Tragik und Jubel bei Olympia „früher“ und „heute“

Aktueller Jubel bei Reitern und Fechtern, Tragisches beim Rudern und Frauen-Handball

Zwiespältige Gefühle gibt es zur Zeit im Lager der Ruderinnen und Ruderer, speziell auch aus Rostock. Während das Duo Tom Lehmann/Felix Drahotta sowie die „leichte Doppelzweierin“ Marie Dräger in Peking bislang überzeugten und super Leistungen zeigten, kam für Mathias Flach und Nicole Zimmermann jeweils das ganz bittere Aus im Achter.
Sowohl Mathias als auch Nicole hatten in den letzten vier Jahren, insbesondere auch in anderen „Bootsklassen“, bei WM und Weltcups fast ständig Podest- sowie Finalplätze belegt, so dass im vorzeitigen olympischen Ausscheiden auch ungemein viel Tragik und Ungerechtigkeit, sofern es diese im Sport überhaupt gibt, liegt.

Mit dieser Tragik sind sie im deutschen Olympia-Team 2008 zur Zeit allerdings nicht allein – trotz der Erfolge bei Reitern und Fechtern:
Auch Schwimmer, Schützen, Turnerinnen, Volleyballer, Tennisspieler, Wasserballer oder Straßenradsportler blieben davon nicht verschont. Insbesondere auch die zuletzt so erfolgreichen Handballspieler und -spielerinnen:

… Im „Wechselbad der olympischen Gefühle“ befinden beide deutsche Handball-Teams zur Zeit in Peking.
Die Herren gewannen nach großem Kampf ihr Auftaktspiel gegen Korea, unterlagen dann jedoch den starken Isländern.
Für die Damen beginnt allerdings bereits das „große Zittern“, denn ein vorzeitiges Ausscheiden des WM-Dritten von 2007 scheint nicht mehr ausgeschlossen zu sein.
Nach einer engen Partie gegen Brasilien (24:22) zum Turnier-Beginn setzte es zwei Niederlagen – eine deutliche gegen Korea mit 20:30 und eine äußerst unglückliche mit 24:25 gegen Ungarn nach einer 14:12-Halbzeit-Führung …
Nun müssen Siege gegen die Favoritinnen aus Russland und die Schwedinnen her – keine leichten Unterfangen. Aber vielleicht packen die DHB-Damen ja noch den „Wurf“ in die nächste Runde ?!

WM-Atmosphäre 2007 in Packender Handball, speziell auch bei den Frauen, in Peking. Doch wie lange spielen die Frauen bereits ihre Welt-Turniere – auf WM- wie olympischem Parkett ?

Weltmeisterschaften im Damen-Handball gibt es mittlerweile seit 1957. Bei Olympia durften die Handball-Frauen hingegen erst seit 1976 „ran“. In Jugoslawien wurde das erste WM-Turnier ausgetragen und der erste Frauen-Handball-Weltmeister war die Tschechoslowakei, die im Finale 1957 Ungarn bezwang.
Das erste deutsche WM-Edelmetall folgte 1965 bei den WM in Deutschland. Hinter Ungarn und Jugoslawien erkämpfte „frau“ Bronze. Die bisherigen WM-Titel gingen an die Sowjetunion/Russland (6 – 1982, 1986, 1990, 2001, 2005, 2007), Deutschland (DDR plus Bundesrepublik, alle Titel für die DDR / 4 – 1971, 1975, 1978, 1993, dazu 3 x Bronze), Ungarn (1965), Jugoslawien (1973), Korea (1995), Dänemark  (1997), Norwegen (1999), die Tschechoslowakei (1957), Rumänien (1962) und Frankreich (2003). In die Medaillen-Phalanx dieser „großen 10“ konnte bislang nur Österreich 1999 (Bronze) „eindringen“.

Beim letzten WM-Titel für Deutschland 1993 sorgten auch zwei Mecklenburgerinnen für viel Furore: Heike Dombrowski, verheiratete Axmann, aus Wismar und die gebürtige Rostockerin Andrea Stein, verheiratete Bölk, deren Talent maßgeblich in Wismar entdeckt und gefördert wurde.
Heike Axmann – und darin unterscheidet sie sich auch nicht von Andrea Bölk – war bereits in ganz jungen Jahren eine engagierte Handballspielerin: „Ich hatte mich schon als Kind sehr für den Handballsport begeistert. In der dritten Klasse wurde ich dann in der Schule gesichtet und bin dann ab der 4. Klasse ins Trainingszentrum in Wismar eingetreten.“, verrät die Hanseatin. Der Höhepunkt ihrer Karriere war dabei der WM-Titel 1993. Später, als Trainerin in Buxtehude, lernte die Wismaranerin auch die Tätigkeit „neben der Spielfläche“ kennen. „Ich hatte auf jeden Fall das Glück beide Seiten kennen zu lernen, denn man versteht die damals betreuenden Trainer heute viel besser, da man jetzt die (spielerischen) `Dinge` von der Seite des Trainers sieht und erlebt.“, meinte hierzu Heike Axmann.
Doch olympische Atmosphäre erlebte Heike Axmann – im Gegensatz zu Andrea Bölk – nicht.

Zwar konnten beide das WM-Gold 1993 bejubeln, aber sowohl Olympia 1992 in Barcelona als auch Olympia 1996 in Atlanta mußte Andrea Bölk, damals schon Spielerin beim Buxtehuder SV, ohne Heike Axmann erleben. Und, gerade 1992, hätte es fast zur Medaille gereicht.  Hinter Korea, Norwegen und der damaligen „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“, dem temporären Nachfolger der seit 1991 nicht mehr existierenden Sowjetunion, gab es den undankbaren, aber dennoch ausgezeichneten vierten Platz. Im kleinen Finale gab es eine 20:24-Niederlage gegen die GUS. Für Andrea Bölk war Olympia „ein einmaliges Erlebnis“.  Besonderen Eindruck machte dabei auf sie das olympische Dorf, denn gerade dort habe sich „alles abgespielt“. Man traf sich mit den Sportlern aus aller Welt, unterhielt sich – „ein tolles Gefühl“.
Die Rückraumspielerin Andrea Bölk hatte z.B. mit Trainer Erwin Meyer, der das herausragende Talent der jungen Andrea Stein stets hervor hob.
In Atlanta belegte Andrea Bölk mit „Team Germany“ einen respektablen 6.Rang.
Weitere erstklassige Erfolge der Mecklenburger Handball-Spielerin Andrea Bölk waren neben Olympia 1992/96, der goldenen WM 1993 auch die Vize-Europameisterschaft 1994, WM-Bronze 1987 mit der DDR oder auch der City-Cup-Gewinn mit Buxtehude im Jahr 1994.
Seit nun 32 Jahren ist Frauen-Handball übrigens olympisch. Die Premieren-Siegerinnen in Montreal kamen aus der Sowjetunion. Im silbernen DDR-Team waren mit Gabriele Badorek,  Hannelore Burosch, Eva Paskay und Christina Voß ebenfalls vier Spielerinnen aus Rostock.  Bei den Spielen 1980 in Moskau wiederholte die UdSSR ihren Triumph. Die DDR belegte mit der Rostockerin Sabine Röther Platz drei.

Jubel und Tragik in Gegenwart und Vergangenheit auch für die deutschen Vielseitigkeitsreiter

Die Tragik des Christian Zehe 1992 …

Während die deutschen Vielseitigkeitsreiter um Hinrich Romeike über die beiden olympischen Goldmedaillen 2008 noch jubeln, gab es in der Vergangenheit – gerade nach 1990 – auch tragische Momente für die vielseitigen Reitsportler aus Deutschland …
Tragisch verlief das Jahr 1992 für einen Mecklenburger Reiter. Der für die Olympischen Spiele 1992 nominierte Christian Zehe aus Groß Lüsewitz bei Rostock, damals ein 24 Jahre alter Maschinenbau-Student, verlor sein großartiges Pferd „Gallus“ im Juli 1992. Der 11jährige Wallach „Gallus“ brach damals beim Galopp-Training in Bonn-Rodderberg tot zusammen – bedingt durch einen Riß der Hauptschlagader nach einem Sturz. Damit schied vor Barcelona 1992 der einzige ostdeutsche Reiter im gesamtdeutschen Team aus. Zehe  hatte bereits im vorolympischen Jahr 1991 für Furore gesorgt, u.a. wurde er guter EM-Siebenter in Punchestown (Irland). Selbst der damalige Bundestrainer meinte zum tragischen Vorfall 1992: „Für uns ist das natürlich ein großer Verlust, denn dieses Pferd war im Gelände kaum zu schlagen.“ – Von der renommierten „Reiter Revue  International“ wurde „Gallus“ sogar zum „Pferd des Jahres 1991“ gewählt. Bedauerlich, dass Christian Zehe auf „Gallus“ die olympische Ehrung nicht zuteil wurde …

Dressur-WM-Gold 2006 für DeutschlandWM-Silber 2006 für HollandGanz schlimm waren auch die Vorgänge bei der olympischen Entscheidung in der reitsportlichen Vielseitigkeit 2004 in Athen. Obwohl schon vor vier Jahren die deutschen  Vielseitigkeitsreiter die Besten waren, verloren sie – höchst umstritten – ihre Goldmedaillen am „grünen Tisch“. Bettina Hoy, die überragende Reiterin, war der Konkurrenz während des gesamten Wettbewerbes deutlich überlegen. Unabsichtlich, während einer kurzen Einreitrunde, überquerte sie die Startlinie. Da die Zeitmessung während des Parcours-Ritts von Bettina Hoy ebenfalls – fehlerhaft – erst nach dem zweiten Überreiten einsetzte, nutzte das die Konkurrenz zu einem Protest, der leider erfolgreich war. So verlor Deutschland Gold im Team und im Einzel. Bettina Hoy wurde zur ungekrönten Siegerin …
Nun muß das doppelte Vielseitigkeits-Gold von 2008 für die tragischen Momente 1992 und 2004 entschädigen … Und reitsportliche Goldhoffnungen 2008 hegen ja, gerade nach dem WM-Mannschaftstitel 2006, auch die deutschen Dressur-Reiter !

M.Michels

F.: M.M. (3)

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