Tag des Gedenkens: Der 27. Januar

Aus dem Leben und Wirken Hans Lachmunds

Seit 17 Jahren ist der 27. Januar offizieller Gedenktag, der „Tag des Gedenkens an die Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft“ – einer Herrschaft, die einen globalen Krieg entfesselte, der weltweit 60 Millionen Opfer forderte. Sechs Millionen davon wurden ermordet nur weil sie jüdischen Glaubens waren …
Das nationalsozialistische Deutschland und seine aktiven und „passiven“ Verbündeten hinterließen gerade in Europa zwischen Atlantik-Küste und Moskau, zwischen Nordkap und Sizilien Zerstörungen und menschliches Leid unermesslichen Ausmaßes. Von den Einsätzen der „Legion Kondor“ im spanischen Bürgerkrieg 1936 bis hin zur totalen Kapitulation des dritten Reiches im Mai 1945 wurden Menschlichkeit, Aufrichtigkeit, Christlichkeit, Solidarität und die Völker verbindende Freundschaft auf dem „alten Kontinent“ – und nicht nur dort – extrem zerstört.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur entstand jedoch mit Hilfe der Roten Armee hierzulande – zwischen Ostseeküste und Sächsischer Schweiz – eine neue Diktatur: die stalinistische Herrschaftsform löste die nationalsozialistische ab. Im Juni 1953, vor 60 Jahren, begehrten die Menschen von Mecklenburg und Sachsen gegen die neuen Machthaber auf. Ein demokratisches Aufbegehren, das gewaltsam niedergeschlagen wurde.

Nationalsozialismus und Stalinismus – die totalitären Diktaturen zwischen 1933 und 1990 prägen noch immer die Entwicklung Deutschlands und Mecklenburg-Vorpommerns, auch Schwerins, nachhaltig. Es sind „dunkle Stunden“ der deutschen Geschichte, zumal nur eine Minderheit bereit war, sich gegen die beiden Diktaturen zu engagieren.

Der Schweriner Politiker Hans Lachmund – ein vorbildlicher Demokrat

Daher ist es gut zu wissen, dass es Menschen, wie den Schweriner Politiker Hans Lachmund gab, die offen gegen Nationalsozialismus und Stalinismus aufbegehrten!

Der Jurist Hans Lachmund, Jahrgang 1892 und gebürtiger Schweriner, war während der Weimarer Republik ein führendes Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Nach einem Jura-Studium an den Universitäten Marburg, Paris und Halle legte er 1914 die erste juristische Prüfung ab. Im selben Jahr meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst. Zwei Jahre später – 1916 – mußte Lachmund aufgrund einer schweren Verletzung aus dem Kriegsdienst ausscheiden.

Seine linksliberale Gesinnung führte ihn 1919 in die DDP. Dort war er unter anderem zwischen 1925 und 1929 Vorsitzender der Schweriner Parteigliederung und wurde in den Jahren 1925/31 in den mecklenburgischen DDP-Landesvorstand gewählt. Seine juristischen Erfahrungen konnte Hans Lachmund Ende der 1920er Jahre als Oberjustizrat im mecklenburgischen Landesjustizministerium unter Beweis stellen.

1931 trat Lachmund der SPD bei, die nach seiner Ansicht frühzeitig die Gefährlichkeit der nationalsozialistischen Bewegung erkannte. Seine Frau Margarethe war den Sozialdemokraten bereits 1927 beigetreten. Nach dem Machtantritt der Nazis 1933 wurde Hans Lachmund als Oberjustizrat „dienstenthoben“. Als Angestellter arbeitete er in der Folgezeit – 1933 bis 1945 – an den Gerichten in Warin, Anklam und Greifswald. Seit 1934 befand sich Lachmund auch im aktiven Widerstand gegen die Nationalsozialisten; er unterhielt enge Verbindungen zur „Robinson-Strassmann-Gruppe“.

Kampf gegen die NS-Herrschaft

Lachmund und seine Frau wurden von der Gestapo überwacht und mussten sich mehreren Verhören durch die Nationalsozialisten unterziehen. 1943-1945 wurde Hans Lachmund auch mehrmals inhaftiert. Auf Initiative von ihm, des Pastors Gottfried Holtz, des parteilosen Universitätsprofessors Ernst Lohmeyer, des demokratisch gesinnten Kommunisten Hugo Pfeiffer, der im Herbst 1945 zur SPD wechselte, hatten sich zahlreiche Sozialdemokraten, Kommunisten, Deutschnationale, aber auch NSDAP-Mitglieder, die ihrer Partei den Rücken kehrten, im März/April 1945 in dem Willen zusammengefunden, den Kampf gegen die zusammenbrechende NS-Diktatur auch in Greifswald zu Ende zu führen, um noch größeren Schaden für die Stadt Greifswald abzuwenden.

Hans Lachmund arbeitete in den ersten Nachkriegswochen – im Mai/Juni 1945 – als ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Greifswald. Doch die Übergriffe der Roten Armee auf die Greifswalder Bevölkerung und die kommunistischen Machtansprüche in der Stadtverwaltung Greifswalds konnte und wollte Hans Lachmund – schon allein aufgrund seiner demokratischen Gesinnung – nicht hinnehmen.

Aufbegehren gegen die stalinistische Diktatur

Er kritisierte öffentlich die russische Besatzungspolitik und trat gegen das diktatorische Verhalten einiger Greifswalder Kommunisten offen auf. Da sich Hans Lachmund dem kommunistischen Druck und den Repressalien der örtlichen sowjetischen Militäradministration nicht beugen wollte, wurde er bereits Mitte Juni 1945 von Vertretern des NKWD verhaftet.

Damit begann ein mehrjähriger Leidensweg. Zunächst – im Juni 1945 – wurde er im Lager Alt-Strelitz inhaftiert; es folgten zwischen Ende 1945 und 1948 im GPU-KZ Fünfeichen bzw. zwischen 1948 und 1950 im GPU-KZ Buchenwald weitere Inhaftierungen. Fast fünf Jahre blieb er ohne Prozess und ohne offizielle Begründung in Haft – die neuen Machthaber sahen in ihm eine Bedrohung.

1950 wurde Lachmund wegen „Sozialdemokratismus“ und als „Gegner der Sowjetunion“, so die offizielle Version, in einem der berüchtigten Waldheim-Prozesse zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1954 wurde er auf dem Gnadenwege – zahlreiche westdeutsche Politiker hatten gegen die Inhaftierung Lachmunds interveniert – aus dem Zuchthaus Waldheim entlassen. Er flüchtete nach Berlin (West).

Seine Frau Margarethe, die in den ersten Monaten nach Kriegsende noch in der Greifswalder Volkssolidarität bzw. im Greifswalder Frauenbund aktiv war, mußte bis 1948 zahlreiche Verhöre durch die Vertreter des NKWD erdulden, erlitt zahlreiche Schikanen durch die örtliche SMA und wurde sogar kurzzeitig inhaftiert. Margarethe Lachmund flüchtete daher bereits 1948  nach Berlin (West).

Während Hans Lachmund 1954 in Berlin (West) seine Wiederzulassung als Richter erhielt und sich zudem bei den Sozialdemokraten und Freimaurern gleichermaßen engagierte, arbeitete seine Frau Margarethe als Geschäftsführerin bei den Quäkern. Hans Lachmund starb 1972; seine Frau folgte ihm im Jahre 1985.

Demokratische Entwicklung

Vier Jahre nach dem Tod seiner Frau wurden dann in der DDR Mauer und Stacheldraht friedlich überwunden, 1990 gab es nach 60 Jahren endlich  wieder demokratische Wahlen auch in Mecklenburg-Vorpommern und Hoffnungen auf eine gerechtere, sozialere und wirklich demokratische Gesellschaft.

Aber hat man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt? Ist die Mehrheit der Menschen hierzulande wirklich „resistent“ gegenüber den Versprechungen von rechten und linken Extremisten und Populisten? Und: Wie effizient, demokratisch und gerecht ist ddas heutige Deutschland wirklich? Willy Brandt meinte einst: „Wo immer schweres Leid über die Menschen gebracht wird, geht es uns alle an. Vergessen wir nie: Wer Unrecht lange gewähren läßt, bahnt dem nächsten den Weg!“

Berührend und bewegend, dass im Mecklenburgischen Staatstheater am 27.Januar mit einem Konzert an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur gedacht und dabei Werke von Erwin Schulhoff, Jacek Ansgar Rabinski, Felix Mendelssohn Bartholdy und Ernst Krenek aufgeführt wurden.
Kultur ist beste Bildung und feit vor den Versprechungen von linken und rechten Populisten. Da sollte man weder sparen noch kürzen, sondern weiter intensiv fördern.

Marko Michels

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