der 1950 in Kuhsdorf geborene und bis 1969 beim SC Traktor spielende Horst Hagen und der 1950 in Schwaan geborene und dann ebenfalls für den SC Traktor spielende Wolfgang Maibohm, standen in der DDR-Auswahl. Horst Hagen hatte bei seinem Auswahl-Debüt zwei Jahre zuvor einen glänzenden “Einstieg”: Er wurde 1970 in Sofia Weltmeister. Zwar langte es letztendlich in München nicht zu Gold, die Japaner waren zu stark, aber die Silbermedaile war der größte Erfolg eines deutschen Volleyball-Herren-Teams bei Olympia – und das bis zum heutigen Tag. In Montreal 1976 holte dann einer zum ganz großen, goldenen “Schlag” aus. Boxsportler Jochen Bachfeld erkämpfte im Weltergewicht in einem dramatischen Finale gegen den Südamerikaner Pedro Gamarro (Venezuela) einen knappen 3:2 Punktsieg und holte damit das erste Olympia-Gold für Schwerin. Bachfelds Verletzungspech im Olympiajahr 1976 ließ zunächst nichts Gutes erahnen, aber nachdem er seine letzte Chance -den Sieg beim allerletzten Qualifikationsturnier in Gera – noch nutzte, wurde er nachträglich für Montreal nominiert.

Eine goldene Entscheidung … Und nicht das einzige Schweriner Gold 1976!
Die 1961 in Schwerin geborene Andrea Pollack-Pinske wurde Olympiasiegerin über 200 Meter-Schmetterling und in der Lagenstaffel.
Dazu gab es für sie Silber über 100 Meter-Schmetterling und in der Freistilstaffel.

Einen olympischen Überraschungssieg`76 feierte außerdem Michael Wolfgramm. Der Schweriner wurde relativ kurzfristig für den Doppelvierer nominiert und gewann “auf Anhieb” die Goldmedaille in Montreal. Danach gehörte er übrigens nie wieder einer DDR-Ruder-Auswahl bei internationalen Meisterschaften an, aber Olympia-Gold ist ja ein guter Trost.
Im Diskuswerfen belegte die gebürtige Schwerinerin Gabriele Hinzmann-Trepschek Platz drei.

Eine Silbermedaille in Montreal erboxte Richard Nowakowski im Federgewicht für Schwerin. Vier Jahre später kämpfte Richard Nowakowski noch einmal um olympische Medaillen in Moskau und erneut gewann er eine Medaille: die bronzene im Leichtgewicht. Ein Höhepunkt seiner Karriere war zweifellos auch der Erfolg beim Cordova Cardin-Turnier auf Kuba, als er sich gegen die bärenstarken kubanischen Gegner durchsetzte. Zweimal wurde er zudem Europameister (1977/1981) und 1982 WM-Dritter.

Starke Athletinnen und Athleten auch in den 1980ern
Für eine sportliche Sensation sorgte hingegen Gerd Wessig in Moskau. Im Hochsprung gewann er nicht nur Gold, sondern “markierte” mit 2,36 Metern einen neuen Weltrekord – ein Novum in der Geschichte des olympischen Hochsprungs der Männer.

Einen tollen Erfolg gab es für die Schweriner Traditionssportart Volleyball in Moskau: Anke Westendorf, Martina Schmidt, Karla Roffeis und Andrea Heim. Die jüngste von ihnen, Andrea Heim (Jg. 1961), war seit 1978 eine der herausragendsten Spielerinnen beim SC Traktor, mit dem sie die ostdeutschen Meistertitel 1980-1984 gewann. Ihren Moskauer Erfolg bestätigte sie bei den WM 1981 mit Rang vier und vor allem bei den EM 1983 mit Rang 1.

Schwimmerin Andrea Pollack gewann 1980 zudem Gold in der Lagenstaffel und Silber über 100 Meter-Schmetterling für Schwerin.
Auch ein Schweriner “Kicker” durfte sich in Moskau über eine Medaille (Silber) freuen: Wolf-Rüdiger Netz, der bei Dynamo Schwerin als 8-jähriger “Steppke” begann, stürmte in der DDR-Olympia-Auswahl, die im Finale um Platz 1 der CSSR unterlag.

Der Olympia-Boykott der DDR, auf Druck der Sowjetunion zusammen mit vielen anderen Staaten des damaligen “Ostblocks”, 1984 in Los Angeles verhinderten weitere olympische Triumphe Schweriner Sportler anno 1984. Sie mußten sich mit Starts und Medaillen bei den sportlichen “Wettkämpfen der Freundschaft” in Moskau, Havanna, Budapest, Prag und “anderswo” begnügen.

“Goldige Momente” für Schwerin gab es ebenfalls bei Olympia 1988 in Seoul: Diskuswerfer Jürgen Schult wurde nach seinem Weltmeistertitel 1987 und seinem (bis heute bestehenden) Weltrekord von 74,08 aus dem Jahr 1986 auch Olympiasieger.
Box-Leichtgewichtler Andreas Zülow holte Gold. 1986 war er bereits WM-Dritter in Reno. Team-Kollege Andreas Tews versilberte im Fliegengewicht seine Boxhandschuhe. Ein Jahr zuvor wurde er bereits Europameister.

Die Ruderer Steffen Zühlke (geb. in Schwerin)/Steffen Bogs (geb. in Rostock) ruderten 1988 im bronzenen Doppelvierer und “untermauerten” damit Schwerins Ruf als Ruder-Hochburg!
Zehnkampf-Weltmeister Torsten Voss mußte in Seoul nur dem Rostocker Christian Schenk den “Vortritt” lassen und holte Silber. Auch der Schweriner Judosport durfte in Seoul jubeln: Torsten Brechot belegte Platz drei!

Nach 1990 – Olympische Erfolge im Boxen und Rudern
Nach der deutschen Vereinigung 1990 waren Schweriner ebenfalls sehr erfolgreich. Im ersten gemeinsamen deutschen Team nach 28 Jahren war es erneut der Boxsportler Andreas Tews der für Furore sorgte: Dieses Mal, 1992 in Barcelona, war er der ungeschlagene Champion im Federgewicht.
Sybille Schmidt mit „Schweriner Bindungen“, dreifache Weltmeisterin 1989-1991, krönte ihre rudersportliche Laufbahn in Barcelona mit dem Olympiasieg im Doppelvierer.

Jürgen Schult konnte seinen Olympiasieg von 1988 leider nicht wiederholen, aber Silber war natürlich auch allererste Klasse!
Für “Medaillen-Gefühle” sorgten 1992 aus Schweriner Sicht zusätzlich Anett Hohn (Vierer ohne/Bronze) bzw. Thoralf Peters (Vierer mit/Silber).

Auch in Peking 2008 top – Rad-Ass Stefan Nimke und die Brussig-Schwestern im paralympischen Judo
Stefan NimkeFür die bislang letzten olympischen Medaillen für Schwerins Sport sorgten zwei Judoka und ein Radsprinter. Nachdem Rad-Ass Stefan Nimke 2000 in Sydney die olympische Silbermedaille im 1000 Meter-Zeitfahren gewann, komplettierte er 2004 seinen “olympischen Medaillen-Satz” mit Bronze im Zeitfahren und vor allem mit Gold im Team-Sprint. In Peking 2008 holte er Bronze im Teamsprint

Ramona Brussig konnte hingegen im Judo bei den Paralympics 2004 in Athen triumphieren, erkämpfte dann in Peking 2008 Silber. Ihre Schwester Carmen wurde in der chinesischen Metropole Dritte.

Mal schauen, wie die Schweriner Ergebnisse in London 2012 sind?!

Marko Michels (Text/Fotos)

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