Vor 50 Jahren erstmals olympisch…

Eine Schweriner Judoka über ihren Sport

Viel Spannung, Abwechslung und Überraschungen wurden in diesem Jahr auf der Tatami geboten und sowohl bei den EM im April als auch den WM im August gehörten deutsche Judoka zu den Medaillen-Gewinnern. In Montpellier erkämpften die Athletinnen und Athleten des Deutschen Judo-Bundes dreimal Silber bzw. fünfmal Bronze und bei den Weltmeisterschaften in Tscheljabinsk gab es immerhin dreimal Bronze.

Eine, die schon seit einigen Jahren nationale und internationale Erfolge im Judo erreicht, ist die gebürtige Schwerinerin Susi Zimmermann (Jahrgang 1989). Aktuell ist sie für den Judo-Club 1990 Frankfurt/Oder aktiv. Marko Michels fragte bei der Bundesliga-Akteurin nach …

„Es geht um ideelle Werte…“

Marko Michels: Susi, wie lautet Dein Rückblick auf die vergangenen zehn Monate? Was waren für Dich die Highlights und die weniger angenehmen Momente?

Susi Zimmermann: Ein Schreckensmoment war die Knieverletzung im Februar, die ich mir beim Training zuzog: Diagnose Kreuzbandriss – das hatte mir auf meiner Liste der Pleiten, Pech und Pannen noch gefehlt. Nach vier Operationen am Ellenbogen, zwei am Knie und zahlreichen anderen Verletzungen, die mich immer wieder zurück warfen, scheint sich mein Körper gegen den Leistungssport zu wehren. Ich denke schon, dass der Körper Signale sendet, wann es nicht mehr geht. Leider scheint das bei mir schon mit 25 Jahren der Fall zu sein. Zum Glück konnte und kann ich mich in dieser Zeit auf meine Familie, Freunde und meinem Partner verlassen, die mich nach Rückschlägen immer wieder auffingen bzw. auffangen.

MM: Auch bei der Nationalmannschaft lief 2014 nicht alles nach Wunsch… Zwar erkämpften die deutschen Judoka bei Europa- und Weltmeisterschaft insgesamt elf Medaillen – aber kein Gold… Wie schätzt Du das internationale Kräfteverhältnis zwei Jahre vor Olympia ein?

SZ: In der deutschen Nationalmannschaft gibt es viele Kämpferinnen und Kämpfer, die ganz oben in der Weltrangliste agieren, unter anderem sind zehn Athletinnen und Athleten in den „Top Ten“. In anderen Sportarten werden Athleten für geringe Erfolge umjubelt. Laura Vagas Koch ist aktuell Weltranglisten-Zweite. Fast in allen Gewichtsklassen haben wir eine gute Ausgangsposition. Nun gilt es, diese zu nutzen und sich für „die Schinderei“ mit Medaillen zu belohnen.

MM: Auch Deine Vereinskameradin Romy Tarangul (Jahrgang ’87) hatte dieses Jahr wichtige Einsätze… Wie beurteilst Du ihre Ergebnisse? Was zeichnet Romy aus?

SZ: Romy ist eine außergewöhnliche Sportlerin, die sich durch Trainingsfleiß und Ehrgeiz auszeichnet. Mit Ihrem Spezialwurf Uchi-mata (Innenschenkelwurf) besitzt Sie eine „Waffe“, gegen die sich auch Spitzen-Athletinnen, wie Bundmaa Munkhbaatar (Mongolische Republik), nicht verteidigen können. Ich wünsche ihr, dass sie an ihre alten Erfolge anknüpfen kann, auch wenn sie mit Mareen Kräh (früher auch am Olympiastützpunkt Frankfurt/Oder) eine starke Kontrahentin in den eigenen Reihen hat.

MM: Welche sportlichen Ziele hast Du selbst mit Blick auf 2015?

SZ: Für 2015 wünsche ich mir eine verletzungsfreies Jahr. Ich lasse alles auf mich zu kommen. Ich erhoffe mir besonders für die Kinder meiner Trainingsgruppe viele Erfolge.

MM: Wie verlief für Dich das Leben neben der Judo-Matte 2014?

SZ: Seit März 2014 studiere ich an der Hochschule für Gesundheit und Sport in Berlin und mache eine Ausbildung zur Erzieherin. Ich trainiere die jungen Sportlerinnen und Sportler des Judo-Clubs`90 Frankfurt (Oder) und möchte ihnen auf ihrem Weg zu erfolgreichen Judoka behilflich sein.

MM: Vor 50 Jahren wurde Judo olympisch. Was ist für Dich das Faszinierende am Judosport?

SZ: Judo ist ein sehr traditionelle Sportart. Es geht um Werte und Normen, wie zum Beispiel Mut, Hilfsbereitschaft und Respekt, die ich auch unsere kleinsten Athletinnen und Athleten vermitteln möchte. Die Anforderungen im Judo sind sehr umfangreich. Man benötigt unter anderem Technik, Kraft, Ausdauer und mentale Stärke, um erfolgreich zu sein. Besonders der Kampf „1“ gegen „1“ empfinde ich als spannend, da man sich nicht hinter einem Team verstecken kann. Ich kann mir ein Leben ohne diesen Sport nicht mehr vorstellen und hoffe, dass ich möglichst viele Menschen mit meiner Leidenschaft anstecken kann.

MM: Vielen Dank und weiterhin alles Gute – sportlich, beruflich und persönlich!

Ein Blick in die Historie: Judo vor 50 Jahren

Bereits bei den ersten olympischen Judo-Wettkämpfen vor 50 Jahren, bei den Spielen 1964 in Tokyo erreichten deutsche Teilnehmer Podestplätze. Wolfgang Hofmann erkämpfte sich Silber (Gewichtsklasse bis 80 Kilogramm) und Klaus Glahn Bronze (Klasse ohne Gewichtslimit). Erfolgreichste Nationen waren seinerzeit Japan und die Sowjetunion mit jeweils vier Medaillen in den angebotenen vier Entscheidungen. Die Japaner holten dabei dreimal Gold, einmal Silber und das Team der UdSSR schaffte viermal Bronze. Die ersten Judo-Olympiasieger waren Takehide Nakatani (Gewichtsklasse bis 68 Kilogramm), Isao Okano (Japan/Gewichtsklasse bis 80 Kilogramm), Isao Inokuma (Japan/Gewichtsklasse über 80 Kilogramm) und Anton Geesink (Niederland/Klasse ohne Gewichtslimit).

Schwerin eine Judo-Stadt mit Tradition. Links der im Februar verstorbene Erfolgstrainer Matthias Hermann und in der Mitte Ramona Brussig, zweifache Paralympic-Siegerin. (Foto: Michels)

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