Vor der Premiere …

Die Schlossfestspiele 2012 im Blick

Es geht schon wieder los. Sommerzeit ist eben Spielzeit. Die Spiele mit dem „runden Leder“ begeistern wieder Millionen in den Stadien und Milliarden vor den TV-Geräten. König Fußball regiert Europa, wobei Polen und die Ukraine seit 8. Juni die Gastgeber-Länder sind. Was 1960 seine Premiere feierte und seinerzeit mit dem Sieg der inzwischen verblichenen Sowjetunion endete, wird 2012 zum vierzehnten Mal zelebriert – die Fußball-EM.

Und dann warten schon die nächsten Spiele, die Olympischen bzw. Paralympischen, in London – mittlerweile auch die 30. der Neuzeit. Die Premiere fand dabei 1896 in Athen statt – und das US-Team gewann damals im Medaillenspiegel.
Fußball-EM-Spiele im Juni, Olympische und Paralympische Spiele zwischen Juli und September, aber irgendetwas fehlt doch … Genau. Die Schlossfestspiele in Schwerin, die 1993, also vor fast 20 Jahren mit Marlowes „Dr.Faustus“ ihren Auftakt feierten.

Doch jetzt geht es mit Zirkus und Clownerie weiter. „Der Bajazzo“ – Ruggero Leoncavallos berühmte Oper dürfte Schwerin und die Schweriner begeistern. Eine Komödie, die zum Drama, zur Tragödie avanciert. Es geht um den uralten Konflikt, um enttäuschte Liebe, um Eifersucht und gebrochene Herzen. Es zeigt wieder einmal, Mann und Frau sind eben zwei „Dinge“, die nicht immer zusammen gehören, ja nicht einmal zusammen wachsen, geschweige zusammen erwachsen werden.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Clown Canio, ein lustiger Geselle, liebt die anmutige, quirlige Nedda, die sich nicht binden möchte. Er liebt sie voller Leidenschaft, mit Feuer im Herzen, kann aber ihr Liebesfeuer wiederum ihm gegenüber nicht entfachen. Sie orientiert sich um und er ist wahnsinnig enttäuscht. Vorher, nachher und mittendrin wird es jedoch kurzweilig und spannend und sehr emotional. Großes Kino. Große Emotionen. Großes Theater und eine große Oper.

Die „Nedda“ singt in Schwerin die weltberühmte Eva Lind, die 1979 ihre Gesangsausbildung in Innsbruck begann.

Die Sängerin über ihr Engagement bei den Schloßfestspielen 2012, über die Rolle der „Nedda“, über die Bedeutung der Kultur an sich und über die Fußball-EURO 2012

„Schwerin ist eine wunderschöne Stadt – mit Geschichte …“

Frage: Frau Lind, Sie noch vorzustellen, wäre grotesk, Jede/jeder kennt sie, bewundert sie, möchte sie einmal live erleben. Wie kam es eigentlich zu Ihrem Engagement im altehrwürdigen, aber doch provinziellen Schwerin? Kannten Sie die Landeshauptstadt M-V vorher schon ein wenig?

Eva Lind: Also die Schlossfestspiele waren für mich schon mehr als ein Begriff, sie sind ja weit über die Grenzen Schwerins hinaus bekannt. Und was Schwerin betrifft, so sehe ich es gar nicht als eine provinzielle Stadt! Das Schloss ist ein Juwel, die Stadt selbst auch wunderschön, sehr gepflegt – und die Umgebung ist zudem ein Traum, ja eine große Parklandschaft. Für mich ist das Engagement bei den Schlossfestspielen 2012 eher ein Arbeitsurlaub, als bloße Arbeit!

… Zu meinem Engagement kam es übrigens folgendermaßen: Meine Agentur und Produktion hatten Kontakt zum Schweriner Staatstheater und damit zu den Schlossfestspielen. Es gab Gespräche und ich fand die Idee zum „Schweriner Bajazzo“ ganz einfach genial. So traf ich mich mit dem Regisseur Peter Lotschek, der mich über die Schweriner Inszenierung informierte und für mich stand schnell fest, dass ich die Rolle der „Nedda“ annehme.

Frage: Im „Bajazzo“ wird man sie, wie angesprochen, in der Rolle der „Nedda“ erleben. Wie viel Eva Lind steckt in der „Nedda“ bzw. „umgekehrt“? Es geht ja letztendlich doch nur um das „ewige Thema“, um Liebe, Leidenschaft und menschliche Enttäuschungen, die selbst einem Clown das Lachen entschwinden lassen …

Eva Lind: Mir ist natürlich auch nichts Menschliches fremd! Insofern steckt ein wenig „Nedda“ auch in mir. Emotionen, positive wie negative, gehören zur menschlichen Entwicklung ganz einfach dazu. Natürlich erlebt das nicht jede/jeder bis zur letzten Konsequenz, wie bei „Nedda“. Ich wäre in ihrer Situation wohl davon gelaufen, aber ihr „Background“ ist auch ein ganz anderer, sie hatte letztendlich keine anderen Möglichkeiten, gar Alternativen.

Eigentlich gehört die „Nedda“ gar nicht zu meiner „to-do-Liste“, ich habe diese Rolle allerdings lieben gelernt. Gerade der erste Akt ist sehr emotional, sehr kompakt und sehr intensiv – ein echtes Wechselbad der Gefühle. Ich habe mich einige Monate mit der Rolle der „Nedda“ auseinandergesetzt. Seit der Probenzeit – Mitte Mai 2012 – bin ich sowohl psychologisch als auch stimmlich in dieser Rolle „angekommen“.

Frage: Gespielt wird in Schwerin in einem Zirkuszelt in Kooperation mit dem Zirkus „Roncalli“ auf dem Alten Garten. Hier fanden zwischen großherzoglichen, nationalsozialistischen und kommunistischen Zeiten Kundgebungen statt, hier demonstrierten die Schwerinerinnen und Schweriner gegen die Herrschaft der SED und der anderen Blockparteien 1989, hier fanden nach 1989 weitere politische, sportliche und kulturelle Events statt – also ein geschichtsträchtiger Ort. Was bedeutet Ihnen die Historie an Ihren Wirkungsstätten? Genießen Sie jeweils „den Hauch der Geschichte“ oder singt es sich an jedem Ort der Welt gleichermaßen „gut“?

Eva Lind: Ja, die Wirkungs- und Spielstätten sind für mich schon sehr wichtig. Gerade, wenn man sich mit deren Geschichte auseinandersetzt, lernt man die jeweilige Stadt, die Atmosphäre am jeweiligen Ort besser kennen und kann diese besser verstehen. Vor zwei Jahren hatte ich einen Auftritt im Burj al Arab in Dubai, eine interessante Erfahrung, aber mir fehlt dann doch die „Tradition“, wie zum Beispiel auch in der Mailänder „Scala“. Die „Geschichte der Gemäuer“ ist dort ebenfalls inspirierend, jeder Platz hat dort seine spezielle „Historie“. Es ist sehr schön, dass ich nun 2012 die Möglichkeit habe, erneut an geschichtsträchtiger Stelle auftreten zu können.

Frage: Schwerin ist ohnehin eine traditionsreiche Kulturstadt. Hier gründete Conrad Ekhof vor fast 260 Jahren die erste schauspielerische Ausbildungseinrichtung in Deutschland. Die Mecklenburgische Staatskapelle feiert im nächsten Jahr ihren 450. Geburtstag und der Daniel-Bau des Mecklenburgischen Staatstheaters hatte 2011 sein 125. Jubiläum. Dennoch wird das Staatstheater mit exorbitanten politischen Kürzungsabsichten konfrontiert. Welche Bedeutung hat für Sie ganz persönlich Kultur?

Eva Lind: Schweriner ist leider nicht die einzige Stadt, in der man versucht, zuallererst an der Kultur zu sparen. Das ist sehr traurig und auch kurzsichtig. Gerade die Musik, der Tanz, das Schauspiel sind die ursprünglichen Ausdrucksweisen der menschlichen Seele. Wie meinte schon Friedrich Nietzsche treffend: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum!“ Es ist nur zu hoffen, dass Schwerin seiner kulturellen Tradition treu bleibt.

Frage: Sie sind eine begnadete, leidenschaftliche Sängerin. Was machen Sie eigentlich zum Ausgleich? Gibt es Hobbys? Haben Sie auch eine sportliche Leidenschaft? Sie wurden ja in Innsbruck geboren. Dort fanden ja 1964 und 1976 Olympische Winterspiele statt, in diesem Jahr die ersten Olympischen Jugend-Winterspiele. Da dürften Sie doch das spezielle sportive Gespür für den Wintersport haben – oder?

Eva Lind: Tja, bei uns in Tirol ist es schon so, dass man mit Skiern ganz einfach groß wird – ob man will oder nicht. Auch ich habe das Skilaufen gelernt, ohne es besonders zu mögen. Mir war die Umgebung ganz einfach zu kalt, oft zu viele Menschen auf den Pisten. Ich genieße die Natur lieber allein, da kann ich am besten entspannen. Ansonsten habe ich ein Pferd und mag sehr gern reiten. Außerdem reise ich sehr gern – vorzugsweise in exotische Länder, die ich gern abseits der herkömmlichen „Touristen-Pfade“ erkunde.

Frage: Werden Sie zu den Schloßfestspielen 2012 den Zeitraum vom 15. Juni bis 22. Juli „am Stück“ in Schwerin verbringen oder werden Sie – um einen eventuellen „Schwerin-Koller“ zu vermeiden – auch zwischendurch zurück in die Heimat fliegen?

Eva Lind: Ja, „zwischendurch“ fahre ich auch in die Heimat – allerdings nicht wegen eines befürchteten „Schwerin-Kollers“. Es gibt ja zwei Spiel-Blöcke für mich – mit 10 Tagen „Pause“ mittendrin.

Letzte Frage: Die Fußball-EURO bewegt im Juni/Juli auch die Gemüter. Österreich ist ja „ausnahmsweise“ nicht dabei. Wer ist nun Ihr Favorit auf den Titel?

Eva Lind: Danke erst einmal, dass Sie die Abstinenz von Österreich bei einer Fußball-EM als „ausnahmsweise“ beschrieben … Ansonsten verfolge ich natürlich das europameisterliche Fußball-Geschehen! Ich sah mir bereits die Spiele Dänemark gegen die Niederlande und Deutschland gegen Portugal – zumindest partiell – an. Ich drücke dem deutschen Team schon die Daumen. Die Familie mütterlicherseits stammt ja aus München. Aber das spanische Team ist ebenfalls stark. Es wird also spannend – wie bei den Schloßfestspielen auch!

Dann alles erdenklich Gute für die Schloßfestspiele in Schwerin!

Die Fragen stellte Dr. Marko Michels

PS: Karten gibt es telefonisch unter 0385-5300-123, online unter kase@theater-schwerin.de und persönlich im Mecklenburgischen Staatstheater am Alten Garten 2 in Schwerin. Weitere Fakten: www.theater-schwerin.de .

Übrigens gibt es im Sommer 2012 noch weitere Festspiele/Festivals in M-V … Hier eine kleine Auswahl:

– Störtebeker Festspiele  vom 23.Juni bis 8.September in Ralswiek
– Schloßgartenfestspiele Neustrelitz  vom 23.Juni bis 15.Juli
– Vineta-Festspiele vom 30.Juni bis 25.August in Zinnowitz
– Piraten Open Air  vom 22.Juni bis 8.September in Grevesmühlen
– Darß-Festspiele vom 6.Juli bis 31.August in Barth
– Festspiele M-V vom 9.Juni bis 9.September (125 Konzerte an 83 Spielorten)
– Festival Zappanale vom 1.August bis 4.August in Bad Doberan
– Ostsee-Festspiele vom 21.Juni bis 31.August in Greifswald und in Stralsund

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