Von Mecklenburg in die globale journalistische Welt

Die gebürtige Schwerinerin und Journalistin Annett Möller im Blickpunkt


Anett Möller - Foto: Stephan Pick Das Jahr 2014 ist das Jahr vieler historischer Jubiläen. So z.B. 100 Jahre Erster Weltkrieg, 70 Jahre D-Day, 70 Jahre Operation Walküre, und natürlich 25 Jahre Mauerfall. Aber auch in 2014 selbst gab es zahlreiche zukunftsweisende Ereignisse. Dicht an den Geschehnissen dran ist stets die „vierte Gewalt“, also unzählige Journalisten, Reporter und Redakteure aus Film, Hörfunk, Fernsehen oder Printmedium.

Eine, die sich mit Grips, Charakter und Können in der gesamtdeutschen Medien-Welt durchsetzt, ist die gebürtige Schwerinerin und frühere Wismarer Studentin Annett Möller. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist sie nun schon „Kopf“ und „Gesicht“ bei RTL und auch beim Nachrichtensender n-tv ist sie aktiv, unter anderem mit dem Magazin „n-tv Wissen“. Und so ganz „nebenbei“ gestaltete die Mecklenburgerin eine beeindruckende Modelinie: „AM/CO by Annett Möller“ (amco-fashion.com)…

Wie nun Annett Möller die „Zeitenläufe“ beurteilt, das verriet sie Marko Michels im Interview.

„Mir geht vieles sehr nah…“

Marko Michels: Chapeau, Frau Möller, seit mehr als zehn Jahren sind Sie engagierte „RTLerin“. Wie gelang der „Durchstart“ von der mecklenburgischen Provinz in die weite Medienwelt?

Annett Möller: Für mich war bereits in der Schule klar, dass ich journalistisch arbeiten und vor die Kamera möchte. Nach dem Abitur habe ich die erste Chance genutzt, nach Hamburg zu gehen, um dort meine Fühler in die Medien-Welt auszustrecken. Über diverse Praktika, unter anderem beim Radio und beim Regional-TV, und durch mehrfache Bewerbungen gelang mir der Einstieg ins Regional-Programm bei RTL Nord. Es hat allerdings drei Jahre gedauert, bis ich meinen „Traumjob“ als Moderatorin bei „Guten Abend“ bekam!

MM: Wenn Sie an Ihre Mecklenburger Zeit denken: Welches „Rüstzeug – Made in MeckPomm“ half Ihnen, bei Ihrer späteren Arbeit als Journalistin?

AM: Dadurch, dass ich in meiner Kindheit durch die damalige Russisch-Förderung, ab der dritten Klasse für sprachbegabte Kinder, schon früh die Schule wechseln musste – später kamen weitere Schulwechsel bedingt durch die Wende und die damit verbundene Umstrukturierung des Schulsystems hinzu – lernte ich frühzeitig, mich schnell in neue Situationen einzufinden. Ich glaube ohnehin, dass „wir von der Küste“ auch etwas zäher sind. Wir Norddeutschen müssen ja nicht zuletzt gegen das raue Wetter ankämpfen…

Ich habe meine Herkunft übrigens nie als etwas Negatives empfunden, als ich in die alten Bundesländer gezogen bin. Im Gegenteil: Ich glaube, dass ich dadurch auch mehr den Drang hatte, mich durchzusetzen und meine Träume zu verwirklichen. Ich erlebte ja selbst, dass dieses den älteren Generationen in meiner Familie nicht vergönnt war.

MM: Sie waren 11 Jahre als die deutsch-deutsche Grenze friedlich überwunden wurde. Haben Sie noch lebhafte Erinnerungen an diese Zeit?

AM: Ja, ich bekomme heute noch eine Gänsehaut, wenn ich an die damaligen Tage denke, in denen es hieß, dass wir endlich in den Westen fahren können. Da war eine unglaubliche positive Aufbruchsstimmung.

Zusammen mit meinem Bruder und meiner Mutter haben wir das dann auch getan: Ich erinnere mich an unfassbar lange Staus auf der Landstraße: Acht Stunden im Schritttempo um über die Grenze zu kommen. Wir fuhren zuerst nach Mölln. Dort war alles so hübsch und sauber, dass ich es gar nicht fassen konnte. Ein Besuch im Supermarkt war für mich wie Weihnachten: So viele bunte Verpackungen hatte ich noch nie gesehen. Und alles schmeckte so wunderbar. Nach einer Stunde war ich todmüde. Es war einfach überwältigend.

MM: Blicken Sie auf die letzten 25 Jahre: Was lief aus Ihrer Sicht – in Deutschland – seit 1989/90 gut bzw. weniger gut?

AM: Deutschland gehört zusammen. Von daher war es überfällig, dass die Wiedervereinigung kam. Allerdings hat sie für viele Menschen älterer Generationen auch sehr viele Nachteile mit sich gebracht. Ausbildungen und Abschlüsse waren auf einmal nichts mehr wert und man musste sich irgendwie umorientieren.

Für viele Menschen im Osten hat diese Entwicklung – neben der neugewonnenen Freiheit – sehr viel Unsicherheit und Benachteiligungen mit sich gebracht. Das höre ich heute noch, wenn ich zur Verwandtschaft und Freunden in meine Heimat fahre. Ich glaube, dass wir gemeinsam sehr viel erreicht haben und Deutschland damit ja auch in Europa zu einem Anker mit einer enormen Wirtschaftskraft aufgebaut haben. Den Menschen in unserem Land geht es eigentlich so gut wie nie, doch dass wir es noch immer nicht schafften, viele Benachteiligungen abzubauen, zum Beispiel was die kalte Progression, unsere Zweiklassen-Medizin oder das Bildungssystem anbelangt, das kann ich nicht verstehen.

Nehmen wir nur einmal die demographische Entwicklung: Wir Deutschen werden immer weniger und die Politik greift noch immer nicht richtig durch, um das zu ändern. Was nützt den Eltern das Elterngeld am Ende, wenn man beispielsweise als Frau große Probleme hat, im Job später wieder Fuß zu fassen und auch bei der Rente als Mutter später benachteiligt ist. Oder wenn Eltern immer noch Schwierigkeiten haben, eine Kinderbetreuung zu bekommen (Auch nach der Schule!) und sie sich die Beiträge dazu kaum leisten können. …Wie kann man Beruf und Privatleben vernünftig verbinden?! Dazu gibt es immer noch viel zu wenig Antworten und viel zu wenig Unterstützung. Viele Paare schrecken all diese Schwierigkeiten und Nachteile ab.

Damals im Osten waren mein Bruder und ich den ganzen Tag in der Betreuung, ob im Kindergarten oder in der Schule. Und ich lasse an dieser Stelle die politischen Hintergründe, warum das damals in der DDR so war, einmal beiseite. Nur durch diese Betreuungsmöglichkeiten konnte meine Mutter uns allein durchbringen! Mit den Möglichkeiten heute hätte sie das so nie geschafft.

MM: Von Deutschland in die weite Welt… Die „Welt“ geriet gerade in diesem Jahr mächtig aus den Fugen. Auch 25 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges ist die Menschheit nicht friedvoller geworden, toben zurzeit mehr als 40 Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen… Sie wirken bei der Vorstellung der täglichen Nachrichten stets sehr cool: Gab es aber Ereignisse – in positiver wie negativer Hinsicht – die Sie 2014 emotional sehr berührten?

AM: In diesem Jahr waren und sind die Nachrichten manchmal wirklich schwer zu ertragen und sehr beängstigend. Als die Maschine der „Malaysia Airlines“ über der Ukraine abgeschossen wurde, habe ich ununterbrochen gearbeitet. Wir hatten ständig Schreckensmeldungen und furchtbare Bilder zu dem Thema im Programm, dazu die Ukraine-Krise und die Entwicklungen in Israel/Gaza. Das geht mir durchaus nah, obwohl wir stets mit gebotener Distanz berichten.

Ich denke viel darüber nach und bespreche die Themen auch Zuhause und mit Freunden, um sie zu verarbeiten. Diese Machtlosigkeit, die man als Einzelner empfindet, macht mich allerdings manchmal wütend und ich würde mir wünschen, dass viel mehr Menschen gegen Krieg, Unterdrückung und Ungerechtigkeit auf die Straßen gehen und sich zur Wehr setzen.

Wenn ich die aktuellen Themen mit Freunden und Bekannten diskutiere, stelle ich aber leider auch fest, dass sich eine gewisse Resignation breit macht und die Leute lieber keine Nachrichten mehr gucken, als sich das Elend jeden Tag anzuschauen.

MM: Vielen Dank für das Gespräch, weiterhin alles Gute und herzliche Grüße aus der „alten Heimat“ dazu!

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